MÜNCHEN. Kinder sollten die Weihnachtsferien ohne Paukerei und Nachhilfestunden genießen dürfen, meint BLLV-Präsident Klaus Wenzel und reagiert damit auf einen Bericht der Zeitschrift „familie & co. (News4teachers berichtete). Der Schulranzen solle mindestens bis zum 1. Januar in der Ecke liegen bleiben, so Wenzel.
Bayerns Schüler sollten die Weihnachtsferien genießen, und zwar «ohne Paukerei und Nachhilfestunden» – dazu hat Klaus Wenzel, Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), aufgerufen. Für Kinder sei Zeit mit der Familie das größte Geschenk zu Weihnachten. Der Schulranzen sollte mindestens bis zum 1. Januar in der Ecke liegen bleiben dürfen, sagte Wenzel.
«Weihnachten ist das Geburtstagsfest Christi und ein Familienfest», betonte Wenzel. Besinnung, Spiele und Spaziergänge seien wichtig. Die Schüler hätten seit September gerackert, nun müssten sie mal entspannen dürfen. «Sonst kriegen sie einen Hass auf die Schule. Und dann geht es nach den Ferien mit neuem Schwung weiter.» Die Schule beginnt wieder am 7. Januar.
Wenzel widerspricht damit einem Beircht der Zeitschrifft „familie & co“. Diese hatte Eltern geraten, die Nachhilfestunden in den Ferien ganz normal weiterlaufen zu lassen, damit die Schüler in Übung blieben. (News4teachers mit Material der dpa)
zum Bericht: Zeitschrift rät: Besser keine Weihnachtsferien bei der Nachhilfe
zum Bericht: Wenzel: Sitzen bleiben ist nicht sinnvoll
Sonst halte ich nicht besonders viel von dem BLLV-Präsidenten K. Wenzel, der doch meistens als Sprachrohr der GEW unterwegs ist.
Aber seinen mahnenden Worten kann ich mich dieses Mal voll und ganz anschließen.
Ich möchte gerne mal wissen, woher die Zeitschrift “familie & co.” ihre “umwerfenden” Erkenntnisse bezieht.
Auf kommerzielle Nachhilfe als strukturell angelegtes Instrument der Stoffvermittlung zu setzen, ist gleich aus mehreren Perspektiven hochgradig bedenklich: pädagogisch, rechtlich, sozial! Es ist originäre Aufgabe der Schule, dafür zu sorgen, dass die Kinder im zur Verfügung stehenden Zeitrahmen die Unterrichtsinhalte anwendungsbereit vermittelt bekommen; die Ausbildungs- und Prüfungsordnungen sowie die Schulgesetze kennen jedenfalls m.E. das didaktische Konzept “Nachhilfe” nicht.
Kann Schule dieser Aufgabe nicht (mehr) zuverlässig nachkommen, muss eine schlüssige, i.e. individualisierende Förderplanung umgesetzt werden; ggf. im Rahmen des Ganztages. Dass Schülerversagen (geschweige denn gehäuftes) die Arbeit einer Schule evaluiert und gewissermaßen didaktischen Entwicklungsbedarf anzeigt, sollte sich so langsam mal von selbst verstehen.
Ihre Worte sind wohlklingend, scheinbar fachmännisch und entbehren nicht einer Prise Überheblichkeit. Leider fehlt ihnen ein Schuss Realitätssinn und Lebensnähe.
Mir ist außerhalb der Schule kein einziges Arbeitsfeld bekannt, auf dem den federführenden Akteuren nach 5-6 Jahren Studium, zwei Staatsexamen und dann mit (analogen) A12 – A16- Verträgen ausgestattet ein Hinweis auf Zuständigkeit externer, fremder Dienstleister durchgehen würde. Das ist absurd! Man stelle sich mal vor, ein Rechtsanwalt würde sein eigenes (Teil-) Versagen mit dem Hinweis an seinen Klienten rechtfertigen, es gäbe ja immer noch die Möglichkeit, sich im Internet oder an der Universität Unterstützung zu suchen. Man müsse nur ein wenig zuwarten. Auch absurd, sicher- es trifft aber im Kern doch das Denkmuster “regelmäßige, kommerzielle Nachhilfe gehört zum Schulerfolg”.
