Exportschlager Kindergarten – Fröbel-Freundeskreis gegen „KiTa“

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WEIMAR/BAD LIEBENSTEIN. Zum 237. Mal jährte sich am Samstag der Geburtstag von Friedrich Fröbel. Die Ideen und Methoden Fröbels zur frühkindlichen Bildung und Erziehung sind heute weltweit verbreitet. Allein in 40 Sprachen hat der Begriff „Kindergarten“ Eingang gefunden. In deutschland setze sich dagegen immer mehr der technokratische Begriff „KiTa“ durch, kritisiert der Friedrich Fröbel-Freundeskreis Bad Liebenstein.

Am Tag vor dem 236. Geburtstag von Friedrich Fröbel herrscht reges Treiben in dem Weimarer Kindergarten, der seinen Namen trägt. Das Fröbel-Mobil, organisiert von der Kinder & JugendKunstSchule Schweina, ist zu Gast. Es setzt die Ideen des Kindergarten-Erfinders künstlerisch um. An vier Stationen wird emsig gewerkelt: Während einige Kinder mit Kichererbsen und Zahnstochern geometrische Objekte formen, wird ein paar Schritte weiter eifrig gedruckt und geflochten. Aus alten Tetrapacks entstehen bunte Druckvorlagen, selbst geschöpftes Papier wird zu dreidimensionalen Formen.

Der „Kindergarten“ - weltweiter Exportschlager aus Thüringen (Kindergarten in Jiayuguan, Provinz Gansu, China). Foto: Sigismund von Dobschütz / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)
Der „Kindergarten“ – weltweiter Exportschlager aus Thüringen (Kindergarten in Jiayuguan, Provinz Gansu, China). Foto: Sigismund von Dobschütz / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

«Wir verwenden die Ideen Fröbels und übersetzen sie in unsere Zeit», erklärt Kursleiterin Bea Berthold. Dabei werden selbst die «Fröbelgaben» – Bauklötze aus grundlegenden geometrischen Formen – ganz pragmatisch als Druckmatrizen zweckentfremdet. Eine Idee, die auch Fröbel (1782-1852) gemocht hätte, ist sich Berthold sicher: «Fröbel hat als Grundlage seiner Arbeit simple Gegenstände aus seiner aktuellen Lebenswelt verwendet, wir machen im Prinzip das Gleiche. Wenn er heute leben würde, wäre er vielleicht ein Punk.»

Die Ideen und Methoden Friedrich Fröbels zur frühkindlichen Erziehung gehören zu den großen deutschen Exportschlagern: «In 40 Sprachen wird der Begriff „Kindergarten“ heute verwendet», erklärt Matthias Brodbeck, Vorsitzender des Friedrich Fröbel-Freundeskreises Bad Liebenstein. Vor allem aus Fernost und den USA kämen häufig Anfragen. «Wir rechnen in den kommenden Jahren mit einem immensen Zuwachs und arbeiten derzeit an einem Konzept, wie wir die zu erwartende Fragenflut mit unseren Mitteln bewältigen können.»

Ein Grund für das gesteigerte Interesse sei die Anstrengung, das Fröbelerbe als immaterielles Kulturerbe der Unesco anerkennen zu lassen. «Die pädagogischen Ansätze Fröbels sind hochaktuell und bieten viele lebendige Anwendungsmöglichkeiten, wie das Fröbel-Mobil, die Kindergärten und Schulen zeigen. Wir rechnen uns deshalb gute Chancen aus, dass das klappt.»

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Bereits 2013 hat der Fröbel-Kreis – ein Zusammenschluss aus Fröbelstätten, Vereinen und Einrichtungen – die Fröbel-Dekade ausgerufen. Neben dem Unesco-Antrag soll in Deutschland mit der Aktion «Die Welt spricht Kindergarten» das Bewusstsein für die Fröbel-Schöpfungen gestärkt werden.

«Es ist für uns unverständlich, wie sich im Geburtsland des Kindergartens immer mehr der technokratische Begriff „KiTa“ durchsetzt. Wir wollen den Menschen bewusster machen, dass Begriffe auch für den Umgang mit der Kindererziehung stehen – und das wir uns deshalb auf den „Kindergarten“ zurück besinnen sollten.“ Die Kombination aus Experimentieren und Spielen, und eine differenzierte Herangehensweise an die Welt seien heute aktueller denn je.

Fröbel, geboren am 21. April 1782 in Oberweißbach im Thüringer Wald, gründete 1840 den ersten Kindergarten in Bad Blankenburg. Ziel war es, die Stärken der Kinder durch ein System aus spielerischer Beschäftigung zu fördern. Mit der Berufsschule für Kindergärtnerinnen in Bad Liebenstein folgte neun Jahre später die Eröffnung einer der ersten Berufsschulen für Frauen in Deutschland. «Fröbels Arbeit hat sich nicht allein auf die Kindererziehung beschränkt, sondern hat sich auch auf die Emanzipationsbewegung, die Reformpädagogik und sogar auf die Moderne und das Bauhaus ausgewirkt», betont Brodbeck.

Im Freistaat Thüringen gibt es aktuell 16 Fröbelstätten und Wirkungsorte, die an seine bahnbrechenden Leistungen erinnern. Dazu gehören Fröbels Geburtshaus in Oberweißbach, das Fröbel-Museum in Bad Blankenburg, seine Grabstätte im Bad Liebensteiner Stadtteil Schweina sowie die Fröbelschule in Keilhau.

In seinem Geburtsort Oberweißbach wird anlässlich des Geburtstags ab Montag eine Fröbelfestwoche gefeiert, 2019 ist unter anderem ein großes Fest in Bad Liebenstein geplant. (Andreas Göbel, dpa)

Deutschlands ältester Kindergarten wird 170 Jahre alt

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3 Kommentare
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sofawolf
5 Jahre zuvor

In Ostdeutschland hieß das auch immer nur Kinderkrippe und Kindergarten.

Leider zeichnen sich viele Ossis nicht durch allzu viel Selbstbewusstsein aus und machen alles mit, was der Westen vorgibt.

flunra39
5 Jahre zuvor

Die Begriffe sind nicht ohne Bezug zum KJHG zu beurteilen: Danach greift „Kindergarten“ heute meist zu kurz, weil Alterstufen von 0 bis 6 Jahren unter einem Dach die amtliche Bezeichnung „Kindertagsstätte“(Kita) tragen müssen.

amaria
5 Jahre zuvor

Und wenn sich das Kürzel „Kita“ weiter durchsetzt, wird auch leichter vergessen, dass viele Kinder notgedrungen Kitas ohne einen eigenen Garten oder Einrichtungen mit einem viel zu kleinen Außengelände besuchen müssen. Vermüllte, bekackte Spielplätze oder Parks, wo sich abends die Junkies treffen… In Berlin müssen sich zum Teil mehrere Kinderläden oder Kitas darauf einigen, nach einem Belegplan einen öffentlichen Spielplatz zu teilen.