Ist das sinnvoll? „Gute-Kita“-Gelder kommen auch wohlhabenden Familien zugute

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BERLIN. Kurz vor Weihnachten beginnen sich die Kassen der Länder mit den lang ersehnten Kita-Milliarden zu füllen. Die Auszahlung der Mittel aus dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz startet. Allerdings gibt es an der Verwendung der Gelder auch Kritik.

Wäre es nicht sinnvoller, die zusätzlichen Milliarden in die Qualität zu investieren? Shutterstock

Der Bund beginnt an diesem Montag nach Angaben des Finanzministeriums mit der Auszahlung der Milliarden aus dem sogenannten Gute-Kita-Gesetz an die Länder. Vereinbart ist, dass sie ab jetzt einen größeren Anteil aus den Umsatzsteuereinnahmen bekommen. Insgesamt sind es 5,5 Milliarden Euro bis 2022. Über die Verwendung der Gelder hatte jedes Bundesland mit dem Bund einen eigenen Vertrag geschlossen.

Sinnvoller: in Ausbildung und Bezahlung der Erzieherinnen zu investieren

Nach Ansicht der Bildungsforscherin Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) wurden dabei allerdings teilweise falsche Prioritäten gesetzt. Zahlreiche Bundesländer würden die Mittel des Bundes auch verwenden, um alle Familien von Gebühren zu entlasten. «Ein solcher Ansatz ist weniger sinnvoll», sagte Spieß im Gespräch. Sie verwies auf Umfragen, wonach Familien mit höheren Einkommen teilweise sogar bereit seien, noch mehr für eine Kita zu bezahlen als bisher. Diese Ressourcen hätten in weitere Qualitätsmaßnahmen investiert werden sollen, sagte Spieß.

Konkret plädierte sie dafür, statt in Gebührensenkungen für alle, mehr in die Aus- und Weiterbildung sowie in die Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher zu investieren, denn die pädagogischen Fachkräfte seien die zentralen Akteure, um Qualität zu gewährleisten. «Dies könnte auch dazu beitragen, dass sich mittelfristig mehr Menschen für diesen wichtigen Beruf entscheiden.»

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Die Bundesländer konnten im Rahmen des Kita-Gesetzes aus verschiedenen Bereichen – sogenannten Handlungsfeldern – auswählen, in denen sie ihre Einrichtungen mit Hilfe der Bundesmittel stärker unterstützen wollen: Das kann die Schaffung von mehr Erzieherstellen sein, eine höhere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher, längere Öffnungszeiten, die Neugestaltung von Räumen und Spielflächen, aber auch die Senkung von Kita-Gebühren.

Einheitliche Mindeststandards für Kita-Qualität? In weiter Ferne

Die SPD verteidigte die Gebührensenkungen grundsätzlich. «Jedes Kind in Deutschland soll unabhängig vom Einkommen der Eltern die beste Betreuung bekommen», sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Katja Mast. Es sei auch eine Frage der Qualität, wenn der Zugang zur Kita nicht vom Geldbeutel der Eltern abhänge.

Auch die Bundeselternsprecherin für Kitas, Ulrike Grosser-Röthig, verteidigte die Gebührenbefreiung: «Es nützt uns nichts, gute Kitas zu haben, die sich aber nur wenige Menschen leisten können.» Wichtig seien Investitionen sowohl in Qualität als auch eine Gebührenbefreiung. «Dieser Weg der Parallelität muss weitergegangen werden.» Vom Bund forderte sie eine Erhöhung der Mittel für die Länder und dass das Geld auch über das Jahr 2022 hinaus fließt.

Spieß nannte es einen guten Ansatz, «endlich ein Bundesgesetz zu haben, das sich der Qualität in der Kindertagesbetreuung widmet». Sie sieht allerdings auch die Gefahr, dass dadurch die Qualitätsunterschiede in der Kindertagesbetreuung noch größer werden könnten. «Die Verträge zwischen dem Bund und den Ländern zeigen, dass die Bundesländer teilweise sehr unterschiedliche Handlungsfelder ausgewählt haben. Die Hoffnung vieler, dass mit dem Gesetz einheitliche Mindeststandards gesetzt werden, wurde somit nicht erfüllt.» dpa

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2 Kommentare
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Pälzer
4 Jahre zuvor

Richtig spannend wird es ökonomisch erst, wenn die Steuereinnahmen aus der Automobilindustrie abnehmen werden.

amaria
4 Jahre zuvor

Wir haben immer noch kein Gesetz, dass sich der Qualität in Kindertagesstätten „widmet“. Ein echtes Bundeskitaqualitätsgesetz hätten unsere Politiker gar nicht verabschieden können, weil mit seiner Geltung etlichen Kitas die Betriebserlaubnis entzogen werden müsste. Viele Kitas bieten Kindern drinnen oder draußen oder draußen und drinnen viel zu wenig Platz.

Schade, dass Erzieherinnen nicht scharenweise fordern, dass die Bezeichnung „Gute-Kita-Gesetz“ durch etwas Ernüchterndes ersetzt wird.