Dass Verweise auf die gültige Rechtslage mit dem Vorwurf eines mangelnden Realitätssinns belegt werden, bestärkt mich in der Vermutung, dass es einen erheblichen Bedarf unserer Schulen gibt, valide Standards der Sicherung von Arbeitsqualität kennenzulernen und vor allem umzusetzen.
Meine Erfahrung mit vielen Ärzten ist mittlerweile genau die von Ihnen kritisierte – Leider. Die kassieren aber noch viel höhere Honorare.
Das Nachhilfe-Thema ist m.E viel zu komplex, und daher denkbar ungeeignet für gegenseitige Schuldzuweisungen oder einfache Rezepte.
Kritiker des immer mehr ausufernden Nachhilfemarktes sehen die Ursache im gegliederten Schulsystem mit seinen angeblich wenig anregenden Lernbedingungen. Es fehle an individueller Förderung sowie Ganztagsunterricht und aus Angst vorm Sitzenbleiben seien die Eltern geradezu gezwungen, Nachhilfe für ihren Nachwuchs zu organisieren.
Deshalb würde mich einmal ernsthaft interessieren, ob die SchülerInnen und Schüler an der Evangelischen Gemeinschaftsschule in Berlin – einer “Schule für alle”, ohne Zensuren und Sitzenbleiben – auch so einen hohen Nachhilfebedarf haben.
Ich kenne einen Haufen solcher Arbeitsfelder. Rechtsanwälte, Ärzte, Architekten usw. verweisen Klienten nicht selten an Experten, die das nötige Spezialwissen haben. Wer da so tut, als sei er Alleskönner auf dem Gebiet der Juristerei, der Medizin oder auch des Bauingenieurwesens, handelt fahrlässig.
Von Regelschulen – die demnächst auch noch Einheitsschulen sein sollen – zu erwarten, sie müssten allen Kindern mit ihren Stärken, Schwächen und sogar Krankheiten bestmögliche Bildungschancen bieten, ist – mit Verlaub – auch meiner Meinung nach lebensfremd. Da helfen den Lehrern in schwierigen Fällen die Besoldungsstufen von A12 bis A16 ebenso wenig wie den Allgemeinjuristen oder -medizinern die Honorare.
Wenn Sie schon meinen, Lehrer müssten allen Kindern ohne außerschulische Unterstützung gerecht werden, dann sollten Sie für ein gut gegliedertes Schulsystem plädieren, das zumindest ansatzweise hilft, auf die verschiedenartigen Bedürfnisse der Kinder einzugehen.
Oder plädieren sie für ein Privatschulsystem aus Steuermitteln. Hier würde Wettbewerb automatisch für die nötige Vielfalt an erforderlichen und darum nachgefragten Dienstleistungen sorgen. Wahrscheinlich würde dieses System sogar der parasitären Helferindustrie das Wasser abgraben und wäre darum nicht nur effektiver, sondern auch preiswerter als das staatliche Monopol mit seiner Anfälligkeit für Lobbyismus und lebensfremder Ideologie.
Homogenisierung via Schulformzuweisung… das ist eine Illusion. Es funktioniert nicht, wie die Praxis sowohl auf dem deutschen Sonderweg als auch der überwiegenden Zahl der OECD- Länder zeigt, die 1975 in Deutschland von Hartmut von Hentig lernten, wie “Schule sei”. Die 9. Gymnasialklasse meiner Tochter etwa ist hinsichtlich ihrer ethnisch-sozialen Zusammensetzung, ihrer Bildungsbiographien, gesammelt in acht oder neun unterschiedlichen Grundschulen mit acht oder neun unterschiedlichen Vorstellungen über Wege und Ziele (“Ideologien”, wie hier so gerne gesagt wird), ihrer Talente, Hobbys, Interessen, Einstellungen derart kunterbunt zusammengesetzt, dass es schon wieder richtig hübsch anzusehen ist. Und warum dann doch alle in einer Schulform? Ein Vater brachte das ganz gut zum Ausdruck: “Gymnasial ist ein Kind, das nach 4 richtig schreiben kann, obwohl ihm das in der Schule keiner beigebracht hat.”
