Skandal-Experiment: Berliner Verwaltung gab Straßenkinder in die Obhut von Pädophilen und schickte Jugendliche zur Odenwaldschule

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BERLIN. Bekannte Pädophile als Betreuer von Straßenkindern mit Zustimmung der staatlichen Jugendverwaltung: Im Berlin der 70er-Jahre war diese abstruse Vorstellung Realität. Nach ersten Hinweisen auf das von der Berliner Verwaltung geförderte Experiment im Jahr 2013, hatte Bildungssenatorin Sandra Scheeres eine Aufarbeitung angekündigt. Nun legten die beauftragten Göttinger Wissenschaftler eine Studie zu den Ereignissen vor und eine Verbindung zur mittlerweile geschlossenen Odenwaldschule offen. Von den Berliner Behörden erhielten sie bei ihrer Untersuchung nur wenig Unterstützung.

Pädophile als Pflegeväter für Straßenjungen – das makabre «Experiment» aus dem Berlin der 70er Jahre ist schon länger bekannt. Jetzt haben Wissenschaftler die Vorgänge untersucht und regen einen Hilfsfonds für die Opfer an. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung: Es gibt Verbindungen zur mittlerweile geschlossenen Odenwaldschule in Südhessen.

Ob die vom Berliner Jugendamt auf die Odenwaldschule geschickten Kinder dort Opfer sexuellen Missbrauchs wurden ist bislang nicht bekannt. Foto: Jakob Montrasio / flickr (CC BY 2.0)
Ob die vom Berliner Jugendamt auf die Odenwaldschule geschickten Kinder dort Opfer sexuellen Missbrauchs wurden ist bislang nicht bekannt. Foto: Jakob Montrasio / flickr (CC BY 2.0)

Die Studie, über die am Freitag zuerst der «Spiegel» berichtete, wirft ein dunkles Licht auf die damalige Berliner Regierung. Die West-Berliner Jugendverwaltung duldete demnach, dass mindestens drei Jungen zwischen 15 und 17 Jahren in die Obhut von bekannten Pädophilen kamen – in dem Wissen, dass sie wahrscheinlich missbraucht werden würden.

Bereits 2013 hatte es erste Hinweise auf das Experiment gegeben, im vergangenen Jahr kündigte die Berliner Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) eine Aufarbeitung an. Wer das Projekt genehmigte und wie viele Opfer es gab, fanden die Göttinger Wissenschaftler allerdings nicht heraus.

Dafür fanden sie eine Verbindung zur Odenwaldschule, in der Schüler in den 70er und 80er Jahren regelmäßig missbraucht wurden. Auch Berliner Problem-Kinder wurden, vom Jugendamt bezahlt, auf das Internat geschickt. Ob sie dort Opfer sexuellen Missbrauchs wurden, ist allerdings nicht bekannt. Die Akten der damaligen Jugendverwaltung müssten dringend aufgearbeitet werden, fordern die Wissenschaftler. Auch Gespräche mit den damaligen Mitarbeitern und Jugendlichen seien nötig.

Enttäuscht zeigen sich die Wissenschaftler in der Studie vom Aufklärungswillen der Berliner Behörden. So stünden wichtige Akten im Landesarchiv unter zum Teil noch längeren Schutzfristen. Ein Antrag, die Schriftstücke früher freizugeben, sei abgelehnt worden, hieß es. (dpa)

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