FDP im Norden startet Volksinitiative für Noten an Grundschulen

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KIEL. Dieses Timing ist kein Zufall: Am Freitag gibt es Halbjahreszeugnisse und am Tag darauf startet eine Volksinitiative für verbindliche Noten an Grundschulen im Norden. Die FDP bringt sie auf den Weg. Derzeit entscheiden die Schulen, ob sie in den Klassen 3 und 4 Noten geben.

Eine glatte 1, eine 4 oder gar eine ungenügende 6? Nach dem Willen einer Volksinitiative der FDP sollen die Lehrer allen Dritt- und Viertklässlern wieder verbindlich Noten erteilen. Die Sammlung der Unterschriften dafür beginnen die Liberalen an diesem Sonnabend – einen Tag nach Vergabe der Halbjahreszeugnisse. Ziel sei eine transparente Bewertung der schulischen Leistungen, sagte der FDP-Landesvorsitzende Heiner Garg am Mittwoch in Kiel.

Derzeit müssen die Schulen an Grundschulen keine Noten geben, können es aber auf Beschluss der Schulkonferenz, wobei die Mehrheit der Lehrer den Ausschlag gibt. Das Bildungsministerium, die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und SSW sowie die Piraten setzen auf Berichtszeugnisse, die CDU ist wie die FDP für Noten. Die CDU unterstütze die FDP-Initiative, erklärte Landesparteivize Heike Franzen. «Zeugnisnoten in Kombination mit einem begleitenden Bericht zum Lernentwicklungsstand erlauben es, Schülerinnen und Schülern regelmäßig Rückmeldungen über die erbrachten Leistungen zu geben.»
Damit sich der Landtag mit dem Anliegen der Volksinitiative befassen muss, werden 20 000 Unterschriften benötigt, die innerhalb eines Jahres zu sammeln sind. Die FDP zeigte sich zuversichtlich, dies weit früher zu schaffen. Sie hoffe auf ein deutliches Votum bis August, sagte Bildungsexpertin Anita Klahn. Landesparteichef Garg signalisierte die Bereitschaft, notfalls auch den Weg bis zu einem Volksentscheid zu gehen. Aus Sicht Klahns sollte die Regierung bei einem klaren Votum schnell den Bürgerwillen berücksichtigen.

Formal zielt die Volksinitiative auf eine Ergänzung des Schulgesetzes. Der Satz «Zeugnisse an Grundschulen sind in Klasse 3 und 4 als Notenzeugnisse mit schriftlicher Ergänzung zur Lern- und Leistungsentwicklung zu erteilen» soll eingefügt werden. Der Stimmzettel kann von Sonnabend an im Internet heruntergeladen werden (www.pro-noten.de).

Mit einer Verordnung wurden zum 1. August vergangenen Jahres verbindliche Noten in Zeugnissen an den Grundschulen abgeschafft. Damit verschwinde zusehends das Leistungsprinzip aus den Klassenzimmern der Grundschulen, argumentiert die Volksinitiative.

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Die Verleihung der Abschlusszeugnisse bot den Rahmen für eine Inszenierung von Elternseite. Foto: Melanie Jedryas / pixelio.de
Berichtszeugnisse oder Noten? Zurzeit entscheiden die Grundschulen darüber. Foto: Melanie Jedryas / pixelio.de

Eine Umfrage des Bildungsministeriums hatte ergeben, dass nur 65 der mehr als 400 Grundschulen grundsätzlich Berichtszeugnisse schreiben wollen. Die Allermeisten geben in der 4. Klasse und teils auch in der 3. Klasse weiterhin Noten. Die Koalition habe mit ihrer Verordnung den Elternwillen völlig ignoriert, sagte FDP-Bildungsexpertin Klahn. Eltern wollten wissen, wo ihre Kinder stehen und wo ihre besonderen Stärken oder Schwächen sind. «Noten können das gut aufzeigen.» Berichtszeugnisse seien manchmal schwer zu interpretieren.