Wenn Schule in solch einem pädagogisch vermintem Umfeld reüssieren möchte, muss sie eben aktivieren und individualisieren. Instrumente und Techniken gibt es. Nein, nein- die Schulform oder gar die Schulstruktur ist nicht der Kern des Problems, denn andersherum versuchen auch Gesamtschulen auf Teufel heraus in Zweige, Profile, E- und G- Kurse, WP-Fächer usw.usf. zu differenzieren- vordergründig mit dem Anspruch, dem Einzelnen gerechter zu werden. Im Ergebnis aber und zum Trost all der Hohepriester des “Unterschieds” entstehen leistungshomogenisierte Lerngruppen, fernab der klassischen Idee längeren, gemeinsamen Lernens. Seltsam, dass dieser innere logische Widerspruch der Schulform kaum einmal gesehen wird (das wäre mal “echte” Kritik), seltsam aber auch, dass diese strukturelle Parallele zum Regelschulsystem kaum zur Kenntnis genommen wird. So weit auseinander sind die “Lager” im Gesamten jedenfalls nicht. Es wäre Aufgabe der Politik, hierüber aufzuklären. Man tut dies nicht, um die Leute im Glauben zu lassen, es würde sich um fundamentale Konfliktlinien handeln. Dabei sind doch schon die rechtlichen Bestimmungen zu den Schulformen kaum noch voneinander zu unterscheiden, Lehrpläne fast identisch.
Doch ging es eigentlich darum? Nein. Es ging darum, dass offenbar weitgehend unwidersprochen ein Verbandsmensch so tut, als sei Nachhilfe keine individuelle Fördermaßnahme für spezielle Ausnahmefälle, sondern ein integraler Bestandteil unserer rechtlichen, pädagogischen und sozialen Schulkultur. Hiergegen sollte sich wehren, wer eben einem “Privatschulsystem” kritisch gegenüber eingestellt ist.
Ihren letzten Absatz habe sogar ich kapiert. Hier stimme ich Ihnen ohne Wenn und Aber zu.
Ansonsten würde ich mich freuen, wenn Sie so verständlich schrieben, dass ich Ihren Gedanken auch beim ersten Lesen folgen könnte. Der Nutzer “timo” liegt wohl mit seiner Bemerkung nicht ganz daneben, wenn er in Ihrem Text eine “Prise Überheblichkeit” vermutet.
So nebenbei: Wenn ich meine erste wissenschaftliche Arbeit sprachlich so abgefasst hätte, wäre sie mir vom Professor vor die Füße geknallt worden. Wir wurden darauf getrimmt, auch schwierigste Sachverhalte allgemeinverständlich zu formulieren. Ich kann Ihnen versichern: Das klappt tatsächlich!
Welche Erklärung haben Sie für die stetig anwachsende Nachhilfewut? Was könnte dagen unternommen werden, damit Nachhilfe wieder zu einer zeitlich beschränkten unterstützenden Maßnahme wird?
Auf Ihre Antworten bin ich gespannt.
Raten Professoren nicht aber auch, ggf. zwei- oder dreimal zu lesen? Für Schüler jedenfalls sollte das selbstverständlich sein. Im Zweifelsfall hilft ja auch das Nachfragen. Kurzfassung: Echte Gesamtschulen gibts eigentlich gar nicht (mehr) und die Schulen des gegliederten Systems kommen ohne Differenzierung nach Innen auch nicht aus.
Fachlehrpläne sind bekanntermaßen seit 2003 (die Entwicklung ist beinahe abgeschlossen) kompetenzorientiert. In der Kompetenzorientierung liegen dutzende Möglichkeiten eines individualisierenden Unterrichts. Diese Form des Unterrichtens halte ich schon aus Selbstschutz für unabdingbar, denn nur dann, wenn es gelingt, möglichst alle 30 Schüler zum Arbeiten zu bekommen, kann eine Stunde einigermaßen “heil” überstanden werden. Das Kernproblem vieler Stunden, die ich zu sehen bekomme, liegt aber darin, dass nur ein Teil der Kinder überhaupt angesprochen wird. Gelingender Unterricht hingegen aktiviert möglichst viele Schüler und zwar völlig unabhängig davon, ob es sich um ein Gymnasium oder eine Sekundarschule handelt oder was die Schulgesetzgebung da sonst noch für Ideen liefert.
