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Bildungsministerin schreibt an alle Schulen: Abstandsregel ist einzuhalten – im Lehrerzimmer

SCHWERIN. Mecklenburg-Vorpommern war das erste Bundesland, das aus den Sommerferien kam. Seit Anfang vergangener Woche läuft dort der Unterricht wieder im weitgehenden Normalbetrieb. Heißt: ohne die außerhalb der Schule weiterhin geltende Abstandsregel. Tatsächlich melden immer mehr Schulen Corona-Fälle unter Schülern oder Lehrern. In einem Schreiben weist das Bildungsministerium deshalb darauf hin, dass die Abstandsregel unbedingt einzuhalten ist – unter Lehrern. 

Hat die Schulen als erste Kultusministerin in Deutschland nach den Sommerferien weit aufgemacht: Bettina Martin, Bildungsministerin von Mecklenburg-Vorpommern. Foto: Regierungsportal M-V / Ute Grabowsky

Das Coronavirus beeinträchtigt in weiteren Schulen Mecklenburg-Vorpommerns den Unterricht: Nach Fällen am Gymnasium in Ludwigslust und an zwei Schulen in Rostock wurde am Freitag jeweils eine Infektion an der Regionalen Schule in Schönberg (Landkreis Nordwestmecklenburg) und der Werner-von-Siemens-Regionalschule in Schwerin gemeldet. Fast 160 Schüler und Lehrer, die Kontakt mit den beiden Schülern hatten, müssen zwei Wochen zu Hause bleiben. Ansonsten sollen die beiden Schulen weiter offenstehen, wie die Behörden mitteilten.

Das Goethe-Gymnasium in Ludwigslust, das am Freitag vergangener Woche komplett geschlossen worden war, darf ab Montag wieder öffnen. Bei 205 Schülern und allen 55 Lehrern sei auch der zweite Test negativ ausgefallen, teilte der Landkreis Ludwigslust-Parchim mit. Sie müssten trotzdem bis Sonntag in Quarantäne bleiben, weil es immer noch ein Restrisiko gebe. Dadurch fällt für 16 Ludwigsluster Gymnasiasten ihre für Samstag geplante Jugendweihe zum zweiten Mal aus. Sie war bereits im Frühjahr im Lock-down verschoben worden. An dem Gymnasium waren drei Lehrer infiziert.

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Zweiwöchige Quarantäne für Schüler und Lehrer

In Schönberg müssen die fünften und sechsten Klassen – zusammen 110 Kinder – sowie sechs Lehrer und ein Betreuer in Quarantäne. Alle betroffenen Lehrer und Schüler sollen am Montag getestet werden. Die zweiwöchige Quarantäne soll auch dann bestehen bleiben, wenn alle diese Tests negativ ausfallen.

Das Kind hat sich nach bisherigen Erkenntnissen wahrscheinlich im Familienkreis mit dem Coronavirus angesteckt. Landrätin Kerstin Weiss (SPD) appellierte an die Bevölkerung, weiterhin Abstand zu halten und Mund-Nasen-Bedeckungen zu tragen, wo es angeordnet ist. «Ein infizierter Fall, über 100 Menschen in Quarantäne: Das zeigt, wie schnell es gehen kann», sagte sie. In den weiterführenden Schulen von Mecklenburg-Vorpommern gilt eine Maskenpflicht – aber nur außerhalb des Unterrichts. Die Abstandsregel wurde aufgehoben.

In Schwerin wurden neben dem infizierten Siebtklässler 42 weitere Schüler und Lehrer unter Quarantäne gestellt. «Die übrigen Schüler und Lehrer, die nicht vom Gesundheitsamt informiert worden sind, gelten nicht als Kontaktperson ersten Grades und müssen nicht in Quarantäne», sagte Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD). Die Familie des Schülers habe sich nach Bekanntwerden eines Corona-Falles im privaten Umfeld vorbildlich verhalten und damit eine größere Ausbreitung verhindert, lobte Badenschier, der selbst Arzt ist.

