Was aus „Jugend forscht“- Gewinnern wurde: Vom Talent zum visionären Computergenie

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HAMBURG. Der Nachwuchswettbewerb „Jugend forscht“ wird 50 Jahre alt und hat seit 1965 einige ungewöhnliche Talente gefördert. Einer der heute prominentesten Sieger ist Andreas von Bechtolsheim (59), Gründer von SUN Microsystems und einer der ersten Google-Investoren.

Seine erste Teilnahme bei Jugend forscht bezeichnet von Bechtolsheim, der aus einem Dorf am Ammersee stammt, als Schlüsselerlebnis: „Das war der Moment, an dem mein Leben interessant wurde.“ Bei seiner dritten Teilnahme 1974 erringt der zurückhaltende junge Mann mit den langen blonden Haaren den Bundessieg im Fachgebiet Physik. Zu dieser Zeit studiert der 18-Jährige bereits im ersten Semester Elektrotechnik an der TU München. Bei Jugend forscht überzeugt er die Jury mit einem selbstkonstruierten Gerät, das per Ultra­schall eine genauere Messung von Strömungen ermöglicht. Die Wettbewerbs­teilnahme habe ihm Lebenserfahrung ver­mittelt, so von Bechtolsheim rückblickend, und ihm „mehr geholfen als die Schule“.

Da es für die Studenten in München damals keine Computer gibt, wechselt er schon 1975 an die Carnegie Mellon University in Pittsburgh, eine der besten Hochschulen im IT-Bereich. Möglich macht das ein Fulbright-Stipendium, zu dem ihm der Bundessieg verhilft. Dort lernt er das Internet kennen und hört erstmals vom Silicon Valley. Nach dem Master in Informatik gelingt ihm 1977 über einen studentischen Sommerjob der Einstieg als Doktorand an der renommierten Stanford University.

Zwei Jahre später hat von Bechtolsheim die bahnbrechende Idee, aus Standardteilen einen leicht vernetzbaren Schreibtischrechner zu entwickeln, der weit günstiger und vor allem leistungsstärker als die damaligen Großrechner ist. Um seine neue Workstation zu vermarkten, gründet er 1982 mit drei Kommilitonen seine eigene Firma: Stanford University Network – SUN. Dabei hilft ihm seine bei Jugend forscht erworbene Expertise. Denn dort habe er gelernt, „wie man eine Idee verwirklicht, ein Experiment verkauft, andere Leute von etwas Neuem überzeugt“.

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Bechtoldsheim heute - einer der reichsten deutschen Unternehmer in den USA. (Foto: SunMicrosystems)
Bechtoldsheim heute – einer der reichsten deutschen Unternehmer in den USA. (Foto: SunMicrosystems)

Von Bechtolsheim kann die Welt der IT so ganzheitlich erfassen wie kaum ein anderer, und er hat die Gabe zu erkennen, wann Technologie­sprünge ein Fenster für neue Produkte eröffnen. Er ist genialer Erfinder und strategisch denkender Unternehmer in einer Person: 1995 verlässt er SUN und gründet Granite Systems. Die Firma entwickelt Hochgeschwindigkeitskomponenten für Internetanwendungen. Von 1996 bis 2003 ist von Bechtolsheim bei Cisco, anschließend gründet er Kaelia, kehrt kurzzeitig zu SUN zurück, um 2008 Arista Networks aus der Taufe zu heben, das spezielle Switches zur Beschleunigung von Cloud-Netzwerken herstellt.

Nebenbei investiert von Bechtolsheim in Start-ups. Mehr als 20 Neugründungen hat er als Wagnisfinanzierer auf den Weg gebracht. Das US-Magazin Forbes führt ihn auf seiner „Midas-Liste“ als einen der erfolgreichsten Kapitalgeber der Hightech-Branche. Sein größter Coup ist dabei Google: 1998 gehört er zu den ersten Investoren. Von Bechtolsheims 100.000-Dollar-Check ist das Startkapital der Internetfirma.

Bechtoldsheim gewinnt 1974 bei Jugend forscht. (Foto: Stiftung jugend forscht)
Bechtoldsheim gewinnt 1974 bei Jugend forscht. (Foto: Stiftung jugend forscht)

Mit einem Vermögen von rund vier Milliarden US-Dollar ist er heute der erfolgreichs­te deutsche Unternehmer in den USA. Doch es sei nicht das Geld, das ihn nach wie vor antreibe, sagt von Bechtolsheim. „Ich setze mir gerne Ziele und löse gerne Pro­bleme, die noch keiner vor mir gelöst hat.“ Es ist diese intrinsische Motivation, die bereits bei Jugend forscht die entscheidende Quelle seines Erfolgs war. nin

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