Die sog. Kompetenzen in den Fächern sind aber auch “operationailsierbar”, was ja durchaus kritisch gesehen werden kann (PISA, ökonomische Verwertbarkeit von Wissen usw.), für den Unterricht aber einen ganz entscheidenden Vorteil bringt: Zielgenaues Feedback bezogen auf eng umrissene, klar formulierte Bereiche wird möglich sowie zielgenaues Fördern und Arbeiten. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Mathematische Kompetenzen, die Schule meint, sind mittlerweile allen Akteuren sehr genau bekannt. Verlage entwickeln auf dieser Basis (oft kostenfrei) buchbegleitende Diagnosetools, die jedem Kind Rückmeldung über den erreichten Stand der Dinge geben. Schüler erhalten online spezielles, auf ihr Testergebnis zugeschnittenes Fördermaterial. Hiermit können sie trainieren. Schule sollte dafür Raum geben, Lehrer dies begleiten. Ein Training, das ich “Individualisierung” nenne. Das alles muss natürlich in einem größeren Rahmen entwickelt werden, dafür ist Schulleitung da! Es braucht entsprechende Fachkonferenz-Beschlüsse, Lizenzen, schulische E-Mail-Adressen der Kinder uvm.
Sie scheinen erfahrener Praktiker zu sein. Als solcher haben Sie aus meiner Sicht alles Recht der Welt, “Reformen” gegenüber, die oft genug als Allheilmittel daherkommen, skeptisch zu sein. Leider sind Lehrer aber auch nach meiner Beobachtung zu wenig miteinander vernetzt, um voneinander profitieren zu können. Es gibt durchaus erprobte Wege, zum Ziel zu kommen. Sie müssen natürlich immer auch zur Persönlichkeit der Lehrkraft passen, zum sozialen Umfeld, zur Schulkultur usw. Das macht es ja so schwierig, allgemeingültige Rezepte zu basteln. Nachhilfe kann sicherlich keines sein.
Zur Weihnachtszeit lohnt es sich vielleicht mal, von diesem “pädagogischen Weihnachtsmann” zu lesen:
http://www.schuelerbegehren.at/index.php/innere-differenzierung
Ich meine ihn immer wieder in Ihren Zeilen zu entdecken, die ich im Übrigen ähnlich schlecht oder gar nicht verstehe wie “mehrnachdenken”.
Vermutlich soll ich das auch gar nicht. Wer im Schamanen-Jargon schreibt, will wohl auch als geheimnisvoller Zauberpriester gelten. Hauptsache die Kernaussage kommt rüber als fundiert und unumstößlich. Und das tut sie, bei mir allerdings eher als “aufschneiderisch” durch Übertreibung des überaus wissend klingenden und darum Respekt einlößenden Verbal-Brumboriums.
Individualisierung ist ein frommer Wunsch. Die Schulleitung kann keine Rahmenbedingungen dafür schaffen, denn sie ist an Vorschriften gebunden. Das Problem ist nämlich nicht der Netzzugang bei Computerdiagnosen, sondern der Zeitfaktor. Jedes Jahr müssen Schulleitungen um ihr Stundenpool kämpfen. Rahmenbedingungen müsste die Schulorganisation von ganz oben schaffen, nämlich die Ministerien, indem sie Stunden freigeben, wo eine solche Individualisierung stattfinden kann. Zeitgleich müssten sie die Möglichkeit schaffen, differenzierte Leistungsüberprüfungen zu schreiben und den Lehrplan entrümpeln. Zusätzlich kleinere Klassen und mehr Lehrer pro Schüler. Erst dann können wir Individualisierung richtig stemmen. Im Augenblick heißt es nämlich noch: Erreichen von bestimmten Zielen in einer gewissen Zeit; der Leistungsstand wird zur gleichen Zeit überprüft.
Zurück zur Individualisierung: Schwierig halte ich allerdings bei einer konsequent durchgeführten Individualisierung das Betreuen der Randgruppen. Wie sieht die Langsamspur und die Überholspur aus?
