Weltlehrertag! Philologen mahnen: Nicht aus dem Blick verlieren, was Schule überhaupt leisten kann

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WIESBADEN. Der Hessische Philologenverband fordert aus Anlass des Weltlehrertags, bei allem Anspruch an Schule „das Menschenmöglich“ im Blick zu behalten. Immer mehr Aufgaben würden Lehrerinnen und Lehrern übertragen – ohne zu fragen, was Schule überhaupt leisten kann (schon gar angesichts der schlechten Rahmenbedingungen).

Was kann ein einzelner Lehrer leisten? Foto: Florian Schwalsberger / flickr (CC BY 2.0)
Was kann ein einzelner Lehrer leisten? Foto: Florian Schwalsberger / flickr (CC BY 2.0)

Es ist typisch: Irgendjemand stellt einen gesellschaftlichen Missstand fest – und reflexartig wird gefordert, dass die Schule sich darum kümmern muss. Ob Bildungsungerechtigkeit und, damit verbunden, sozialer Ausgleich, Missbrauch in der Familie, Integration von Flüchtlingskindern, Inklusion, mangelndes Demokratiebewusstsein, Ernährungsmängel, Bewegungsdefizite, Betreuungsprobleme von Familien, Jungenförderung, Mädchenförderung, Unkenntnis von Schülern in ökonomischen Fragen, falsches Zähneputzen – jedes gesellschaftliche Problem in Deutschland, dessen Ursprung sich irgendwie in der Jugend verorten lässt (und das trifft auf fast alle zu), sollen die Schulen lösen. Und zwar plötzlich und nebenbei, also ohne dass den Lehrern mitgeteilt würde, woher zusätzliche Mittel für die zusätzlichen Aufgaben kommen.

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Die hessischen Philologen machen aus Anlass des Weltlehrertags nun auf diese sich inflationär ausbreitende Anspruchshaltung gegenüber den Schulen aufmerksam. Der Arbeit von Lehrkräften komme in der heutigen Gesellschaft eine besondere Bedeutung zu, so heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands. Neben der Vermittlung einer breiten Bildung nähmen Themen wie Inklusion und Integration, aber auch Fragen der allgemeinen Werteerziehung in der Betrachtung von Schule einen immer größeren Raum ein. Gleichzeitig stiegen die Erwartung an die Leistung von Lehrkräften. „Mit jeder gesellschaftlichen Veränderung und jeder neuen bildungspolitischen Idee werden neue Aufgaben für den Bereich Schule formuliert. Längst gilt dabei nicht mehr als Maßstab ‚Was kann eine Lehrerin oder ein Lehrer leisten?‘, sondern ‚Was müsste Schule erreichen können?‘. So verkommen gutgemeinte Forderungen zu illusorischen Wunschlisten mit negativen Folgen für die Arbeit an Schulen und die Gesundheit von Lehrkräften.“

Lerngruppen verkleinern!

Der Verband verweist auf die schlechten Rahmenbedingungen: „Niemand kann in Klassen und Kursen, in denen bis zu dreißig Schülerinnen und Schüler sind, gleichermaßen den Lernstoff, die unterschiedlichen Lerngeschwindigkeiten, Besonderheiten der persönlichen Entwicklung und Erziehung, unterschiedliche Sprachkompetenzen und Herausforderungen aus verschiedensten kulturellen Prägungen kindgemäß und individuell berücksichtigen.“ Es sei an der Zeit, die Obergrenze für Lerngruppen in allen Schulformen deutlich zu senken, spürbar mehr Lehrkräfte einzustellen und die Arbeit von Lehrerinnen und Lehrern zusätzlich stärker durch Psychologen und Sozialpädagogen zu unterstützen. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus

Wann, wenn nicht jetzt? Gebt Lehrern endlich die Unterstützung, die sie brauchen!

 

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1 Kommentar
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Sandra Sauter
6 Jahre zuvor

Der Artikel ist kurz und prägnant! Kleinere Klassen ist die Lösung! Ich hatte 1x in meiner bisher 20-jährigen Schullaufbahn das Glück mit 17 Schülen zu starten und nach 3 Wochen aufgrund Wegzugs mit 13 Schülern das ganze Schuljahr zu genießen. Endlich waren neben Erziehung, Hausaufgabenkontrolle und sonstigen verhaltensoriginellen Auftritten, die immer weniger wurden, intensive Übungs- und Unterrichtseinheiten möglich. Experimente waren durchführbar und machten Spaß. Kurz: ich hatte Zeit für jeden einzelnen!

Ist es denn in einem so reichen Land nicht möglich mehr Geld in die Hand zu nehmen? Müssen wirklich alle 1. Klasse mit Chauffeur all inclusive ihren Tag verbringen auf Kosten der Kinder?
Der Leidensdruck ist noch zu gering und solche Spritzenartikel sind bestimmt der Beginn des Umdenken! Danke!