Ein Jahr helfen, pflegen, Wehrdienst leisten – das wünschen sich Teile der CDU für junge Menschen in Deutschland. Sieben Jahre nach Aussetzen der Wehrpflicht stoßen sie eine Diskussion an, ob eine allgemeine Dienstpflicht eingeführt werden sollte. Doch ist das rechtlich überhaupt möglich? Die FDP pocht jedenfalls auf die freie Entscheidung.
STUTTGART. Der Wunsch nach einer allgemeinen Dienstpflicht fällt bei der CDU Baden-Württemberg auf fruchtbaren Boden. CDU-Generalsekretär Manuel Hagel sah sich mit seiner Forderung nach Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht bestätigt. „Ich habe mich ja im Frühjahr bereits für eine allgemeine Dienstpflicht ausgesprochen. Hierin sehe ich eine große Chance, den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land zu stärken“, betonte er am Montag.
Innenminister und CDU-Landeschef Thomas Strobl kann dem Gedanken viel abgewinnen, insbesondere angesichts der Personalprobleme der Bundeswehr. Aber dies sei nicht das einzige Motiv: „Wenn junge Menschen zwölf Monate für die Gemeinschaft investieren, bei der Bundeswehr, im sozialen, im ökologischen, im kulturellen Bereich, egal ob international oder bei uns zu Hause, hilft das unserer Gemeinschaft und auch vielen Menschen auf der Welt.“ Vor allem bringe es die jungen Leute in ihrer persönlichen Entwicklung weiter, so der CDU-Bundesvize.
Regierung lehnt Vorschlag ab
Die Wiedereinführung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht steht für die Bundesregierung nicht zur Debatte. Das stellte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Montag klar. Auch das Verteidigungsministerium in Berlin betonte, es gehe nicht um eine Rückkehr zur Wehrpflicht. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) begrüße aber die aktuelle Diskussion über eine allgemeine Dienstpflicht als „sehr hilfreiche und gute Debatte“, sagte ihr Sprecher Jens Flosdorff.
Das Bundesfamilienministerium begrüßt die Debatte für mehr Solidarität in der Gesellschaft, verweist aber auf rechtliche Hürden für ein Pflichtjahr. Im Artikel 12 des Grundgesetzes ist die freie Berufs- und Arbeitsplatzwahl verankert. Zwangsarbeit ist verboten, es sei denn, sie ist an eine Gefängnisstrafe geknüpft.
Die Diskussion war aufgekommen, nachdem CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer aus Gesprächsrunden mit der Parteibasis das Bedauern über das Ende der Wehrpflicht und den Wunsch nach einer ersatzweisen Dienstpflicht mitgebracht hatte. Für die Schulabgänger gibt es bereits zahlreiche Angebote im freiwilligen ökologischen oder sozialen Jahr. Nach Ansicht von CDU-Mann Hagel sind noch einige Fragen zu beantworten. „So darf es nicht dazu kommen, dass es etwa im sozialen Bereich zu Konkurrenz- und Verdrängungseffekten kommt“, sagte der Landtagsabgeordnete.
Kritik an der Idee
In Baden-Württemberg ließ FDP-Landeschef Michael Theurer wissen, dass er nichts von einer allgemeinen Dienstpflicht halte. „Das ist doch ein zu weitgehender Eingriff in die individuelle Freiheit.“ Offen sei er aber für den Grundgedanken, junge Leute an soziale Aufgaben heranzuführen. Damit nach der Schule kein Lebensjahr verloren gehe, sollten verpflichtende niederschwellige Sozialpraktika wie in Kanada in die Schulzeit integriert werden. Ähnlich argumentierten die Landeschefs der Grünen, Sandra Detzer und Oliver Hildenbrand. Zwangsdienste seien ein gesellschaftspolitischer Rückschritt. Es gelte, den Freiwilligendienst auszubauen und attraktiver zu gestalten.
Politiker von SPD, Linkspartei, Grünen und FDP äußerten ebenfalls Bedenken an einer allgemeinen Dienstpflicht. Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Hans-Peter Bartels (SPD), sagte dem Bayerischen Rundfunk, zwar sei ihm die Grundidee der Wehrpflicht „sympathisch“ und deren Aussetzung damals „Hals über Kopf“ beschlossen worden. Ein allgemeiner Pflichtdienst bedeute jedoch „einen ziemlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte von jungen Menschen“. dpa