Uni-Nachwuchs: Gewerkschaft fordert neue Entfristungsoffensive – Bund-Länder-Pakt reicht nicht

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BERLIN. Dem wissenschaftlichen Nachwuchs geht es schlecht, auch wenn die Bundesregierung mit der Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes gerade die Lage des universitären Mittelbaus verbessern wollte. Mit einer Milliarde Euro soll bald nun auch ein Bund-Länder-Nachwuchspakt die die Aufstiegschancen der Wissenschaftler verbessern. Doch Gewerkschaften und Bildungsexperten geht das nicht weit genug

Der geplante Bund-Länder-Nachwuchspakt für die Wissenschaft greift nach Ansicht der Bildungsgewerkschaft GEW mit einer Milliarde Euro Umfang viel zu kurz. Angesichts des Mehrbedarfs an Hochschullehrern in den nächsten zehn Jahren seien fünf Milliarden Euro notwendig, mit denen 5000 sogenannte Tenure-Track-Professuren bezahlt werden könnten.

Fünfmal mehr Geld als bislang im Bund-Länder-Pakt vorgesehen, ist nach Meinung der GEW notwendig um die Nachwuchs-Situation an den deutschen Hochschulen nachhaltig zu verbessern. Foto: ChemieBW 2015 / flickr (CC BY 2.0)
Fünfmal mehr Geld als bislang im Bund-Länder-Pakt vorgesehen, ist nach Meinung der GEW notwendig um die Nachwuchs-Situation an den deutschen Hochschulen nachhaltig zu verbessern. Foto: ChemieBW 2015 / flickr (CC BY 2.0)

Wie der für Hochschulpolitik zuständige stellvertretende GEW-Chef Andreas Keller weiter sagte, müssten die von dem Programm profitierenden Hochschulen unbedingt zusagen, neu geschaffene Stellen auch auf Dauer zu finanzieren. «Niemandem ist geholfen, wenn Bund und Länder erneut befristet Geld ins System pumpen und der Effekt nach wenigen Jahren verpufft ist.»

Im «Tenure-Track» – einem in den USA seit langem üblichen Programm – qualifizieren sich promovierte Wissenschaftler für eine Professur auf Lebenszeit. Erreichen sie die mit der Uni vereinbarten Ziele in Forschung und Lehre, wird ihre Stelle üblicherweise nach etwa sechs Jahren entfristet. Laut Plänen von Bund und Ländern, die noch dieses Jahr in einen Pakt münden sollen, wird es ab 2017 rund 1000 neue Tenure-Track-Professuren geben.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) verweist auf eine Studie des Instituts für Hochschulforschung der Uni Halle-Wittenberg, der zufolge der Nachwuchs-Bedarf für eine sinnvolle Relation zwischen Studenten und Hochschullehrern viel höher ist. Die Wissenschaftlerin Anke Burkhardt rechnete vor, dass die Zahl der Professuren an deutschen Universitäten von derzeit rund 24 000 auf etwa 42 000 bis 2026 erhöht werden müsse, um das Betreuungsverhältnis – wie vom Wissenschaftsrat verlangt – von 1 zu 70 (ein Professor für 70 Studenten) auf 1 zu 40 zu verbessern.

GEW-Vize Keller verlangte von den künftig im Nachwuchspakt zum Zuge kommenden Hochschulen «ein schlüssiges Personalkonzept». So müssten für mindestens 50 Prozent der Stellen Wissenschaftlerinnen ausgewählt werden. Derzeit sei «nur eine von fünf Professuren von einer Frau besetzt», daher sei eine verbindliche Quote notwendig.

Außerdem ersetze das Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs «die überfällige substanzielle Verbesserung der Grundfinanzierung der Hochschulen» keineswegs, betonte Keller. «Bund und Länder sollten die Möglichkeiten des 2014 gelockerten Kooperationsverbots im Hochschulsektor für eine Entfristungsoffensive nutzen, die neben der Professur auch genügend Dauerstellen für Daueraufgaben in Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement schafft.» (dpa)

zum Bericht: „Die Koalition hält Wort“: Bundesregierung will Flut von Zeitverträgen an Unis per Gesetz eindämmen

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