OSNABRÜCK. Eine angeblich hohe Zahl an Lehrern strebt aus Angst vor einer Corona-Ansteckung eine Befreiung vom Unterricht in der Schule an. Das sorge bei Ärzten für Verärgerung – sagt der Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, in einem Gespräch mit der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. Wörtlich erklärt er darin: “Es ist schon unverständlich, dass die Berufsgruppe der Lehrer für sich ein solches Schutzprivileg in Anspruch nimmt.” Zahlen, die den Vorwurf belegen würden, gibt es nicht.
Tatsächlich hatte in der vergangenen Woche auch die „Hessisch-Niedersächsische Allgemeine“ über einen Allgemeinmediziner aus dem Kreis Kassel berichtet, der sich über Lehrer auslässt. Sein – ebenfalls unbelegter – Vorwurf: „Viele Lehrer missbrauchen die Corona-Verordnungen, um nicht unterrichten zu müssen, obwohl sie nicht gefährdeter sind als andere.“ So habe beispielsweise ein Lehrer ein Attest haben wollen, der „vor drei Jahren mal ein Asthma-Spray verschrieben bekam“. 50-Jährige mit Bluthochdruck wollten angeblich vom Schuldienst freigestellt werden, so wie es die Verordnungen des Robert-Koch-Instituts vorsehen.
Der Arzt hält das für ungerecht gegenüber Vertretern anderer Berufe: „Medizinische Mitarbeiter arbeiten auch mit Bluthochdruck. Keiner ist zu Hause geblieben. Dabei ist man dem Risiko dort doch viel mehr ausgesetzt als in der Schule“, so zitiert ihn das Blatt.
Nehmen Lehrer “Schutzprivileg für sich in Anspruch”?
Kinderarzt-Präsident Fischbach schlägt nun in die gleiche Kerbe, in dem er von wachsendem Unmut in den Praxen über Lehrer spricht. „Es ist schon unverständlich, dass die Berufsgruppe der Lehrer für sich ein solches Schutzprivileg in Anspruch nimmt”, sagt er. Andere Berufsgruppen würden „tatsächlich kranke Patienten versorgen” und wiesen wie die Kinderärzte ein wesentlich höheres Durchschnittsalter als Lehrer auf. Ungeachtet dessen würden sie „an der Gesundheitsfront nach wie vor ihren Mann stehen”,meint Fischbach.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte gehört zu den vier medizinischen Fachgesellschaften, die gestern mit einer Stellungnahme, in der sie eine weitgehende und zeitnahe Öffnung von Kitas und Schulen fordern, für Schlagzeilen gesorgt haben (News4teachers berichtet ausführlich über die Forderung und die Reaktionen darauf – hier nachzulesen). „Kitas und Schulen können wieder uneingeschränkt öffnen, ohne dass massive Einschränkungen durch Kleinstgruppenbildung oder Abstandswahrung und Maskentragen nötig sind“, so heißt es in dem umstrittenen Papier.
Bis zu ein Drittel der Lehrer sind im Homeoffice
Je nach Bundesland nimmt nach Angaben der Kultusministerien bis zu ein Drittel der Lehrer gegenwärtig keinen Unterricht in der Schule wahr, weil sie aufgrund ihres Alters oder anderer persönlicher Umstände vom Präsenzunterricht befreit sind. Sie verrichten stattdessen Arbeiten für die Schule von zu Hause aus, soweit dies angefordert wird und möglich ist. In Niedersachsen liegt der Anteil nach einer Erhebung des Kultusministeriums bei rund 20 Prozent. News4teachers / mit Material der dpa
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