Prozess um Rückmeldegebühren: «Eine Frage der Gerechtigkeit»

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POTSDAM. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Bundesländern erhobene Rückmeldegebühren für Studenten für rechtswidrig erklärt. Doch anders als Berlin will Brandenburg die Gebühren nicht erstatten. Nun kommt es zum Prozess vor dem Potsdamer Verwaltungsgericht.

Im Streit um verfassungswidrige Rückmeldegebühren an Brandenburger Hochschulen hat das Verwaltungsgericht Potsdam am Freitag (29. März) einen Prozess angesetzt. Dies sei das erste Verfahren über Klagen von zwei Studenten, die erst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erhoben wurden, sagte der Potsdamer Rechtsanwalt Falko Drescher. Das oberste Gericht hatte im Januar 2017 die Rückmeldegebühren für die Jahre 2001 bis 2008 für rechtswidrig erklärt.

Eine reine „Rückmeldegebühr“ hatte das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen. Foto: aufgehts2013 / flickr (CC BY 2.0)
Eine reine „Rückmeldegebühr“ hatte das Bundesverfassungsgericht kassiert, doch das Land Brandenburg lehnt eine Rückerstattung ab. Foto: aufgehts2013 / flickr (CC BY 2.0)

Doch das Brandenburger Wissenschaftsministerium hat erklärt, dass nur etwa 65 Studenten, die nach Zahlung der Gebühren fristgerecht geklagt hätten, Anspruch auf Rückzahlung der Gebühren in Höhe von 51 Euro pro Semester hätten. In den übrigen Fällen sind die Ansprüche der Studenten aus Sicht des Ministeriums spätestens seit Ende 2012 verjährt.

Drescher vertritt vor dem Verwaltungsgericht die ehemalige Potsdamer Studentin Claudia Engel, die Gebühren in Höhe von rund 800 Euro zurückfordert. Aus Sicht von Drescher kann eine Verjährung der Rückzahlungsansprüche frühestens nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts beginnen. «Es ist einhellig in der Rechtssprechung, dass eine Verjährung erst dann beginnen kann, wenn eine Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist», meinte der Anwalt. Dann könnten die Betroffenen noch bis Ende 2020 Klage einreichen.

Nach Angaben des Allgemeinen Studentenausschusses (AStA) der Uni Potsdam geht es um bis zu 50 000 Studenten, die eine Summe von insgesamt 30 Millionen Euro fordern könnten. In den einzelnen Fällen könnten je nach Studiendauer Summen zwischen mehreren hundert und rund tausend Euro fällig werden.

Die Brandenburger Landesregierung stellt sich mit ihrem Vorgehen auch gegen die Praxis in Berlin. Dort hatte das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2013 die Rückmeldegebühren für die Jahre 1996 bis 2004 für rechtswidrig erklärt. Danach zahlte das Land Berlin insgesamt 44 Millionen Euro an mehr als 80 000 ehemalige Studenten zurück.

«Berlin hat eine andere Rechtsgrundlage als Brandenburg», sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding zur Erklärung. «In Brandenburg verjährt der Anspruch vier Jahre nach Zahlung der Gebühr», meinte Breiding. «In Berlin beginnt die Verjährungsfrist ein Jahr, nachdem der Erstattungsanspruch bekannt wurde – also nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts.» Daher müsse Brandenburg anders handeln als Berlin.

Ihr gehe es in erster Linie nicht um das Geld, betonte die Klägerin Engel. «Ich mache das auch aus Prinzip, das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit», sagte die 42-Jährige. «Ich fühle mich mit der ganzen Trickserei an der Nase herumgeführt.» Im Falle eines Scheiterns vor dem Verwaltungsgericht werde sie auf jeden Fall in die nächste Instanz gehen.

Die Gebühr wird an den Brandenburger Hochschulen immer noch erhoben. Doch seit 2009 heißt sie «Rückmelde- und Verwaltungsgebühr». Damit umfasst sie weitere Verwaltungskosten und ist damit bislang rechtlich nicht umstritten. (dpa)

Brandenburg: Rot-Rot uneins bei Rückmeldegebühren für Studenten

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