Das Berliner Naturkundemuseum soll bald wieder strahlen – dank eines Geldsegens

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BERLIN. Die Dinos sind das Aushängeschild der Berliner Naturkundemuseums. Doch es hat als eines der wichtigen Häuser in Deutschland weit mehr Schätze. Platzmangel und Geldnot lassen sie nicht erstrahlen. Das soll sich grundlegend ändern.

Gestatten, Tristan Otto! Wird er der neue Sympathieträger der Stadt Berlin? Foto: Carola Radke / MfN
Das Berliner Naturkundemuseum birgt Schätze. Foto: Carola Radke / MfN

Der Brachiosaurus war Zeuge: Zu Füßen des 13 Meter hohen Saurierskeletts haben Politiker dem Berliner Naturkundemuseum am Mittwoch ein neues Zeitalter versprochen. 660 Millionen Euro – unter anderem für Sanierung, Modernisierung, einen Neubau und die vollständige Digitalisierung der wertvollen Sammlung in den kommenden zehn Jahren. Damit bekommt das Forschungsmuseum, das eng mit der Humboldt-Universität verbunden ist, sogar mehr Geld als das Berliner Schloss. Für die Wiederrichtung als Humboldt Forum sind 595 Millionen Euro veranschlagt.

So wundert es nicht, dass diese Nachricht Generaldirektor Johannes Vogel und sein Team mit ihrem ehrgeizigen Zukunftsplan zu glücklichen Wissenschaftlern macht. Endlich können auch ihre Träume vom weltweit vernetzten Forschungsmuseum wahr werden. Der ersten Adresse in Deutschland – wenn es klappt. Eine Mehrheit im Haushaltsausschuss des Bundestags für 330 Millionen Euro gilt am Donnerstag als sicher. 330 weitere Millionen Euro vom Land sagte Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) am Mittwoch persönlich im Sauriersaal zu. Er sieht das Haus als weiteren Antriebsmotor für Berlin als Wissenschaftsmetropole.

Von sich reden macht das Museum bisher als Publikumsmagnet – zum Beispiel als erste Adresse für Saurier. Doch dass viele weitere Skelett-Teile seit ihrer Entdeckung vor Jahrzehnten unausgepackt im Keller liegen, weiß kaum jemand. 30 Millionen Objekte umfasst die wertvolle Sammlung des Museums. Aber nur wenige tausend können aus Platzmangel überhaupt gezeigt werden. Hausherr Vogel mit seinem markant-gezwirbelten Schnauzbart sagt es bei der Beschreibung des Museums deutlich. «85 Prozent sind angestaubt.» Wer die großen Naturkundemuseen in den USA gesehen hat, wähnt sich an der Berliner Invalidenstraße oft in einer Zeitreise in die 1950er Jahre.

Das liegt auch an der Geschichte Berlins. Im Zweiten Weltkrieg ausgebombt, kam das Museum zu DDR-Zeiten als Teil der Humboldt-Universität zwar wieder auf die Beine – blieb aber auch nach dem Mauerfall chronisch unterfinanziert. Als neue Stiftung und Teil der Leibniz-Gesellschaft änderte sich einiges. Der Ostflügel wurde wieder aufgebaut, der Sauriersaal saniert. Ein Anfang.

Als Symbol für seine ramponierte Schatzkammer hat Vogel den ausgestopften Papagei Jakob gewählt. Das Tier habe 30 Jahre auf den Schultern des Naturforschers Alexander von Humboldt (769-1859), einem großen Gönner des Museums verbracht, sagt er. Nach dem Bombenhagel sammelten Wissenschaftler Jakob aus der Trümmerwüste – eine Hälfte seines Federkleids war fast zerstört. «Den machen wir jetzt wieder bunt», kündet Vogel an.

Geplant sind in den nächsten Jahren unter anderem eine Verfünffachung der Ausstellungsfläche auf 25.000 Quadratmeter, ein neues Sammlungsgebäude sowie die vollständige Digitalisierung der Sammlung. Da seien bisher erst 3 der 30 Millionen Objekte geschafft.

Vogels Haus will sich zu einem weltweit vernetzten Forschungsmuseum mit den Themen Biodiversität, Evolution, Wissenschaft und Gesellschaft weiterentwickeln. «Wenn in Ghana eine Rinderpest ausbricht, haben wir die Fliege, die sie auslöst», sagt er. Er sieht das Museum in gesellschaftlicher Verantwortung in Sachen Natur. «Wir leben in einer Welt, der es nicht ganz gut geht. Wir müssen wissenschaftliche und gesellschaftliche Lösungen finden.» Den Treffpunkt für Forscher sieht er künftig in Berlin. «Wir wollen die Gesellschaft verändern.»

Drunter geht es bei Vogel nicht. Doch gerade dieser Enthusiasmus des Museumsteams überzeugte wohl den Haushaltsausschuss des Bundes im dritten Anlauf. «Die sind im positiven Sinne verrückt», sagt der Berliner Bundestagsabgeordnete Swen Schulz (SPD).

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) nennt den Geldsegen für das Museum den «Eintritt in ein neues Zeitalter». Nicht nur für Dinos. In den vergangenen acht Wochen seien 1,5 Milliarden Euro in den Berliner Wissenschaftsstandort geflossen – inklusive der Exzellenz-Initiative der großen Unis und dem geplanten Siemens Campus. «So etwas hat es noch nie gegeben.» Von Ulrike von Leszczynski, dpa

 

 

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