Das Problem besteht nahezu bundesweit: Innerhalb der vergangenen 15 Jahre setzten die meisten Länder auf G8, strichen also die gymnasiale Jahrgangsstufe 13 – mit der Folge, dass in den früher oft überfüllten Schulgebäuden auf einen Schlag Platz frei wurde. Die Leerstände wuchsen, weil in der Zeit die Schülerzahlen auch aufgrund niedriger Geburtenraten heruntergingen. In vielen Kommunen wurden deshalb die Kapazitäten verkleinert. Schulgebäude wurden umgewidmet, umgebaut, allzu marode Häuser auch mal abgerissen. Jetzt heißt es plötzlich: Kommando zurück – G9 wird wieder eingeführt. Und zeitgleich gibt’s auch noch einen Baby-Boom, der den baulichen Engpass in den nächsten Jahren nochmal dramatisch zuspitzen wird.
Großstadtschulen bekommen den Zuwachs schon jetzt zu spüren – neuzugezogene Migrantenkinder und der Trend zur Landflucht bringen schon jetzt die Kapazitäten an den Rand. In Köln beispielsweise gab es unlängst viel Ärger, weil fast 1000 Familien nicht den gewünschten Platz für ihr Kind an einer Gesamtschule bekommen haben. Das Schulentwicklungsamt räumte gegenüber dem „Kölner Stadtanzeiger“ ein, dass in den kommenden fünf bis acht Jahren knapp 50 Schulen gebaut werden müssten, darunter fünf bis acht Gymnasien, aber nur 15 konkret in der Planung stünden. Heißt: Die Not ist groß, und gute Ideen sind jetzt gefragt.
Auch Grundschulen betroffen
Auch in Niedersachsen und Schleswig-Holstein kocht die Debatte hoch. “Rückkehr zu G9: An den Gymnasien wird es zu eng”, so titelte beispielsweise unlängst die “Osnabrücker Zeitung”. Die “Lübecker Nachrichten” berichteten, die Gymnasien im Stadtgebiet bräuchten 20 neue Räume. Dass Raumnot nicht nur an den weiterführenden Schulen herrscht, wird in Elmshorn deutlich: Dort klagen insbesondere die Grundschulen über fehlende räumliche Kapazitäten, die für den Ausbau des Ganztags dringend erforderlich wären.
Die Kölner Situation war der Anlass für die dortige Regierungspräsidentin Walsken, der unter anderem die Schulaufsicht untersteht, öffentlich vernehmbar darüber nachzudenken, ob nicht der Samstag künftig wieder für den Unterricht genutzt werden müsse, um die vorhandenen Räume besser auszulasten. Auch die Gründung von Oberstufenzentren für mehrere Schulen in benachbarten Bürogebäuden sei eine Möglichkeit. Sogar einen „Zweischichtbetrieb“ für ältere Schüler (und dann natürlich auch für deren Lehrerinnen und Lehrer) mochte Walsken nicht ausschließen.
Samstags unterrichten? Der Philologen-Verband kritisierte den Vorschlag laut “Stadt-Anzeiger” als „aus der Zeit gefallen“. Für eine Ausdehnung der Schulzeit gebe es keine pädagogischen Gründe. Die hausgemachte Misere dürfe nicht auf dem Rücken von Schülern und Eltern abgeladen werden. Tatsächlich ist der Samstagsunterricht noch gar nicht so lange her: Er wurde in Westdeutschland schrittweise in den 1980-er Jahren abgeschafft, in der DDR kurz nach der Wende 1990. bibo / Agentur für Bildungsjournalismus
