Homosexuellen-Vertreter geschockt von Online-Petition

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STUTTGART. Entsetzt zeigen sich Homosexuellen-Organisationen uns Unterstützer von der aktuellen Debatte um die Behandlung des Themas Homosexualität im Unterricht. Die Dikskussion mache ihn sauer, betont etwa Travestiekünstler Benjamin Eisele.

«Mama, die in der Schule sagen, ich bin schwul», sagte der siebenjährige Raul vor vielen Jahren zu seiner Mutter. Er kam gerade vom Unterricht nach Hause. Laura Halding-Hoppenheit konnte nicht glauben, was sie hörte. Schon damals setzte sich die kleine Frau mit den leuchtend roten Haaren für die Belange der Homosexuellen in Stuttgart ein.

Benjamin Eisele alias Betty Heart
„Es sollte überflüssig sein, diese Thematik zu diskutieren“, betont Benjamin Eisele, als Betty Heart Gesicht des CSD 2014. Foto: „IG CSD Stuttgart e.V.“

Dass ihr Engagement nicht nur auf positive Resonanz stoßen würde, war ihr zwar klar. Es habe sie trotzdem tief getroffen zu sehen, in welche Situation sie ihre Kinder damit bringe, erinnert sie sich heute. Aufgeben kam aber nie infrage. Seit 37 Jahren kämpft sie für die Bewegung. Am 23. Januar wird «die Mutter der Schwulen» dafür mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Die aktuelle Debatte zum Thema Homosexualität in Schulen habe sie schlichtweg entsetzt, sagt Halding-Hoppenheit. Die von einem Realschullehrer gestartete Online-Petition gegen die Pläne der grün-roten Landesregierung, nach denen dem Thema «Akzeptanz sexueller Vielfalt» im Unterricht eine größere Bedeutung zukommen soll, sei schockierend. «Das ist der blanke Horror. Das muss doch endlich besser werden. Ich habe wirklich gedacht, die Gesellschaft ist jetzt weiter», sagt sie. Die Gegenpetition im Netz habe sie natürlich unterschrieben.

Auch andere Vertreter von Organisationen, die sich für die Rechte von Homosexuellen einsetzen, hat die Diskussion aufgewühlt. Es müsse jetzt ein Zeichen gegen die Verbannung von Homosexualität aus dem öffentlichen Leben gesetzt werden, fordert Christoph Michl, Sprecher der Interessensgemeinschaft Christopher Street Day (CSD). Die Debatte in Baden-Württemberg und die Diskussionen nach dem Coming-out von Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger zeigten, dass das dringend nötig sei. Man sei noch lange nicht am Ziel angekommen und weit weg von echter Akzeptanz und vollständiger Gleichstellung.

Dass dem Thema jetzt eine so große Aufmerksamkeit geschenkt wird, wird aber auch positiv gesehen. «Am Ende tut uns diese Diskussion nur gut, es wird Aufmerksamkeit für unser Anliegen generiert», sagt eine Vertreterin der Wirtschaftsweiber, einem Netzwerk lesbischer Fach- und Führungskräfte. Die Situation der Homosexuellen rücke so wieder ins öffentliche Bewusstsein.

Im Netzwerk wird derzeit heiß diskutiert. Einige Mitglieder sind besorgt, dass die Petition wirklich Gehör auf politischer Ebene finden und sich der Bildungsplan der Landesregierung verzögern könnte. Dabei bräuchte man diesen Wandel so dringend, sagt ein anderes «Wirtschaftsweib». Als die Tochter darum bat, das nicht am Elternabend zu sagen, wurde der Mutter klar: Es war Angst vor den Reaktionen der Mitschüler. Und sie fordert: «Schwule Sau darf kein Schimpfwort mehr sein und Regenbogenfamilien sollen endlich als normal toleriert werden.»

«Wir sind ganz normale Menschen, es sollte überflüssig sein, diese Thematik zu diskutieren. Auch wir müssen eine Daseinsberechtigung haben – in jeglicher Form», findet Benjamin Eisele. Die Diskussion macht ihn sauer. Schon auf dem ersten Foto aus dem Kindergarten hatte er ein Kleid an. Heute arbeitet er unter anderem als Travestiekünstler, trägt, unter dem Namen «Betty Heart», Paillettenkleid und Regenbogenschärpe. Als Frau fühlt er sich aber nicht. In diesem Jahr ist «Betty Heart» das Gesicht auf den Plakaten des CSD. Er mache das nicht für sich, sondern für die Sache, bekräftigt er – bis zur vollständigen Gleichstellung. (Sina Illi, dpa)

• zum Bericht: Sexuelle Vielfalt als Unterrichtsthema – AfD: „Umerziehungskampagne“

• Zum Kommentar: Debatte um Homosexualität bestätigt: Das Thema gehört in den Unterricht

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