Ihm zufolge war die Familie bei einem Familienfest. Als ein anderer Festteilnehmer später erfuhr, dass er infiziert ist und die Schweriner Familie informierte, habe sich diese sofort selbst in Isolation begeben und sich testen lassen. Bei dem Jungen und seiner Mutter sei der Test positiv ausgefallen. «Durch dieses umsichtige Verhalten ist wertvolle Zeit gewonnen worden», lobte das Stadtoberhaupt.

Mindestabstand gilt unter Lehrern, aber nicht im Unterricht

Nach den Corona-Infektionen an mehreren Schulen pocht das Bildungsministerium nach einem Bericht des NDR auf die Einhaltung des Mindestabstands auch unter Lehrkräften. Im Umgang mit Dienstberatungen und Fortbildungen gebe es offenbar noch Unsicherheiten, heißt es in einem Schreiben an alle Schulen. Der Mindestabstand von 1,5 Metern gelte auch in Lehrerzimmern, Sekretariaten und anderen Räumen der Schule – außerhalb des Unterrichtes. Bei Beratungen müsse dieser Abstand jederzeit sichergestellt sein. Die Gespräche könnten auch ins Freie verlegt oder als Telefonkonferenz organisiert werden, so das Ministerium.

Auch für Elternversammlungen gebe es jetzt Hygienehinweise, heißt es. Demnach müssen Schulen jede Elternversammlung bei ihrem Gesundheitsamt anmelden und den Mindestabstand zwischen den Vertretern verschiedener Familien jederzeit garantieren. Schüler und Eltern dürfen nicht gemeinsam tagen, bei den Wahlen der Schülersprecher und Schülerräte dürfen die sogenannten Hygienegruppen der Schüler nicht gemischt werden.

Schüler soll zuhause räumlich getrennt werden

Die Corona-Quarantäne-Anordnungen für Kinder sorgen unterdessen im Landkreis Ludwigslust-Parchim für Aufregung. Eine Mutter beschwerte sich in der «Schweriner Volkszeitung» über die Anweisungen für ihr Kind, das im Gymnasium Ludwigslust Kontakt zu einem infizierten Lehrer der Schule hatte und vorsorglich wie 204 andere Schüler auch in häusliche Isolation geschickt wurde. Der Anordnung zufolge soll das Kind nur minimalen Kontakt zu Geschwistern und Eltern haben und räumlich getrennt werden. Bei Zuwiderhandlung wird angedroht, das Kind in einer geeigneten Einrichtung unterzubringen.

Landkreissprecher Andreas Bonin sagte, die Anordnungen müssten rechtsfest sein, wozu auch die Androhung von Konsequenzen bei Zuwiderhandlung gehöre. Alle Familien würden im Fall einer Quarantäne-Anordnung für ihr Kind jedoch vorher vom Gesundheitsamt angerufen, ihnen werde alles freundlich erklärt und es werde der Bescheid angekündigt. Ein Elternteil könne sich auch in freiwillige Quarantäne begeben, um intensiv beim Kind sein zu können. In einem solchen Fall sei eine Entschädigung für den eventuellen Lohnausfall möglich.

Die Quarantäne-Anordnungen ähneln sich bundesweit, wie Bonin erklärte. Auch in anderen Bundesländern hatten sich Eltern irritiert über die Härte der Formulierungen gezeigt. Der Kinderschutzbund Mecklenburg-Vorpommern kritisierte die strengen Anordnungen in der «Schweriner Volkszeitung»: Die Quarantäne sei ohnehin für Familien belastend. Kinder in dieser Phase von ihren Eltern und Geschwistern zu isolieren, sei unverhältnismäßig.

Das Blatt zitierte Landesgeschäftsführer Carsten Spieß mit den Worten: «Es kann nicht sein, dass das Kindeswohl zugunsten des Infektionsschutzes in diesem Ausmaß zurücktreten muss.» News4teachers / mit Material der dpa

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