Es ist ein Teufelskreis. Weil in Deutschland so wenig mit dem Computer unterrichtet wird, gibt es hier zu Lande auch vergleichsweise wenige digitale Unterrichtsmaterialien. Für die Bildungsverlage lohnt sich deren Entwicklung bisher kaum. Und weil es (zu) wenige Materialien gibt, fehlen Anreize und Möglichkeiten für Lehrer, Computer im Unterricht einzusetzen. Ergebnis: eine Flaute. In kaum einem anderen Industrieland, so offenbarte ICILS (“International Computer and Information Literacy Study”) 2013, wird im Fachunterricht so selten der PC genutzt wie in Deutschland. Daran dürfte sich seitdem wenig geändert haben.
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Eickelmann lenkt den Blick nun auf das Problem, dass Schulen digitale Möglichkeiten eben nur dann nutzen, wenn „Bildungsmedien systematisch über entsprechende Portale recherchiert und eingesetzt werden können, die nicht nur fachlich hochwertig, sondern auch mit den notwendigen Rechten für den Einsatz im Unterricht ausgestattet sind“, wie die KMK selbst in jüngst verabschiedeten Leitlinien festgestellt hat. Diese Erkenntnis, so Eickelmann, sei ein Schritt in die richtige Richtung. Denn: „Ergebnisse von Studien zeigen, dass die Rahmenbedingungen und Verfügbarkeit von digitalen Bildungsmedien eine entscheidende Rolle für die schulische Nutzung digitaler Medien und die Förderung entsprechender Kompetenzen spielen.“ Klar, ohne Inhalte macht der Einsatz wenig Sinn.
Die Vermutung, die Zurückhaltung könne in fehlender IT-Kompetenz und Fortbildungsmuffeligkeit der Lehrer begründet liegen (ein gern erhobener Vorwurf), weist Eickelmann zurück. „So nutzt der Großteil der Lehrpersonen in Deutschland (2013 bereits 96,7 % im Rahmen der ICILS-2013-Lehrerbefragung) das Internet für die Unterrichtsvorbereitung und zwei Drittel der im Rahmen von ICILS 2013 befragten Lehrpersonen der Sekundarstufe I gaben an, Unterricht, der den Einsatz von digitalen Medien beinhaltet, vorbereiten zu können. Die unterrichtliche Umsetzung und Nutzung digitaler Medien bleibt aber hinter den Möglichkeiten zurück. Die Länderindikatorstudie ‚Schule digital‘ konnte für das Jahr 2015 sogar aufzeigen, dass mit 86,3 Prozent mittlerweile die meisten Lehrpersonen berichten, dass sie davon überzeugt sind, aufgrund ihrer eigenen Kompetenzen Unterricht planen zu können, der die Nutzung von Computern beinhaltet.“ Heißt: Lehrer sind fit für den IT-Einsatz – jedenfalls fühlen sie sich so. Am mangelnden Interesse liegt es also nicht.
Umso krasser der Kontrast zu dem, was die Schüler erleben. „Im Gegensatz zur selbsteingeschätzten Kompetenz in Bezug auf die Auswahl von geeigneten digitalen Medien für den Unterricht und die häufige Nutzung im Rahmen der Unterrichtsvorbereitung nutzte in Deutschland im Jahr 2013 weniger als ein Drittel der Lehrpersonen regelmäßig (mindestens wöchentlich) digitale Medien im Unterricht; der Großteil der Lehrpersonen deutlich seltener“, berichtet Eickelmann. „Auch die Häufigkeit der unterrichtlichen Nutzung digitaler Medien durch Schülerinnen und Schüler war in Deutschland entsprechend niedrig und im internationalen Vergleich weit unterdurchschnittlich.“ Aktuellere Studien zeigen zwar einen Anstieg der Nutzungszahlen. Aber nach wie vor gelte: „die Nutzung digitaler Medien ist bisher noch längst nicht in allen Schulen in Deutschland angekommen.“
“Wenig zielführend”
Mehr und mehr werde auf der Grundlage der Ergebnisse verschiedener Studien deutlich, dass für einen lernförderlichen Einsatz digitaler Medien in der Schule digitale Lehr- und Lernmaterialien wichtige Unterstützungselemente seien. Eickelmann: „Ohne digitale Inhalte, Strukturen, Materialien und konkrete, zu den Lehrplänen passende Unterrichtsmaterialien erweist sich die Integration digitaler Medien in unterrichtliche Lehr-Lernprozesse als zu aufwändig und wenig zeitgemäß. Passende, vor allem fachspezifische Materialien nicht digital und in ausreichender Qualität verfügbar zu haben, Unterrichtsergebnisse nicht online ablegen zu können und zusätzlich zum Tablet mit gedruckten, linearen, nicht interaktiven und überwiegend textbasierten Schulbüchern zu arbeiten, erscheint auf Dauer wenig zielführend.“
Kurz gefasst: Nur mit leicht zugänglichen, lernplankonformen Materialien, die sich ohne großen Zeitaufwand finden und im Unterricht anwenden lassen, ist Schwung bei der digitalen Bildung zu erwarten. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus
