Empfundener Druck wächst: Immer mehr Studenten haben Psycho-Probleme

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BERLIN. Wie steht es um die Gesundheit von Deutschlands Studenten? Nach neuen Erkenntnissen einer großen Krankenkasse haben angehende Akademiker oft erheblichen Stress – und zunehmend Psycho-Probleme. Doch viele von ihnen gehen mit dem Druck an der Uni auch nicht sinnvoll um.

Viele Studenten fühlen sich psychisch stark belastet, ausgebrannt. Foto: fakelvis / Flickr (CC BY-SA 2.0)
Viele Studenten fühlen sich psychisch stark belastet, ausgebrannt. Foto: fakelvis / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Dauerstress macht an deutschen Hochschulen viele Studenten so mürbe, dass sie psychotherapeutische Hilfe suchen. Jeder Vierte (27 Prozent) gab in einer Umfrage an, der Druck sei schon mal so hoch gewesen, dass ihm mit den üblichen Entspannungsstrategien nicht mehr beizukommen war. «Knapp die Hälfte von ihnen hat deshalb professionelle Hilfe in Anspruch genommen», sagte der Vorstandschef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung zweier aktueller Studien zur Studenten-Gesundheit.

«In den meisten Fällen handelt es sich dabei um ambulante Therapien oder Beratungsangebote an der Hochschule. Aber immerhin 6 Prozent gaben an, bereits stationär behandelt worden zu sein», erläuterte Baas. Die bundesweit größte Krankenkasse präsentierte neben ihrem «TK-Gesundheitsreport 2015» auch den «TK-CampusKompass», für den das Institut Forsa 1000 repräsentativ ausgewählte Studierende zu ihrem Lebensstil befragt hatte.

Nach Arznei- und Patientendaten der TK hatten ärztlichen Diagnosen zufolge 30 Prozent der Studentinnen psychische Probleme, unter den männlichen Kommilitonen 15 Prozent. Ausgewertet wurden Informationen zu rund 190.000 eigenständig bei der TK versicherten Studierenden für 2013. «Wir sehen, dass Studenten einer zunehmenden Belastung ausgesetzt sind, und dass dies mit zunehmendem Alter zunehmende Auswirkungen hat», sagte Baas.

Ihn habe überrascht, wie stark das Alter angehender Akademiker für Erkrankungen wie Depressionen, Belastungs- oder Angststörungen eine Rolle spielt. «Ab 30 können sie mit Belastungen schwerer umgehen.» Dann spielten entscheidende Prüfungen, Fragen der Studienfinanzierung und womöglich auch Kinder eine treibende Rolle als Stressfaktoren.

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Seit einer TK-Analyse von 2009 habe der Anteil der Studierenden, die mindestens einmal im Jahr eine psychische Diagnose erhielten, um gut 4,3 Prozent zugenommen, sagte Baas. Der Anteil derer, die mindestens einmal ein Arzneimittelrezept zur Behandlung von Depressionen bekamen, liege 53 Prozent höher als 2006. Seitdem stieg auch das gesamte Arzneivolumen für Studierende um gut 50 Prozent.

Um Gesundheitsproblemen vorzubeugen, rate seine Kasse Studenten das, was sie auch anderen Versicherten empfehle, sagte Baas – einen guten Umgang mit Stress, eine vernünftige Medien- und vor allem Computernutzung – sowie viel Bewegung. «Es ist schon erschreckend, dass nur drei Viertel der Studenten sagen, dass sie Sport für sich als wesentlich ansehen – aber ein Viertel eben nicht.»

Sieben von zehn Studierenden gaben laut «TK-CampusKompass» an, gern online zu entspannen. Dabei nutzen Frauen soziale Netzwerke deutlich mehr, während ihre Kommilitonen eher zu Video- und Computerspielen neigen. Baas: «So sehr ich verstehen kann, dass Computerspiele am Ende des Tages zur Entspannung verlockend sind, so wenig können wir dies unter Gesundheitsaspekten empfehlen. Denn wer tagsüber schon viel vor dem Bildschirm sitzt, sollte nicht auch den Feierabend vor der Mattscheibe verbringen.»

Auch das Thema Alkohol spielt für viele Studierende eine große Rolle: «Gut ein Drittel der Frauen und sogar 43 Prozent der Männer an der Uni trinken den Stress weg», sagte der TK-Chef. «Insgesamt zeigt sich, dass die männlichen Studenten eher zu ungesünderen Relax-Methoden tendieren. Auch Rauchen, Cannabis und Aufputschmittel sind bei ihnen verbreiteter als bei den Studentinnen.» Von Werner Herpell, dpa

Zum Bericht: Fast 100.000 Studenten nutzen Ritalin und Co. zum Hirndoping

 

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