Zum Beobachten von Unterricht: Unterricht beobachten ist sicher eine Betrachtungsweise, die wertvolle Hinweise liefert. Doch dort sieht man nur einen Teil: nämlich den Ablauf einer Unterrichtsstunde, herausgegriffen aus dem Gesamtkonzept Unterricht. Als praktizierende Lehrerin, die schon viele Klassen geleitet hat, erfahre ich dies so: Ich weiß, was ich investiere und was dabei herauskommt und vor allem, was unter den aktuellen Bedingungen machbar ist und was nicht. (Out of Topic: Man kann Unterrichtsstunden so zeigen, dass es im Sinne des Betrachter ist oder man macht das so, wie man es am effektivsten für die Schüler sieht. Manchmal geht beides zusammen, manchmal nicht. )
Zur Schulpolitik: Wer schulpolitisch etwas erreichen will, der arbeitet in einem Lehrerverband mit wie Herr Wenzel und versucht dort, die Schulpolitik zu beeinflussen.
Herr Wenzels obige Aussagen kann ich übrigens voll unterstützen.
Es würde reichen, wenn Schüler statt zu schwätzen und sich mit unterrichtsfernen Dingen zu beschäftigen, aufpassen würden. Leider ist das heutzutage nicht mehr gegeben. (Natürlich kommt jetzt wieder der Vorwurf, dafür hätten die Lehrer zu sorgen; Zaubern können diese leider noch nicht)
@ysnp
Es ist, wie Sie sagen: “Individualisierung ist ein frommer Wunsch.” Allerdings nur dann, wenn diejenigen, die von individueller Förderung sprechen, diese auch für möglich halten.
Ansonsten ist Individualisierung noch nicht einmal naiver Glaube, sondern bewusste Täuschung, um Einheits- bzw. Gemeinschaftsschulen ohne nennenswerten Widerstand einführen zu können. Wenn möglichst fachmännisch so getan wird, als komme bei dieser Schulform kein Schüler in seiner Individualität zu kurz, ist die breite Öffentlichkeit relativ leicht von diesem Irrglauben zu überzeugen.
“Jagothello” mit seinem Fachchinesisch ist ein gutes Beispiel dafür, wie Meinung mit sinnlosen, aber beeindruckenden Phrasen gemacht und quasi diktiert wird.
@Reni
Sehr gut beschrieben. “Schamanen-Jargon” trifft den Nagel auf den Kopf.
@timo
Ich stimme Ihnen auf der ganzen Linie zu.
Schlimm finde ich in diesem Zusammenhang aber auch, dass fast alle Schulbuchverlage auf dieser Individualisierungswelle “schwimmen” und damit suggerieren, dass es tatsächlich funktioniert.
Ein Beispiel soll zeigen, wie schwierig es ist, auch nur Ansätze von individualisiertem Unterricht umzusetzen.
In Deutsch führen die SchülerInnen zumindest in der Unterstufe ein so genanntes RS-Übungsheft, das wir gemeinsam einrichten. Dafür nehme ich mir viel Zeit, und die einzelnen Schritte lasse ich immer wieder von SchülerInnen wiederholen. Dennoch gibt es Kinder, die Mühe haben, dem schon recht langsamen Tempo zu folgen. Schließlich stehen alle Buchstaben des Alphabetes auf den Seiten des Übungsheftes. Nicht auszudenken, was dabei herauskäme, wenn ich die Kinder mit schriftlichen Hinweisen damit alleine ließe!
Anschließend wird beispielhaft geübt, wo und wie die Fehlerwörter in das Heft geschrieben werden.
Die entsprechenden Stellen werden von mir bei der Korrektur von Diktaten oder Aufsätzen mit einem Bleistift unterstrichen. In der Regel besteht die Berichtigung darin, die Fehlerwörter dann unter dem richtigen Buchstaben in das Übungsheft zu schreiben und die Fehlerstelle zu unterstreichen (Bleistift und Lineal). Es wird schließlich auch besprochen und demonstriert, wie mit dem Heft geübt werden kann. Die Eltern beziehe ich in das Programm mit ein.
Das Übungsheft wird im Klassenarbeitsheft aufbewahrt und regelmäßig von mir durchgesehen. Dabei stelle ich dann leider immer wieder alte und neue Fehler fest oder es passiert auch schon mal, dass Berichtigungen nicht angefertigt worden sind.
Die Methode habe ich von einem Germanistikprofessor übernommen, der in einem bekannten Schulbuchverlag auch heute noch sehr empfehlenswerte Deutschbücher herausbringt.
Die Arbeit mit dem Übungsheft trägt vor allem dann zur Verbesserung der Rechtschreibleistungen bei, wenn sich an die vereinbarten Regeln gehalten wird.