Lehrerin ergaunert mit gefälschten Rezepten 900.000 Euro vom Land – jetzt, mittlerweile im Ruhestand, muss sie ins Gefängnis

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OSNABRÜCK. Eine Lehrerin erschleicht sich über Jahre mit gefälschten Rezepten insgesamt 900.000 Euro. Keine Behörde wundert sich über die Vielzahl an Medikamenten. Nur durch einen Zufall fliegt der Schwindel auf.

Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen sind in den Schulgesetzen der Länder geregelt. Foto: Shutterstock
Die ehemalige Lehrerin bekam die Härte des Gesetzes zu spüren. Foto: Shutterstock

Ihre vom Weinen rot geäderten Augen versteckte sie hinter einem Aktenordner, ihr Kopf war unter einer schwarzen Kapuze verborgen. So kam die 66-jährige Angeklagte am Donnerstag in den Saal des Osnabrücker Landgerichts. Dort nahm eine schier unglaubliche Geschichte ihr Ende. Die ehemalige Lehrerin hatte sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ein Luxusleben ermöglicht, in dem sie sich durch Rezeptfälschungen 900.000 Euro erschlich. Dass sie nicht früher aufflog, war auch dem Versagen verschiedener Behörden geschuldet. Die Frau muss nun wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 112 Fällen und Urkundenfälschung für zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis.

«Sie sind mit ihren 66 Jahren nun ganz unten angekommen», sagte die Vorsitzende Richterin Annegret Quere-Degener der Angeklagten nach der Begründung ihres Urteils. Jahrelang wollte die Realschullehrerin zur oberen Osnabrücker Gesellschaft gehören. Deswegen hatte sie mit den Rezeptfälschungen angefangen.

Seit 2003 besitzt die Frau einen Schwerbehindertenausweis. Sie leidet unter einer chronischen Darmerkrankung. Ihre 1976 mit einem Zahnarzt geschlossene Ehe, aus der drei Kinder hervorgingen, ist schon seit längerer Zeit zerrüttet. Das Paar lebt in Trennung, nachdem der Mann sich einer neuen Beziehung zugewandt hatte. Obwohl der Gatte ihr und den Kindern gegenüber gewalttätig war, habe die Angeklagte stets gehofft, mit ihrem Mann unter einem Dach leben zu können, schilderte die Vorsitzende Richterin. Von den insgesamt 900.000 Euro ergaunerten Rezeptfälschungen und Teilen einer Erbschaft hatte sie ein Haus gekauft, in das sie mit ihrer Familie einziehen wollte.

Über die Familienverhältnisse sollte nie etwas an die Öffentlichkeit dringen. Im Gegenteil: Die Frau kaufte etliche Luxusgüter, um einen Schein zu wahren, den es nie gab. Zum Teil hatte sie 15.000 Euro pro Monat zur Verfügung, um teure Handtaschen oder Kleidung in Luxusgeschäften zu kaufen.

Erste Zweifel

Um an das Geld zu kommen, fälschte die Angeklagte Rezepte mittels einer Folie, eines Farbdruckers und einer Nagelschere. Die vermeintlichen Originale reichte sie dann beim Niedersächsischen Landesamt für Bezüge und Versorgung (NLBV) ein. Dort kamen schon 2005 Zweifel an der Echtheit der Rezepte auf. Eine Prüfung durch das Gesundheitsamt sei aber ein Jahr später wegen Personalmangels nicht zustande gekommen. 2010 befand das Gesundheitsamt sogar, dass die Frau die Medikamente benötigen würde.

Die Lehrerin besorgte sich die Rezepte bei drei Osnabrücker Ärzten und kopierte sie zu Hause. Die Richterin wunderte sich darüber, dass die hohe Anzahl an Medikamenten bei keiner Behörde aufgefallen sei. «So viel Medizin kann doch niemand konsumieren.» Im NLBV hieß es lange Zeit, man solle die Finger von dem Fall lassen. Schließlich wurde es einer Mitarbeiterin zu bunt. Sie rief die drei Ärzte an und der Schwindel flog auf.

Die Angeklagte sei beim Ermittlungsverfahren hilfreich und geständig gewesen. Sie habe auch sofort zugestimmt, den Schaden wieder gutmachen zu wollen, berücksichtigte die Vorsitzende Richterin. Heute lebt die Verurteilte von 1300 Euro im Monat. Durch eine Versteigerung der Luxusgüter und den Verkauf des Hauses sind 700.000 Euro zusammen gekommen. Ihre Rentenansprüche, auf die sie als Beamtin ein Recht gehabt hätte, sind aufgrund ihrer Haftstrafe verfallen. Neben dem Gang ins Gefängnis komme nun hinzu, dass ihr Fall publik geworden sei, sagte die Richterin. In dem Punkt beruhigte sie die Ex-Lehrerin jedoch: «Das öffentliche Interesse vergeht schneller als sie sich das heute vorstellen können.» Von Thomas Wübker

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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3 Kommentare
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Herr Mückenfuß
5 Jahre zuvor

Vermutlich war es eine schlechtbezahlte Grundschullehrerin? Sie hätte Erzieher werden sollen, die sollen ja bald mehr verdienen.

Ups, aber das würde dann sicherlich auch nicht reichen?! 🙂

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Herr Mückenfuß

„Realschullehrerin“ steht im Artikel.

Krokodilstreichler
5 Jahre zuvor

Als Lehrerin kann man eh nicht zur oberen Gesellschaft dazugehören, außer man ist zufällig in sie hineingeboren. Da sollte man sich keine Illusionen machen. Da sind die Ärzte, Anwälte, Richter, Manager etc. strikt abgrenzend. Luxusausgaben verstärkt da noch den Geruch des Nichtdazugehörenden.