«Die Grundschulen haben mit der neuen Grundschulverordnung bei der Leistungsbewertung die Wahl, und sie haben diese Möglichkeit genutzt», sagte Bildungsministerin Britta Ernst (SPD). Unabhängig vom gewählten Weg – Noten- oder Berichtszeugnis – werde die Qualität von Schulen und Unterricht regelmäßig überprüft und so die Leistungsfähigkeit verbessert. Überprüft werde allerdings der aktuelle Entwicklungsbericht, der Grundlage für das obligatorische Elterngespräch im vierten Jahrgang ist, sagte Ernst. «Stellt sich heraus, dass wir nachbessern müssen, werden wir nachbessern.»

«Es ist das Recht der FDP, auf Kosten der Ruhe an den Schulen eine Volksinitiative zu starten, um den Zwang zur Note wieder einzuführen», sagte der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat. «So richtig liberal finde ich das nicht. Die Grüne Anke Erdmann warf der FDP vor, sie wolle die Wahlfreiheit einschränken. «Wir trauen den Schulen zu, die pädagogische Entscheidung selbst zu treffen, ob Noten gegeben werden sollen.» Pirat Uli König kommentierte die FDP-Initiative so: «Schulpolitisch undifferenziert und unreflektiert, aber in der Sache natürlich voll Ordnung».

Der Landeselternbeirat der Gemeinschaftsschulen gab der aus seiner Sicht rückwärtsgewandten Initiative die Note 6. Die FDP habe immer mehr Autonomie für die Schulen gefordert. «Nun haben die Schulen die Möglichkeit unter der derzeitigen Regierung bekommen, sich autonom zu entscheiden, ob und wann sie Notenzeugnisse oder andere Bewertungen an die Schüler geben wollen, und die FDP gründet eine Bürgerinitiative dagegen», hieß es in der kritischen Stellungnahme.

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xxx
9 Jahre zuvor

wenn 85% der schulen weiterhin notenzeugnisse vergeben, ist die initiative der fdp nicht viel mehr als heiße luft.

werden die berichtzeugnisse eigentlich individuell geschrieben oder aus Textbausteinen zusammen gesetzt? ersteres kostet sicherlich extrem viel zeit, letzteres ist genauso aussagekräftig wie noten.

xxx
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Nachtrag: Individuelle Berichtszeugnisse sind klassenintern vergleichbar, schulintern nur bedingt, schulübergreifend überhaupt nicht mehr.
Berichtzeugnisse aus Textbausteinen sind nur miteinander vergleichbar, wenn es landesweit die gleichen Textbausteine für den gleichen Leistungsstand gibt. In diesem Fall kann man gleich bei den (seit vielen Jahrzehnten standardisierten) Notenzeugnissen bleiben. Eltern und Schüler fragen sowieso irgendwann einmal, wie der Bericht einzuschätzen ist, Eltern wahrscheinlich im Notenspektrum.

Reinhard
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Die Reaktionen der Eltern zu den Berichtszeugnissen – das tät sich mal lohnen zu untersuchen.

Küstenfuchs
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

In Schleswig-Holstein ist es ja offensichtlich gewollt, dass Zeugnisse nicht mehr aussagekräftig und schulübergreifend vergleichbar sind.

Es ist nur einer der Bausteine, das Gymnasium zu beschädigen.

Mama51
9 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Hallo XXX,
an unserer Schule gibt es nur im 1. Schuljahr Berichte. Allerdings sind wir verpflichtet anschließend den Eltern in einzelnen Gesprächen das Zeugnis noch einmal zu „erklären“ … Sorry, aber: > hahaha < . Das heißt: Noch einmal zwischen 20 und 23 Elterngespräche zu führen! Ab der 2. Klasse – mit Noten- haben alle verstanden "was Sache ist" und kaum einer möchte noch etwas wissen. Mehr braucht man eigentlich nicht dazu sagen.

