KIEL. Das Verwaltungsgericht Schleswig untersagt dem Bildungsministerium, eine lungenkranke Lehrerin zum Schuljahresstart trotz Corona-Pandemie im Präsenzunterricht einzusetzen. Der Beschluss ist vorläufig. Insgesamt 20 solcher Verfahren sind in Schleswig-Holstein anhängig. Von landesweit 1.600 Betroffenen, die Atteste vorgelegt hätten, sind nach Angaben der GEW bislang lediglich 32 Lehrer als schutzbedürftig anerkannt worden.
Eine Lehrerin in Schleswig-Holstein, die wegen einer Lungenerkrankung zu den Corona-Risikogruppen gehört, muss nach einem Gerichtsbeschluss vorerst nicht in der Schule Präsenzunterricht geben. Das Verwaltungsgericht in Schleswig untersagte am Donnerstag dem Kieler Bildungsministerium, die Lehrerin aus dem Kreis Segeberg bis zu einer endgültigen Entscheidung wie geplant einzusetzen.
Lehrer mit Vorerkrankungen benötigen Schutz
Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sind etwa 20 ähnliche Klagen beim Verwaltungsgericht sowie bei Arbeitsgerichten anhängig (News4teachers berichtete). Die Gewerkschaft unterstützt die betroffenen Lehrkräfte. Der jetzt gefasste Beschluss sei die erste Gerichstentscheidung hierzu in Schleswig-Holstein. Am Montag beginnt in dem Bundesland das neue Schuljahr.
Die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke forderte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) auf, angesichts der Gerichtsentscheidung «von ihrer bisherigen hartherzigen Linie» abzurücken. Lehrkräfte, die zu Risikogruppen gehörten und ärztliche Atteste vorlegten, hätten schwere Vorerkrankungen und bräuchten wegen ihres gesundheitlichen Risikos einen besonderen Schutz bei ihrem Arbeitseinsatz. «Denn bei ihnen ist im Falle einer Infektion mit einem wesentlich bedrohlicherem Krankheitsverlauf zu rechnen», betonte Henke. Dem dürfe das Bildungsministerium nicht mit pauschalen Ablehnungen ohne ernsthafte individuelle Prüfungen begegnen.
Amtsärztlicher Dienst hat erst 32 Unterrichtsbefreiungen ausgesprochen
Rund 1600 Lehrer haben in Schleswig-Holstein Atteste vorgelegt, dass sie zu Corona-Risikogruppen gehören und deshalb derzeit nicht direkt Schüler unterrichten könnten. Der betriebsärztliche Dienst hat nach den bisher bekannten Zahlen 780 Fälle geprüft und lediglich 32 Unterrichtsbefreiungen ausgesprochen.
Ministerin Prien hatte am Mittwoch vor der Presse noch einmal bekräftigt, dass Lehrer wegen der geringen Infektionszahlen in Schleswig-Holstein kein größeres Risiko in der Schule hätten als andere Berufsgruppen. Ihr sei die Gesundheit und das Wohlergehen der Lehrkräfte sehr wichtig. Die Gefährdungsbewertungen des betriebsärztlichen Dienstes orientierten sich an den Gegebenheiten des jeweiligen Arbeitsplatzes – und dies gelte es zu respektieren.
Betroffene Lehrer sehen mit Sorgen dem Schulstart entgegen
Henke dagegen: „Sorgenvoll blicken gerade Angehörige von Risikogruppen dem Schulstart entgegen, zwingt das Land sie doch trotz teilweise schwerer Vorerkrankungen ungeschützt in den Präsenzunterricht.“
Weiter betont sie: „Während Frau Prien den Eindruck erweckt, als müssten diese Lehrerinnen und Lehrer keinen Präsenzunterricht erteilen, lässt sie diese Gruppe in Wirklichkeit durch ihren arbeitsmedizinische Dienst wegdefinieren. Warum die Bildungsministerin jedoch auf der einen Seite alle Beteiligten vor der besonderen Brisanz des Schulstarts warnt, auf der anderen Seite aber überhaupt kein Risiko für vorerkrankte Beschäftigte sieht, bleibt ihr Geheimnis. Jegliche Gefährdung wird negiert, ein besonders geschützter Einsatz verwehrt.“ News4teachers / mit Material der dpa
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