„Kita“ soll gestrichen werden – Petition will den Begriff „Kindergarten“ retten

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ERFURT. Seit dem 19. Jahrhundert ist das Konzept des Kindergartens ein weltweiter Exportschlager aus Thüringen – ebenso wie das Wort. Aber ausgerechnet in Deutschland wird die Bezeichnung mehr und mehr ersetzt.

Warum heißen Kindergärten in Deutschland eigentlich offiziell nicht mehr „Kindergarten“? Foto: Shutterstock

Die Initiatoren einer Petition zur verstärkten Nutzung des Wortes «Kindergarten» zielen mit ihrem Vorstoß nicht nur auf Thüringen. Das Land solle sich auch auf Bundesebene dafür einsetzen, dass überall in Deutschland – etwa in Gesetzestexten und Bildungsplänen – die Bezeichnung Kindergarten statt Formulierungen wie Kindertageseinrichtung oder Kita benutzt werde. Das sagte der Einreicher der Petition, Frank Persike, bei einer Anhörung vor dem Petitionsausschuss des Thüringer Landtages. Die Kultusministerkonferenz oder der Bundesrat seien die richtigen Gremien, um den Forderungen der Petition überall in Deutschland Gehör zu verschaffen.

Die Petition trägt den Titel «Die Welt spricht Kindergarten». Eines der zentralen Argumente der Initiatoren lautet, dass das Wort Kindergarten bereits in mehr als 40 Sprachen unverändert übernommen worden sei, während es ausgerechnet in seinem Ursprungsland allmählich durch Begriffe verdrängt werde, die aus der Verwaltungssprache stammten – „Kindertagesstätte“ oder kurz „Kita“.

Das Konzept des Kindergartens war von Friedrich Fröbel im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert geprägt worden. Fröbel wurde 1782 in Oberweißbach in Ostthüringen geboren. Im nicht weit entfernten Bad Blankenburg lebte und arbeitete Fröbel dann jahrelang. 1839 gründete er dort eine sogenannten Spiel- und Beschäftigungsanstalt für Kinder, für die er 1840 den Namen Kindergarten ersann.

Während der Anhörung vor dem Petitionsausschuss machten Persike und seine Unterstützter auch deutlich, dass es ihnen um mehr als bloße Sprachpflege gehe. Hinter der Bezeichnung Kindergarten stehe ein pädagogisches Konzept, das im 19. Jahrhundert revolutionär gewesen und bis heute aktuell sei, hieß es. Wesentlich für die Ideen Fröbels sei, dass Kinder von Erwachsenen nicht nur betreut, sondern auch gebildet werden sollten – und zwar durch kindliches Spielen.

«Wie viele Millionen Menschen sind durch das kindliche Spiel inspiriert worden, auch für ihr ganzes Leben?», sagte der Pädagoge Matthias Brodbeck. Wiederholt verwiesen die Unterstützter der Petition darauf, dass mit der Pflege des Wortes Kindergarten auch die Überzeugung gestärkt werde, dass Kinder eigenständige Persönlichkeiten seien, die es zu fördern gelte.

Zudem habe Fröbel mit seinem Konzept auch einen Beitrag zur Emanzipation der Frau geleistet, sagte Brodbeck. Der erste Ausbildungsberuf für Frauen in Deutschland sei der der Kindergärtnerin gewesen.

Während der Sitzung des Ausschusses wurde auch die Idee diskutiert, Thüringer Kindertagesstätten, die das Bildungskonzept Fröbels anwenden, mit der Betriebserlaubnis dazu zu verpflichten, sich Kindergarten zu nennen. Wie und ob sich das in der Verwaltungspraxis durchsetzen ließe, blieb allerdings offen. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

 

Deutschlands ältester Kindergarten wird 170 Jahre alt

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3 Kommentare
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Herr Mückenfuß
4 Jahre zuvor

Einen deutschen Begriff durch einen anderen deutschen Begriff zu ersetzen, aber daneben alles Mögliche auf Englisch zu benennen, obwohl es dafür deutsche Begriffe gibt, finde ich seltsam.

Angelika Mauel
4 Jahre zuvor

Für die Kinder ist es wurscht, wie wir die Institution nennen, in der sie ihre „schöne Kindergarten- oder -Kitazeit“ unter Raumnot, Personalmangel für viele Stunden des Tages verbringen.

Für die Rückbesinnung auf den Begriff „Kindergarten“ spricht jedoch, dass in ihm der für das Spiel der Kinder wirklich wichtige GARTEN Erwähnung findet. Zu viele Erwachsene sind bereit, Kompromisse zugunsten des Wohls der Kinder einzugehen.
KIndergärten ohne Garten! – Das ist asozial gegenüber Kindern und wurde in den letzten Jahren immer öfter durch einr Betriebserlaubnis ermöglicht..

Was ist nur mit unserer Gesellschaft los, wenn sogar unter der Trägerschaft des Kinderschutzbundes (Ortsverband Stuttgart) für Kinder einer Krippe weniger Platz vorgesehen ist als für ein Biohuhn, dem im Auslauf 4 qm zur Verfügung stehen müssen. https://utopia.de/ratgeber/kaufberatung-ei-bio-freiland-eier/?utm_source=Utopia-Aktionen&utm_campaign=554b4d9a3c-ANL_enorm-GS_190323&utm_medium=email&utm_term=0_dceee325e5-554b4d9a3
http://www.kindergartenkritik.de/blog/nobody-is-perfect

Weiß jemand, wie es um die Außengelände der Fröbel-Kindergärten bestellt ist? Haben wirklich alle Krippen und Kitas einen Garten? Und wenn ja, ist er auch immer so groß, dass Familien und Erzieher damit zufrieden sein können?

Angelika Mauel
4 Jahre zuvor

„Kompromisse zum Schaden der Kinder“ habe ich gemeint. Wie absurd es um die „Frühkindliche Bildung“ bestellt ist, zeigt die viel zu unbekannte Resolution der Deutschen Gartenamtseiterkonferenz und des Bündnis Recht auf Spiel, die auf der Seite des Kinderhilfswerks zu finden ist: https://www.dkhw.de/schwerpunkte/spiel-und-bewegung/politische-arbeit/keine-kitas-ohne-aussenflaechen/

„Im Berliner Bezirk Pankow beispielsweise ist ein Zustand erreicht, bei dem 10 Kindertagesstätten gezwungen sind, sich einen öffentlichen Spielplatz zu teilen.“ – Warum ist eine solche Misere kein Anlass für die bekannten Kinderschutzverbände gemeinsam und mit viel Nachdruck auf die skandalös miesen Betreuungskonditionen für Kinder aufmerksam zu machen?

Vielleicht bringt die Petition doch noch einiges in Bewegung…