STUTTGART. Schüler können nicht richtig schreiben und Schuld daran sollen die Grundschulen sein? Diese sehen sich zu Unrecht an den Pranger gestellt – und reagieren auf eine Initiative von Baden-Württembergs Kultusministerin sehr verschnupft.
Ein Brief von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) in Sachen Rechtschreibung hat viele Grundschulen im Land verärgert und zu erheblicher Verstimmung geführt. «Frau Eisenmann tut so, als ob die Kinder zwei Jahre nur mit Anlauttabelle arbeiten», kritisierte die Vorsitzende des Grundschulverbands, Claudia Vorst, am Montag. Dabei sei das lautorientierte Schreiben lediglich ein Entwicklungsschritt auf dem Weg zur korrekten Rechtschreibung. «Es ist außerdem sehr gut wissenschaftlich belegt, dass die Kinder das brauchen», sagte sie weiter.
Auslöser des Streits ist ein Brief Eisenmanns, der Anfang Dezember an alle Grundschulen ging und über den sie die Öffentlichkeit vergangene Woche informiert hatte. Sie forderte darin eine Kurskorrektur: Methoden, bei denen Kinder lange Zeit nicht auf die richtige Rechtschreibung achten müssten – etwa das Schreiben nach Gehör – sollen demnach nicht mehr praktiziert werden.
Nicht mehr gerüttelt
An dieser Entscheidung werde auch nicht mehr gerüttelt, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag. «Wir haben davor mit vielen Experten und auch mit Eltern und mit Schulvertretern gesprochen», sagte er. Außerdem habe es viele positive Rückmeldungen gegeben – beispielsweise vom Realschullehrerverband oder dem Verband Bildung und Erziehung (VBE). Das Ministerium stelle aber keinesfalls die gute Arbeit der Grundschullehrer in Frage.
Die Grundschulen fühlen sich Vorst zufolge zu Unrecht an den Pranger gestellt und vom Ministerium nicht hinreichend wahrgenommen. «Wir wünschen uns eine unaufgeregte, sorgfältige Analyse der tatsächlich erreichten Qualität des Rechtschreibunterrichts», sagte sie. Man wolle sich nicht allein den schwarzen Peter zuschieben lassen.
Zuvor hatte sie Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in einem offenen Brief des Verbandes gebeten, sich der Sache anzunehmen. «Im Kultusministerium selbst sehen wir – derzeit – keine Perspektive für einen fruchtbaren Dialog.» Das Ministerium wies entsprechende Kritik zurück. Eisenmann sei aber durchaus bereit, die Fragen in einem Fachgespräch mit dem Grundschulverband nochmal zu erläutern, betonte der Sprecher. dpa
Dabei sollen Kinder die Worte so zu Papier bringen, wie sie sie hören. Eine Anlauttabelle hilft ihnen dabei. Sie zeigt die Laute und die dazu passenden Bilder – „H“ für „Hase“, „Au“ für „Auto“ und „S“ für „Sonne“. Die Kinder können die Symbole abmalen und zu einer Klangkette verbinden, dadurch erschließen sie sich – so die Theorie – selbstständig die Beziehung zwischen Laut und Bild. Die Kinder könnten sich so eher schriftlich mitteilen, das Lesen käme begleitend dazu, heißt es.
