Missbrauch: Lehrerin erkennt Opfer – und besiegelt damit das Ende einer weltweiten Kinderporno-Plattform

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WIESBADEN. Das Foto eines sexuell missbrauchten Mädchens bringt die Polizei auf die Spur einiger Täter. Diese kennen sich über die Darknet-Plattfform «Elysium». Ihre «skrupellose Vorgehensweise» schockiert selbst erfahrene Ermittler.

Ein entscheidender Hinweis bei den Ermittlungen gegen die internationale Kinderpornografie-Plattform «Elysium» kam von einer Volksschullehrerin aus Wien. Die Frau hatte auf einem Foto ein sieben Jahre altes Missbrauchsopfer erkannt, wie die österreichischen Ermittler am Freitag in Wien bekannt gaben. Der 28 Jahre alte Vater des Mädchens soll seine Tochter und ihren zwei Jahre jüngeren Bruder über Jahre hinweg schwer sexuell missbraucht und dies auch noch gefilmt haben. Die deutschen und österreichischen Ermittler gehen auch davon aus, dass der Familienvater seine beiden Kinder über die inzwischen zerschlagene Darknet-Plattform mindestens an zwei andere Männer vermittelte, damit sich diese an dem Jungen und dem Mädchen vergehen konnten. Alle drei Männer sitzen in Untersuchungshaft.

Die internationalen Ermittlungen laufen in Hessen zusammen, wo der Betreiber der Plattform im Kreis Limburg-Weilburg lebt. Ein halbes Jahr nach ihrem Start nutzten «Elysium» bereits mehr als 87 000 Menschen in verschiedenen Ländern. Der 39 Jahre alte Hesse soll die technische Infrastruktur bereit gestellt haben.

Wie das Bundeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt dem Administrator und dem Grafiker der Plattform – ein 61-Jähriger aus dem bayerischen Kreis Landesberg am Lech – auf die Spur kamen, verraten sie nicht genau. Sicher ist jedoch, dass ihnen bei umfangreichen technischen und verdeckten Ermittlungen die Wirklichkeit half: Die Männer, die sich nur aus der virtuellen Welt kannten, trafen sich im realen Leben, um Kinder zu missbrauchen und dies auch zu filmen.

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Online wurden die Verbrechen verbreitet – Offline wurden die Opfer erkannt. Foto: Florian Schneider / pixelio.de

In einem Missbrauchs-Video waren der Grafiker und ein anderer Mann zu sehen. Die Ermittler fanden heraus, dass die Aufnahmen in Österreich gemacht wurden. Das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden kontaktierte daraufhin seine Kollegen in Wien. Das österreichische Bundeskriminalamt (BK) analysierte die Aufnahmen, auf denen neben den beiden Tätern zwei Opfer zu sehen sind, wie Ewald Ebner vom BK am Freitag in Wien sagte. Ein Junge und ein Mädchen. Weil dieses im schulpflichtigen Alter war, nahmen die Ermittler mit allen Volks- und Sonderschulen Kontakt auf und zeigten ihnen ein Foto des Kindes. Das Gebiet hatten sie zuvor eingrenzen können.

Nach dem Hinweis der Lehrerin wurde der Vater observiert und wenige Stunden später festgenommen, wie Michael Mimra vom Landeskriminalamt Wien berichtete. Der Zugriff am 16. Mai sei sorgfältig vorbereitet worden, weil die Kinder in der Wohnung waren. Der 28-Jährige habe mittlerweile ein Geständnis abgelegt. Sein 40 Jahre alter Landsmann, dem der Vater den Missbrauch seiner Kinder ermöglicht hatte, wurde daraufhin zwei Tage später festgenommen und war den Angaben zufolge ebenfalls geständig. Die Kinder seien inzwischen bei ihrer Mutter untergebracht, die zur Tatzeit nicht in der Wohnung gelebt habe. «Schlussendlich haben wir bei beiden sehr viel Datenmaterial sichergestellt», sagt Mimra.