Sophia St.
9 Jahre zuvor
Antwortet  Mama51

Haben Sie auch erlebt, dass beim Erklären der Berichtszeugnisse viele Eltern darum bitten, dass Sie die Leistungsbeschreibungen in Zensuren „übersetzen“, weil diese verständlicher seien?

@Reinhard
Meine Erfahrung mit hunderten von Eltern besagt, dass die allermeisten Zensurenzeugnisse wünschen.
Es hat schon seinen Grund, dass es keine Untersuchung zum Elternwunsch gibt. Das Ergebnis „lohnt“ sich für die Bildungsexperten und -politiker nicht.

Ingo
9 Jahre zuvor

oooh nein!

es gibt so unglaublich viele triftige argumente gegen schulnoten. warum muss der inbegriff individuellen psychologischen stresses, schulangstauslösung, sozialen drucks, aussagelosigkeit über individuelle anstrengung, unvergleichbarkeit und eines der besten diskriminierungswerkzeuge jetzt auch noch an die grundschulen gebracht werden?

gibt es eigentlich bei der FDP überhaupt jemanden, der sich mit pädagogik auseinandersetzt?
es ist zum weinen.

gut, dass die kaum noch was zu sagen haben.

und mama51: warum fordern sie nicht mehr mehr zeit für lehrkräfte, damit diese z. b. eben genau dieses mehr mehr zeit für elterngespräche und individuelle rückmeldungen zu den stärken und nachholbedarfen von kindern haben?

realo
9 Jahre zuvor
Antwortet  Ingo

oooh ja!
Dass Sie von dem, was Sache ist, wenig verstehen, ist mir schon an anderer Stelle aufgefallen. Allzu bekanntes ideologisches Zeug daherzureden (auch auf anderen Gebieten), bringt Ihnen bei Leuten, die es aus Erfahrung oder genauerem Nachdenken besser wissen als Sie, nur ein Kopfschütteln ein.
Ihre „unglaublich vielen triftigen Argumente“ stehen zwar auf dem Papier, das Sie offenbar gut gelesen haben, doch so einfühlsam sie sich anhören, so realitätsfern sind sie.
Zensuren wollen Sie weismachen als “ inbegriff individuellen psychologischen stresses, schulangstauslösung, sozialen drucks, aussagelosigkeit über individuelle anstrengung, unvergleichbarkeit und eines der besten diskriminierungswerkzeuge“.
Es ist kaum mehr zu übersehen, welcher politischen Richtung Sie anhängen und dienen.

Ingo
9 Jahre zuvor

wow! soviel wille und energie zur garstigkeit noch zu so später stunde?

ohne mich zu kennen und ohne auch nur den blassesten schimmer von meinem hintergrund, meiner erfahrung und expertise zu haben unterstellen sie mir, dass ich „wenig verstehe“ und „ideologisches zeug“ daherrede. sich selbst im gegenzug bescheinigen sie „aus erfahrung“ zu sprechen und ihre meinung auf basis „genaueren nachdenkens“ getroffen zu haben – was mir das im selben atemzug abspricht, da sie es ja als gegenüberstellung formuliert haben.

außerdem verbinden sie meine ansicht im selben atemzug mit einer „politischen richtung“, der ich angeblich „anhänge“ und „diene“.

verzeihen sie mein nun folgendes starkes wort: ist ihnen die arroganz ihrer antwort wegen der späten stunde einfach nicht bewusst gewesen oder ist das die normale art, wie sie eine debatte zu führen pflegen?

ihr art gibt mir nämlich das gefühl, da von jemanden angefahren worden zu sein, der von sich selbst glaubt, dass er die welt verstanden hat und alle anderen, die nicht seiner meinung sind, verblendete und ideologisierte idioten sind.

sagen sie, sind sie pädagoge bzw. haben sie ein pädagogisches selbstverständnis? ich äußere hiermit daran mal bescheidene zweifel.

