Regierungsstreit um Stellenstreichungen im Südwesten

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STUTTGART. Die grün-rote Regierung in Stuttgart muss sparen: insgesamt 1,8 Milliarden Euro. Die SPD wirft den Grünen vor, dazu 5.000 Lehrerstellen streichen zu wollen. „Eine komplette Mondzahl“, kontert der Koalitionspartner.

Kurz nach der Halbzeit der Landesregierung droht der Streit zwischen Grünen und SPD um Einsparungen bei der Bildung zu eskalieren. Zentraler Punkt der Auseinandersetzung ist der Abbau von Lehrerstellen bis 2016. Die SPD-Fraktion warf den Grünen am Mittwoch vor, ein Sparmodell zu befürworten, dass den Abbau von rund 5000 Lehrerstellen bedeute. Die SPD drohte damit, eine Einigung bei den Sparplänen platzen zu lassen. Die von den Grünen befürwortete Variante sei für die SPD «inakzeptabel».

Geldkoffer, Taschenrechner und Rotstift
Baden-Württembergs-Regierung muss sparen. (Foto: pauline / pixelio.de)

Aus Kreisen der Grünen-Fraktion hieß es dagegen, es handele sich bei den 5000 Stellen um eine «komplette Mondzahl». Grüne beschuldigten die SPD und Finanzminister Nils Schmid (SPD), von der Planung abzurücken, auf die man sich bereits in der Haushaltskommission KHV verständigt habe. Von SPD-Seite hieß es hingegen: «Einige Grüne scheinen Stimmen zu hören, die es nicht gibt. Es gab keine Einigung. Punkt!» Die KHV wollte am Mittwochnachmittag wieder zusammenkommen, um noch einmal über die Sparpläne für die Ressorts zu beraten.

Die beiden Regierungsfraktionen hatten zunächst getrennt voneinander darüber beraten, wie die Einsparungen der kommenden Jahre auf die Ministerien verteilt werden sollen. Dabei beschlossen die Grünen ein anderes Modell als die SPD. Der Unterschied macht sich dem Vernehmen nach vor allen beim rotgeführten Kultusministerium bemerkbar. Die Sparpläne sollen festlegen, wie viel die Ressorts einsparen müssen, damit Baden-Württemberg im Jahr 2020 die Schuldenbremse einhalten kann. Dazu muss ein jährliches strukturelles Defizit verschwinden, das noch 1,8 Milliarden Euro groß ist. Die Sparpläne sollen am Dienstag vom Kabinett beschlossen werden.

Grünen-Fraktionschefin Edith Sitzmann sagte, es habe in der KHV bereits einen gemeinsamen Beschluss gegeben, die Lehrerstellen im Unterricht von weiteren Einsparungen im Zuge der Finanzplanung 2015 bis 2016 ausdrücklich auszunehmen. «Damit ist klar, dass es auch 2015 und 2016 keine Abstrichen in der Unterrichtsversorgung geben wird.» Sie sei erstaunt über Äußerungen, dass die Streichung von 5000 Stellen geplant sei.

Sitzmann sagte, es gebe kein Berechnungsmodell der Grünen, sondern alle vorliegenden Modelle stammten aus dem Finanzministerium. Schmid versuche offenbar auf Druck der SPD-Fraktion, den Einsparpfad des Finanzplans 2020 zu verlassen. Schmid habe am Dienstag erfolglos versucht, die Grünen-Fraktion von einem kurzfristig vorgelegten, neuen Modell zu überzeugen, sagte die Fraktionschefin. Dabei sollen die Einsparungen zum größten Teil in die Allgemeine Finanzverwaltung verschoben werden. Das sei aber mit den Grünen nicht zu machen, da der Weg nicht zu nachhaltigen Einsparungen führe.

Nach Informationen der «Stuttgarter Zeitung» befürwortet die SPD nun ein Modell, das für das Kultusministerium im Jahr 2015 Einsparungen von 16,7 Millionen Euro und für 2016 von 26 Millionen Euro vorsieht. Beim grün geführten Wissenschaftsministerium wären es 16,9 Millionen (2015) und 26,8 Millionen (2016), beim Innenministerium 5,9 Millionen beziehungsweise 9,6 Millionen Euro.

Die größten Einsparungen hätte die allgemeine Finanzverwaltung mit 317,7 beziehungsweise 443 Millionen Euro zu tragen. Insgesamt gilt es nach Angaben der Zeitung, im Jahr 2015 insgesamt 395,5 Millionen und im Jahr 2016 rund 577 Millionen Euro einzusparen. Damit werden die Sparziele im Vergleich zur bisherigen Planung nach unten korrigiert.

CDU-Landeschef Thomas Strobl hielt der grün-roten Koalition vor, zur Halbzeit der Landesregierung Harmonie nur vorgetäuscht zu haben. «Es ist nicht mehr mit blumigen Bemerkungen von Grünen und Roten getan, wie hart die Regierung an der Haushaltskonsolidierung arbeite. Jetzt ist endlich tatsächliches Handeln gefordert.» FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sieht die Koalition in Endzeitstimmung. «Die Kapelle auf dem Deck der Titanic spielt zwar noch, aber Kapitän Kretschmann hat das Schiff bereits auf den Eisberg gesetzt», sagte er mit Blick auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). (Bettina Grachtrup, dpa)

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