Schulverweigerer scheitern vor Gericht – wollen ihre Kinder aber weiter zu Hause lassen

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KASSEL. Weil es seine Kinder zu Hause unterrichten will, zieht ein Paar aus Nordhessen erneut vor Gericht – wieder ohne Erfolg. Der Vater aber will weiterkämpfen – und weiter unterrichten. Der Richter aber mahnt.

Berufung abgewiesen - die Verurteilung der Eltern bleibt bestehen. Foto: Carlo Schrodt / pixelio.de
Berufung abgewiesen – die Verurteilung der Eltern bleibt bestehen. Foto: Carlo Schrodt / pixelio.de

Nach dem Urteil redet sich der Vater von neun Kindern in Rage. Eine öffentliche Schule komme nicht infrage. «Wir haben nicht das Vertrauen in eine Institution, die nachweislich Versager hervorbringt», sagt er. Zuvor hat das Landgericht Kassel entschieden und die Berufung der Eltern abgewiesen: Das Paar aus dem nordhessischen Homberg/Efze darf seine drei noch schulpflichtigen Kinder nicht zu Hause unterrichten. Der Mann spricht von Demokratie, die man ja nicht gut finden müsse, und davon, dass der Rechtsstaat ihm seine Rechte nicht gewähre.

Das Gericht weist am Mittwoch sowohl die Berufung der streng gläubigen Eltern als auch die der Staatsanwaltschaft ab. Damit bleibt es zunächst bei dem Urteil des Amtsgerichts Fritzlar, das den Vater und die Mutter im Mai wegen Verstoßes gegen das hessische Schulgesetz zu einer Geldstrafe von je 700 Euro verurteilt hatte. Die Eltern wollten einen Freispruch erreichen, die Staatsanwaltschaft hatte eine Haftstrafe von sechs Monaten zur Bewährung verlangt.

Bereits seit 20 Jahren kämpfen die Eltern aus Glaubens- und Gewissensgründen gegen die Schulpflicht. Die drei 10 bis 15 Jahre alten Mädchen werden vor allem von der Mutter unterrichtet. Weil es die Kinder nicht zur Schule schickt, wurde das Paar bereits zuvor zweimal zu Geldstrafen verurteilt. Die älteren Kinder, die auch zu Hause unterrichtet worden waren, haben über Prüfungen staatliche Haupt- oder Realschulabschlüsse mit sehr guten Noten erreicht und auch Berufsausbildungen absolviert. Der Anwalt der Familie, Andreas Vogt, betont: «Das Kindeswohl war zu keinem Zeitpunkt gefährdet.»

Das sieht auch das Gericht so. Dennoch sei es eine Straftat, die bestraft werden müsse, betont der Vorsitzende Richter. Die Eltern seien ihrer Pflicht nicht nachgekommen. Er sagte, er sehe mit Sorge, dass der Vater erklärt habe, er werde weitermachen, «welche Strafe auch immer». «Sie sind ein Vorbild für ihre Kinder.» In der Schule müsse man sich auch mit anderen Meinungen auseinandersetzen oder im Widerstreit für seine Interessen eintreten. «Unterricht zu Hause – Schule ist das nicht. Ich hoffe, dass sie zum Rechtsstaat zurückkehren.»

Das Urteil werde sie nicht davon abhalten, die Kinder weiter zu Hause zu unterrichten, sagte der Vater nach dem Urteil. «Im Sexualunterricht (einer öffentlichen Schule) werden Grundschüler mit pornografischem Material konfrontiert. Das sind Dinge, die wir ethisch als Schmutz bewerten.» Sein Anwalt kündigte an, das Urteil zu prüfen und dann über eine mögliche Berufung vor dem Oberlandesgericht zu entscheiden. TIMO LINDEMANN, dpa

Zum Bericht: Kind hat keine Lust auf Schule: Gericht schränkt Elternrecht ein

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