schulnoten stehen schon extrem lange in der kritik. die GEW hat anfang letzte jahres viele dieser punkte in ihrem mitgliedermagazin zusammengefasst. mit ein wenig googlen finden sie im internet viele gute artikel, verweise auf die großen studen wie IGLU und LAU, die die vielzahl an problemen, sowie sozialen und psychologischen nebenwirkungen beschreiben, die schulnoten auslösen.

http://www.gew.de/Leistungsbewertung_Schule_ohne_Noten.html

anstatt eine veränderung der schulstruktur zu fordern, die kleinere klassen mit mehr zeit für lehrkräfte zur schriftlichen und mündlichen beurteilung der kinder ermöglicht, werden – so empfinde ich ihre mail, die außer einem rasenden furor ja leider nichts substanzielles enthielt – die vielzahl an nebenwirkungen einfach ignoriert und ein „weiter so!“ gefordert.

zum system der notenvergabe gibt es ein schönes sprichtwort: „wenn schulnoten medikamente wären, wären sie wegen der vielen nebenwirkungen schon längst verboten worden.“

ich mag das sehr!

Ingo
9 Jahre zuvor

ach und wenn ihnen das mit der GEW zu „ideologisch“ und zu wenig auf „genauem nachdenken“ und „erfahrung“ beruhend ist, gibt es hier noch eine schöne präsentation, die ihnen noch einmal die wissenschaftlichen argumente zusammenfasst.

http://de.slideshare.net/dirkhinz/kritik-an-noten-aus-pdagogischer-sicht-komplett-dezent-mit-mail

und in dieser präsentation sind z. b. die diskriminierungseffekte für kinder aus arbeiterhaushalten bzw. aus migrantisch geprägten familien, welche durch die unreflektierten bilder in den köpfen der lehrkräfte ni der bewertung von leistungen zustande kommen (auf die gomolla/radtke in ihren studien hingewiesen haben) noch gar nicht thematisiert. diese beiden gruppen müssen nämlich ein beachtliches mehr an leistung bringen, um dieselbe note zu erhalten und damit z.b. eine gymnasialempfehlung zu erhalten. allein das zeigt schon, dass schulnoten weder objektiv sind noch sich eine vergleichbarkeit zwischen SuS herstellen lässt.

aber das ist sicher alles zu weit weg von dem, was für sie als „realo“, der mit beiden beinen im leben steht und qua seiner selbstzugeschriebenen kompetenz alleine urteilsberechtigt ist, in der bewertung der problematik in betracht kommt.

Milch der frommen Denkungsart
9 Jahre zuvor

@ingo:

Daß es Ihnen ernsthaft nicht um die Sache geht, sondern offenbar allein um den selbstgewählten,
ja selbstgefälligen Status als agent provocateur, haben Sie nun hinlänglich demonstriert.

Leistungsfeindlichkeit, die Sie mit Lehrern pauschal unterstelltem, obendrein angeblich rassistisch
motiviertem Notenterror zu decken suchen, sowie rein wohlfühlorientierte Beliebigkeit in allen
übrigen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens sind augenscheinlich Ihre goldenen Kälber, wobei
Sie jene Arroganz wie Selbstüberhebung, deren Sie „realo“ zeihen, persönlich in einem Maße ver-
sprühen, das sogar einen Robespierre oder Stalin hätte vor Neid erblassen lassen.

Gnothi seautón !

Ingo
9 Jahre zuvor

Milch der frommen Denkungsart, danke für ihren Kommentar.

Schade, dass auch sie genau die selbe Tonart anschlagen wie „realo“. Schade, dass auch sie keine konstruktiven Beitrag vorbringen – weder gegen die Dinge, die ich geschrieben habe, noch dafür, dass sie mich als „agent provocateur“ bezeichnen. Sie meinen also, dass ich von irgendwem bezahlt werden, damit ich hier Unruhe stifte? Nun, ich bin gespannt, wie sie auf diese Idee gekommen sind.

