Schulpreis-Porträt: Stundenplan nach Maß und «Lernhäppchen»

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WÜRZBURG/BERLIN. Eine Würzburger Berufsschule hilft jungen Leuten mit Handicaps, einen Job zu ergattern. Das Erfolgsgeheimnis: Geduld, Fürsorge – und ein auf den einzelnen Schüler zugeschnittener Lehr- und Stundenplan. Dafür wurde sie als eine der besten deutschen Schulen ausgezeichnet.

Ob Friseur, Gärtner, Bäcker oder Schreiner – nicht alle Jugendlichen schaffen den Abschluss ihrer Lehre. Wenn auch noch Lernschwierigkeiten, körperliche Behinderungen, psychische Erkrankungen oder einfach nur der Alltag den jungen Leuten zu schaffen machen, sind die Hürden ungleich höher. Der Würzburger Schulleiter Harald Ebert und sein Team haben sich zum Ziel gemacht, dass auch Benachteiligte eine Chance auf dem Arbeitsmarkt bekommen.

Die Don-Bosco-Berufsschule setzt auf größtenteils maßgeschneiderte Stundenpläne, «Lernhäppchen», abgespeckte Berufsbilder – und viel Geduld und Fürsorge. Dafür ist die Förderberufsschule am Mittwoch als eine der besten Schulen Deutschlands ausgezeichnet worden. Sie bekam für ihr außergewöhnliches Konzept den mit 25 000 Euro dotierten Sonderpreis der Jury. Dieses Geld will der Schulleiter nun unter anderem für einen neuen Kleinbus einsetzen.

 "Preis der Jury": Berufsschule - Don Bosco - Beratungszentrum Würzburg Fotos: Robert Bosch Stiftung / Theodor Barth

„Preis der Jury“: Berufsschule – Don Bosco – Beratungszentrum Würzburg
Fotos: Robert Bosch Stiftung / Theodor Barth

Ein Hauptaugenmerk richten die Würzburger Lehrer darauf, dass die jungen Leute trotz ihres Handicaps fit für die Wirtschaft gemacht werden. Natürlich gebe es einen Bildungsstandard für jedes Berufsbild, sagt Schulleiter Ebert. «Der ist vereinbart, und da muss man drüber. Doch der Weg dahin muss nicht einheitlich sein.» Und so dürfen die Schüler beispielsweise nach ihrem eigenen Tempo lernen.

Ein wichtiges Angebot sind abgespeckte Versionen eines Berufsbildes. Mehr als 20 Praktiker-Versionen – vom Schreiner über den Gärtner bis zum Karosseriebauer – bietet die Berufsschule ihren etwa 600 Schülern. So sind die jungen Leute nach drei Jahren Fachpraktiker statt Gesellen. Aber sie haben einen anerkannten Abschluss und könnten mit einem vierten Jahr den Gesellenbrief nachholen. Das habe enormen Effekt auf die jungen Leute, es stärke ihr Selbstbewusstsein – und ihre Chancen auf einen Arbeitsplatz stiegen immens, sagt Ebert.

«Die Lehrer hier stempeln einen nicht einfach ab. Sie erklären so oft, bis man es kapiert hat», sagt ein Schüler über die Würzburger Berufsschule. «Was man nicht weiß, wird immer wieder besprochen. Man hat keine Panik. Früher, in meiner anderen Klasse, bin ich ausgelacht worden, wenn ich gestottert habe. Hier helfen mir die anderen», fügt ein anderer Berufsschüler hinzu.

Die zentrale Frage bei der Auswahl sei für die Jury: «Was können andere Schulen von dieser Schule lernen?» sagt Jurorin Katrin Höhmann. «Und von der Don-Bosco-Berufsschule kann man lernen, wie ein sensibler, wertegeleiteter Blick auf das einzelne Kind und eine sehr gute Organisation in sehr guter Balance sind», so Höhmann. Die Lehrer forderten konsequent Leistungen von ihren Schülern. «Aber eben sehr gut abgestimmt auf das einzelne Leistungsvermögen. Das Kollegium wählt Leistungsziele, die wirklich zu schaffen sind.»

Und manchmal machen auch Kleinigkeiten den Unterschied zwischen einer guten und einer sehr guten Schule. So dürfen Alleinerziehende ein bisschen später kommen, um ihr Kind noch in die Kita bringen zu können. «Wir legen dann die Wiederholung des Stoffes in die erste Unterrichtsstunde. So verpasst die junge Mutter nichts», sagt Ebert. Ein depressiver Schüler lernt an seinen guten Tagen, der E-Rollstuhlfahrer bekommt seine technischen Hilfen, der Autist einen Unterrichtsbegleiter.

Der Erfolg gibt der Schulleitung Recht: Etwa zwei Drittel der Don-Bosco-Berufsschüler finden im Anschluss Arbeit. Christiane Gläser

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