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Kolumne “Die Bildungswoche”: Wie läuft die Integration in den Schulen? Mehr schlecht als recht – kein Wunder…

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DÜSSELDORF. Geruhsame Ostertage? Von wegen – in der Bildung kracht’s aktuell gewaltig. Was in dieser Woche Schlagzeilen machte: aufgespießt und in einen Zusammenhang gesetzt von News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek.

News4teachers-Herausgeber Andrej Priboschek. Foto: Tina Umlauf

Normalerweise sind die Tage vor und nach Ostern in der Bildungsdebatte ziemlich langweilig – allerorten sind Ferien, Lehrer erholen sich verdientermaßen, auch Politiker und Verbandsvertreter machen Urlaub. Still ruht der See. In diesem Jahr ist das bemerkenswert anders. Der Anlass ist unschön: Die Diskussion um wachsenden Antisemitismus in den Schulen, ausgelöst durch einen Fall von Mobbing eines jüdischen Mädchens durch muslimische Mitschüler, hat endlich mal den Blick darauf gerichtet, wie die Integration in unseren Bildungseinrichtungen so läuft. Mehr schlecht als recht, so muss man leider festhalten.

Antisemitismus – Meidinger: In Schulen mit Migrantenquoten von 70 % aufwärts ballen sich die Probleme. Das bekommen auch Lehrerinnen zu spüren

Und das ist kein Wunder. Die Schulen werden – wie eigentlich immer, siehe Inklusion – mit einer gesamtgesellschaftlichen Herausforderung alleingelassen. In Brennpunktschulen ballen sich die sozialen und sprachlichen Probleme, ohne dass die Kollegien dort eine ausreichende Unterstützung bekämen. Als ob sich mit nur einem oder zwei Sozialarbeitern zusätzlich aufräumen ließe, was sich an Problemen in einem belasteten Stadtteil so ballt und natürlich in die Schule hineinschwappt.

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Immer mehr Eltern bekommen es nicht mal mehr hin, ihr Kind zur Schule anzumelden – Brennpunktschulen schlagen Alarm

Wie viel sich dennoch bewegen lässt, zeigt das Beispiel der Grundschule Kleine Kielstraße in der Dortmunder Nordstadt, einem Viertel, in dem sich der Straßenstrich auch schon mal auf Schulhöfen breitmacht. Seit langem kämpft dort das Kollegium der bereits 2006 mit dem Deutschen Schulpreis ausgezeichneten Schule unermüdlich dafür, seinen Schülerinnen und Schülern Perspektiven und Lernerfolge zu verschaffen. Und das gelingt, immer wieder. Wie, das haben wir die Schulleiterin und die Konrektorin dort gefragt – und eine interessante Antwort erhalten: Teamwork ist die Basis, und zwar nach innen und nach außen.

Wie ist es denn, als Lehrer in einer Brennpunkt-Schule zu arbeiten? Wir haben eine Schulleitung gefragt – die sagt: “Keiner ist hier Einzelkämpfer”

Nicht nur dass das Kollegium eng zusammensteht. Die Schule hat sich zudem selbst ein Netz von Unterstützern geknüpft, von der Jugendhilfe bis hin zu zivilgesellschaftlichen Organisationen, das für Entlastung sorgt. Warum aber, die Frage drängt sich auf, haben solche Erfahrungen nicht schon längst bei der Politik zu der Erkenntnis geführt, dass die individuelle Förderung von Schülern sich – nicht nur in Brennpunkten – lediglich multiprofessionell und gut vernetzt praktizieren lässt. Kein Krankenhaus wird nur von Ärzten betrieben.

Wann, wenn nicht jetzt? Gebt Lehrern endlich die Unterstützung, die sie brauchen!

Nötig sind viele Helfer für die Lehrkräfte: Schulpsychologen, die sich um die Diagnose von Lernschwierigkeiten kümmern, Ergo-Therapeuten, die mit betroffenen Kindern arbeiten, IT-Fachleute, die digitale Lerntechnik warten, Sozialpädagogen, die auch private Probleme von Schülern mit in den Blick nehmen können – und wenn solche Experten nicht an die Schule zu bekommen sind (weil die etwa zu klein ist), dann braucht es eben einen Koordinator, der zum Beispiel externe Stellen und die Eltern zusammenbringt, damit die Hilfe für das Kind gesteuert anlaufen kann. Ob Schulassistenten, Inklusionshelfer, Integrationsbeauftragte oder Erzieher – die Liste ließe sich leicht erweitern und sähe an jeder Schule vermutlich anders aus. Je nach Schülerschaft, je nach Bedarf eben.

Beckmann zur Antisemitismus-Debatte: „Anpacken – statt nur aufregen!“

VBE-Vorsitzender Udo Beckmann nahm die aktuelle Antisemitismus-Debatte jetzt zum Anlass für einen entsprechenden Appell: „Anpacken statt nur aufregen!“  Schule benötige endlich angemessene Bedingungen für gelingende Integration. „Dazu gehören kleinere Klassen, um individueller fördern zu können, die Unterstützung der Lehrkräfte durch multiprofessionelle Teams sowie die gezielte Förderung von Brennpunktschulen, wie es bei der Rütli-Schule in Berlin gelungen ist.“ Von hier aus: volle Zustimmung!

Giffey: Erzieher sollten wie Grundschullehrer bezahlt werden

Noch hitziger diskutiert wurde auf News4teachers (und unserer Facebook-Seite) allerdings ein anderes Thema: die Forderung der neuen Bundesfamilienministerin Giffey nämlich, Erzieher wie Grundschullehrer zu bezahlen. Das wäre ungerecht – wandten viele Lehrer ein. Grundschullehrer hätten schließlich studiert, und Erzieher in der Regel nicht. Damit haben sie formal zweifellos Recht. Der öffentliche Dienst muss, dazu gibt es höchstrichterliche Urteile, eine Höherqualifikation auch besser bezahlen. Jedoch stellt sich schon die Frage, warum eigentlich das pädagogische Personal in deutschen Kitas in der Regel nicht studiert – braucht die frühkindliche Förderung, die doch eigentlich die Grundlage für eine erfolgreiche Bildungskarriere legt, keinen akademischen Hintergrund? Die Debatte führt wieder einmal zu der deutschen Eigenheit, zwischen Erziehung und Bildung zu trennen – und Erziehung (weil’s traditionell eine Frauenarbeit ist?) dabei als minderwertiger anzusehen.

Und das ist längst überholt, da liegt Frau Giffey völlig richtig. Es muss auch Menschen mit pädagogisch-wissenschaftlichem Hintergrund in den Kitas geben – ein Krankenhaus, um im Bild zu bleiben, wird auch nicht nur von Krankenschwestern betrieben. Agentur für Bildungsjournalismus

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