Leistungsfeindlichkeit? Notenterror? Wohlfühlorientierte Beliebigkeit? Robespierre? Stalin? Fahren sie da nicht ganz schön schwere Geschütze auf?

Zum Thema „Leistungsfeindlichkeit“: Gehe ich recht in der Annahme, dass sie damit Kinder aus Migrantenfamilien meinen? Und damit eigentlich die meisten Migranten ganz allgemein? Und somit sie eigentlich derjenige sind, der pauschalisiert? Zumindest kann man ihren Kommentar so lesen. Vielleicht habe ich mich aber auch verlesen und sie mögen Pauschalisierungen und rassistische Vorurteile genau so wenig wie ich.

Ich habe mich auf Studien von Gomolla und Radtke und anderen bezogen, die weder alle Lehrkräfte pauschal abgeurteilt, aber sehr wohl sehr auffallende Probleme beschrieben haben. Bitte lesen sie diese doch mal und geben mir eine Rückmeldung, was sie davon halten.

http://www.amazon.de/Institutionelle-Diskriminierung-Herstellung-ethnischer-Differenz/dp/3531154877

Notenterror? Das ist ihre Wortschöpfung. Ich habe auf die überaus gute Ausgabe der GEW Mitgliederzeitschrift 4/2014 verwiesen. Diese ist frei abrufbar. Bitte lesen sie doch auch diese und geben mir auch dazu eine Rückmeldung. Wenn sie aber nicht bereit sind, eine Vielzahl an Kritiken und Praxiserfahrung (auch meine persönlichen) zur Kenntnis zu nehmen, sondern mich mit starken Worten und Gebärden der dicken Hose anfeinden, sagt das mehr über sie aus, als über mich.

Und naja, Robespierre und Stalin als Vergleich für mich? Und sogar, dass die vor Neid erblasst wären? Sorry, aber sie haben offensichtlich keine Ahnung was die beiden Herren angeht. Sonst würden sie mit derartigen Vergleichen vorsichtiger sein.

Aber m. E. geht es letztlich ja auch nicht um den Vergleich, sondern um Anklage, Herabwürdigung und Verdrängung einer anderen Meinung und eine krakelendes Beenden einer Diskussion, die noch gar nicht angefangen hat.

Ich erspare mir mal einen Vergleich und lasse das einfach so stehen.

Milch der frommen Denkungsart
9 Jahre zuvor

@Ingo:

Daß es mir völlig gleichgültig ist, ob der vor mir sitzende Schüler Torben oder Ali heißt, solange beide ihre
Leistung bringen (und diese Haltung darf ich für das Gros meiner Kollegen beanspruchen) bzw. für Defizite
nicht weinerlich ihre Sozialisation verantwortlich machen, mögen Sie bitte einerseits zur Kenntnis nehmen.

Daß ich Ihr egalitaristisches Zelotentum andererseits mit dem ja durchaus menschheitsbeglückerischen Ansatz
der beiden Herren Revolutionäre durchaus verwandt sehe, halte ich jedenfalls aufrecht.

Ingo
9 Jahre zuvor

Tja, genau das mit der Gleichgültigkeit gegenüber den Namen würden sicher die meisten Lehrkräfte unterschreiben. Und das ist ja auch gut so, weil das auf eine Grundhaltung schließen lässt, die niemanden benachteiligen will.

Das die Ergebnisse von Studien dann allerdings zeigen, dass das Ergebnis in Bewertungsprozessen ein anderes ist und somit zur strukturellen Benachteiligung großer Bevölkerungsgruppen in diesem Land komm, sollte doch uns allen zu denken geben, oder? Die Schule wird so zum Teil eines Mechanismus, der schlechtere Startchancen und damit später schlechteren Lebensbedingungen für Migranten und Arbeiterkinder schafft. Und die werden dann, wenn sie erwachsen sind, selber dafür verantwortlich gemacht, dass sie es zu nichts gebracht haben. Weil: „Die wollen ja nichts leisten.“ „Das ist deren Kultur.“ „Die sind halt so.“

Kevin, Peggy und Ali müssen so genau das ausbaden, was Lehrkräfte eigentlich nicht wollen, aber leider doch zu oft und unbewusst tun. Und sie nehmen damit den dreien nicht nur Lebenschancen und Entwicklungsmöglichkeiten, sondern gefährden auch den meritokratischen Anspruch von Schule und Gesellschaft.

