LEIPZIG. Der Erziehungswissenschaftler Prof. Jens Weidner ist ein Optimist, sogar ein professioneller. Er ist Vorstand des Hamburger „Clubs der Optimisten“ und Autor eines Buches über eine positive Lebenseinstellung. Jetzt, auf dem Deutschen Lehrertag im Rahmen der Buchmesse in Leipzig, erklärte er vor 800 Lehrkräften, wie Optimismus das Leben verbessern kann – auch im Schulalltag. „Bedenkenträger gibt es genug in Deutschland“, meint Weidner. „Was uns ein Stück weit fehlt, ist die Lobkultur.“ Zuvor hatte VBE-Vorsitzender Udo Beckmann allerdings deutlich gemacht, dass den Schulen noch mehr fehlt: Ressourcen nämlich, um ihre Aufgaben angemessen bewältigen zu können.
In seinem Buch „Optimismus – Warum manche weiter kommen als andere“ identifiziert Weidner verschiedene Optimismus-Typen, darunter naiven Optimisten – der glaubt, die Welt werde besser, ohne dass er dafür etwas beitragen müsse –, den altruistischen Optimisten – der auf das Gute im Menschen setzt – und den „Best-of-Optimisten“. Letztere pflege den Grundgedanken: Was gut läuft im Leben, das hat er selbst bewirkt. Was schlecht läuft, haben andere zu verantworten. „Natürlich ist das auch eine Form von Selbstbetrug“, sagt Weidner.
Wissenschaftlich gesehen habe diese Einstellung jedoch große Vorteile: „Best-of-Optimisten“ lebten gesünder und länger – weil sie sich nicht so viele Gedanken machen und Misserfolge leichter wegstecken können. Um eine positive Einstellung entwickeln zu können, rät er, sich die eigenen positiven Eigenschaften bewusst zu machen. “Da müssten einem gleich drei, vier Punkte einfallen”, erklärte Weidner in einem Interview mit dem MDR. Wenn nicht, dann solle man Freunde und Familie um Aspekte bitten. Wenn denen allerdings auch nichts einfällt – dann hat man wohl ein Problem, das größer ist als die Grundhaltung.
“Hoch motiviert”
Dass der Optimismus der Lehrkräfte und Schulleitungen an Grenzen stößt, das hatte VBE-Chef Beckmann zuvor deutlich gemacht. „Lehrerinnen und Lehrer sind trotz stetig steigender Anforderungen hoch motiviert und engagiert“, sagte er. Aber: „Die Politik darf diese für unser Bildungssystem und die Zukunft unseres Landes so essenzielle Grundhaltung nicht weiter torpedieren, indem sie Schulen die Gelingensbedingungen und notwendigen Ressourcen verweigert.“
Udo Beckmann betonte: „Damit die großen Herausforderungen wie etwa Inklusion, Integration und das Lernen in der digitalen Welt von Lehrkräften gemeistert werden können, braucht es mehr als reine Absichtsklärungen der Verantwortlichen. Auch begrüßenswerte Initiativen, wie etwa die im aktuellen Koalitionsvertrag benannte Investitionsoffensive im Bildungsbereich, schaffen erst durch ein entschiedenes Handeln die erforderlichen Veränderungen. Nur wenn die Politik sich dieser Verantwortung annimmt, werden Schülerinnen und Schüler in diesem Land weiterhin von Optimisten unterrichtet.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden die Probleme der Schulen von Inklusion über Integration, vom Lehrermangel bis hin zur wachsenden Heterogenität. Gäste aus der Bildungspolitik waren Monika Hohmann, Mitglied der Fraktion Die Linke im Landtag von Sachsen-Anhalt, Thomas Hartung, SPD-Fraktion im Thüringer Landtag und Lothar Bienst, CDU-Fraktion im Sächsischen Landtag. Sie diskutieren mit Beckmann und Ilas Körner-Wellershaus, stellvertretender Vorsitzender des Verbands Bildungsmedien. Der Deutsche Lehrertag ist laut VBE der größte bundesweite Fortbildungstag für Lehrerinnen und Lehrer. Die Frühjahrstagung findet alljährlich unter der Schirmherrschaft der Kultusministerkonferenz (KMK) im Rahmen der Leipziger Buchmesse statt. News4teachers