«Wir waren von der skrupellosen Vorgehensweise der Tatverdächtigen auf der Plattform schockiert», sagte Ebner. Die Täter handelten auf Bestellung, forderten sich gegenseitig zu sexuellen Handlungen auf und führten diese auch durch, berichtete der Leiter des Büros für allgemeine Kriminalität beim BK. Somit sei es zu «abscheulichem Bildmaterial» gekommen. Für die gemeinsamen Straftaten fuhren sie «sehr viele Kilometer», wie Mimra vom Landeskriminalamt sagte. «Das hat eine sehr hohe kriminelle Qualität.»

Inzwischen sind 29 Opfer identifiziert, davon 13 in Österreich. Diese seien alle mit dem 28-Jährigen verwandt oder bekannt. Von manchen habe der Beschuldigte nur Fotos gemacht.

Am 12. Juni klickten die Handschellen bei dem hauptverdächtigen Hessen. Der Grafiker sowie der Moderator der Plattform-Chats, ein 56-Jähriger aus dem Main-Tauber-Kreis in Baden-Württemberg, gehören auch zu den derzeit sieben Untersuchungshäftlingen in dem umfangreichen Fall. Außerdem wurden noch sieben andere Männer festgenommen. Die Ermittlungen gehen international weiter. Es sollen alle 87 000 Nutzer identifiziert werden. Ira Schaible, dpa

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Angelika Oetken
6 Jahre zuvor

Wenn Menschen den Drang verspüren, sich die sexualisierte Misshandlung von Kleinstkindern anzusehen, mit der Option, bei Gelegenheit selbst Babys und kleine Kinder selbst mittels Sexualpraktiken zu quälen, dann sollte man immer berücksichtigen, dass solche frühen Traumatisierungen zwar verheerende Wirkungen auf das Körpergedächtnis und die Impulssteuerung haben, aber sprachlich-räumlich-zeitlich nicht erinnert werden können. Einige Opfer derartiger Misshandlungen haben später das Bedürfnis, ihrerseits an hilflosen kleinen Menschen zu wiederholen, was man ihnen selbst einmal angetan hatte, können sich das aber nicht erklären. Aufgearbeitet werden kann solch eine schwere Traumafolgestörung innerhalb einer spezialisierten psychotraumatologischen Behandlung. Hier gibt es Therapeutenlisten http://www.degpt.de, http://www.emdria.de

Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen Erwachsenen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer von schwerem sexuellem Missbrauch wurden

Angelika Oetken
6 Jahre zuvor

Auch dieser Mann stand wegen Besitzes und Konsums von Kinderfolterdokumenten vor Gericht http://www.nydailynews.com/news/crime/nab-hamptons-broker-piles-kid-porn-article-1.217504, http://www.bild.de/news/vermischtes/deutscher-baron-gestaendnis-3467540.bild.html

Matthias von W. wurde 2008 in den USA zu acht Jahren Haft verurteilt. Die hat er mittlerweile abgesessen und lebt jetzt angeblich mit Frau und Kind in Berlin. Dieser Mann hatte sich Ähnliches beschafft und angesehen, was man aktuell auf der Plattform „Elysium“ vorfand: die Darstellung der sexualisierten Misshandlung von Kleinstkindern. Einige Opfer waren gefesselt worden, um sie besser missbrauchen zu können. Von W., Absolvent des Aloisiuskollegs, Bonn Bad Godesberg, galt als Liebling des langjährigen jesuitischen Chefmissbrauchers Pater Ludger S. Eines Mannes, der über Jahrzehnte unbehelligt und buchstäblich vor aller Augen Photos und Filme von seinen Schülern anfertigte und in seinem bestens ausgestatteten Labor selbst entwickelte. Matthias von W. war der einzige unter seinen Zöglingen, der einen Schlüssel zu dieser Filmwerkstatt besaß.

In Deutschland ist bis heute ist so gut wie nichts dazu aufgeklärt.