Und gerade hier müssten sie als „Leistungsfreund“, der es anscheinend nicht so mit Wohlfühlen hat (Schuldigung, kleiner Scherz am Rande), doch zustimmen, dass es spätestens dann schwierig wird, oder?

Naja, und zu ihren Vergleichen und deren Aufrechterhaltung kann ich hier nur noch einmal meinen eigenen Beitrag zitieren: „Aber m. E. geht es letztlich ja auch nicht um den Vergleich, sondern um Anklage, Herabwürdigung und Verdrängung einer anderen Meinung und eine krakelendes Beenden einer Diskussion, die noch gar nicht angefangen hat.“

Sophia St.
9 Jahre zuvor
Antwortet  Ingo

Lesen Sie eigentlich auch mal so etwas?:

http://www.heise.de/tp/artikel/17/17989/1.html

mehrnachdenken
9 Jahre zuvor

Aus meiner Sicht recht lesenswert, vor allem für „Ingo“, schmunzel.

http://bund-freiheit-der-wissenschaft.de/images/Freunde%20der%20CSU.%20Berlin.Kraus.%20Stammtisch%2012.05.2014.pdf

Nun, wer auf Brüggelmann (Lesen durch Schreiben) und die GEW (der „Inbegriff für schulischen Fortschritt“ verweist, dem darf ich diesen Vortrag von J. Kraus nicht vorenthalten.

Ingo
9 Jahre zuvor

Zuerst mal finde ich es ja schön, dass zwei von den hier Mitlesenden auf meine Beiträge antworten können, ohne in arrogante Selbstbeweihräucherung zu verfallen bzw. mich durch Vergleiche mit Robespierre und Stalin diskreditieren zu wollen. Es gibt noch Hoffnung für eine gemeinsame Debatte.

Auf der anderen Seite wundert es mich ein wenig, dass auf einen sehr konkreten Diskussiongegenstand hin – die fatalen Nebenwirkungen von Schulnoten und die diskriminierenden Effekte anhand von sozialer und ethnischer Herkunft – mir zwei Artikeln empfohlen werden, die de facto kaum auf das eingehen, was ich angesprochen habe.

Sie sind eher meinungsgeladene Rundumschläge, vor allem was den ersten Artikel angeht.

Mir stellt sich da die Frage: Warum? Warum keine spezifische Antwort? Warum das große Ganze? Gerade so (so könnte man es lesen) als ob es nicht um die Diskussion eines konkreten Problems sondern eigentlich um eine Weltsicht geht, die man mir nahebringen möchte bzw. die ich erst teilen muss, bevor man mit mir ins Gespräch kommen kann.

Spannend ist das auch, weil es so einer Sache nicht Beachtung schenkt, die viele hier meiner Meinung nach sehr schätzen: Leistung. Wenn Schulnoten psychologische und soziale Probleme auslösen und in dem, was sie eigentlich messen sollen, nicht valide sind, dann hindern sie doch Kinder daran, ihr Potential (und eben auch ihr Leistungspotential) zu entfalten bzw. lässt sich deren Leistungsfähigkeit gar nicht richtig abbilden.

Und wenn das meritokratische Prinzip und nicht das „Elite qua Herkunft“ Denken von vor 100 Jahren gelten soll, dann müssten doch hier alle ganz angeregt diskutieren und die Probleme ernst nehmen.

Wer also Leistung predigt, sich aber nicht um die Faktoren, die Leistungsfähigkeit einschränken kümmert, wird doch dem eigenen bildungspolitischen Anspruch und Zielen nicht gerecht.

Und das will doch hier sicher niemand.