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Streit um längere Weihnachtsferien als Corona-Schutz – “Scheinsicherheit”

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BERLIN. Zwei Tage mehr Weihnachtsferien, um das Fest der Liebe vor Corona zu schützen? Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Laschet preschte damit vor. Andere wollen nicht mitziehen. Der Verband lehrer nrw äußert Verständnis für die Initiative der Landesregierung – meint aber auch: Längere Ferien reichen als Infektionsschutz für Lehrer und Schüler nicht. Die Landesregierung müsse endlich einen Plan B vorlegen, der bei weiter steigenden Infektionszahlen greift. 

Sind frühere Weihnachtsferien ein wirksamer Schutz gegen Corona? Foto: Shutterstock

Längere Weihnachtsferien zum Schutz vor Corona wie in Nordrhein-Westfalen soll es in mehreren anderen Bundesländern nicht geben. NRW will damit Familien besser vor einer Corona-Infektion rund um Weihnachten schützen. Andere Länder halten wenig von der Idee. Es geht darum, ob der letzte Schultag Freitag, 18. Dezember, oder Dienstag, 22. Dezember, ist. In neun Ländern fangen die Ferien ohnehin bereits am 21. Dezember an.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte am Dienstag einen früheren Beginn der Winterschulferien in NRW um zwei Tage ins Spiel gebracht. «Die Idee ist nicht schlecht.» Hintergrund der Überlegungen ist, dass die Menschen einige Tage vor Weihnachten die Kontakte möglichst beschränken sollten, damit es bei den Familienfeiern nicht zu Ansteckungen kommt. Am Mittwoch gab NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) das Vorziehen bekannt.

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Längere Weihnachtsferien? Für Alleinerziehende “eine Hiobsbotschaft”

Prompt regte sich Protest. Die Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Maike Finnern, sagte: «Aus Sicht der Familien kann die Maßnahme nur dann sinnvoll sein, wenn die Betreuung der Kinder gesichert ist und wenn sie wirklich die Zeit als vorgezogene Quarantäne nutzen, um zum Weihnachtsfest möglichst infektionsfrei zu sein.» Nicola Stroop, Vorstand des Verbands alleinerziehender Mütter und Väter in NRW, nannte den Schritt «für Alleinerziehende eine Hiobsbotschaft».

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hingegen sprach im RBB-Inforadio von «einem pragmatischen Ansatz, den man diskutieren, den man machen kann». Planbarkeit für Eltern, Kinder, Lehrer und Erzieher sei wichtig.

Auch in Baden-Württemberg könnten die Schüler früher in die Weihnachtsferien starten – möglicherweise. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will das in die Verantwortung der Schulen geben und rief diese auf, die Weihnachtsferien durch bewegliche Ferientage um zwei Tage nach vorne zu verlängern. «Das ist sicher ein kluges Vorgehen, für das vieles spricht», sagte Eisenmann der «Südwest Presse». Die Entscheidung müssten aber die Schulen vor Ort treffen, das Vorgehen müsse örtlich einheitlich geregelt werden.

Sachsens Kultusminister: “Wir haben dann ein veritables Betreuungsproblem”

Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) sagte hingegen: «Wir haben dann ein veritables Betreuungsproblem.» Familien hätten ihre Planungen mittlerweile abgeschlossen, auch ihre entsprechenden Urlaubsplanungen gemacht. Eisenmann riet Familien davon ab, die gewonnene Zeit bis zum 9. Januar für einen Urlaub zu nutzen.

Niedersachsen hält von einem Vorziehen nicht. Zwischen dem letzten Schultag und Heiligabend lägen dann lediglich fünf Tage – weniger als die Inkubationszeit von SARS-CoV-2 nach den aktuellen Erkenntnissen. «Die Botschaft von Scheinsicherheit zu senden, das können wir so nicht verantworten», sagte eine Ministeriumssprecher. Sollte sich die Erkenntnislage ändern, schließe man das aber nicht aus. Auch in Bremen ist das derzeit kein Thema, wie eine Sprecherin der Schulbehörde deutlich machte.

In einer am Donnerstag veröffentlichten repräsentativen YouGov-Umfrage stimmten 63 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass es dieses Jahr einen bundesweit einheitlichen Beginn der Weihnachtsferien ab dem 21. Dezember geben sollte, damit eine längere Quarantäne-Zeit vor den Festtagen für die Schüler gewährleistet werden kann. 15 Prozent stimmten der Aussage nicht zu – 22 Prozent machten keine Angaben.

Lehrerverband: Die Stimmung an den Schulen ist von Sorge und Unsicherheit geprägt

Der Verband lehrer nrw äußerte Verständnis für das Vorziehen der Weihnachtsferien im größten Bundesland. “Allerdings bringt dies für einige Schulen und Familien organisatorische Herausforderungen mit sich, etwa im Hinblick auf die Notbetreuung oder eventuell anstehende Klassenarbeiten. Hier muss das Schulministerium schnell Klarheit schaffen“, erklärt die Brigitte Balbach.

Lösungen erwarteten Lehrkräfte, Schüler und Eltern jedoch nicht nur mit Blick auf die Weihnachtsferien, sondern auch für heute und morgen. Derzeit sei die Stimmung an den Schulen von Sorge und Unsicherheit geprägt. „Die Landesregierung muss einen Plan B vorlegen. Hierbei gilt: Pragmatismus vor Dogmatismus, Gesundheitsschutz vor Ansteckungsgefahr. Da, wo Präsenzunterricht in voller Klassenstärke nicht mehr möglich oder aufgrund des örtlichen Infektionsgeschehens zu riskant ist, muss es Alternativen geben, und zwar passend zu den Möglichkeiten der jeweiligen Schule und zur Infektionslage vor Ort“, betont Sven Christoffer, stellvertretender Vorsitzender von lehrer nrw und Vorsitzender des Hauptpersonalrats Realschulen.

Christoffer: „Vom gestaffelten Schulbeginn bis zum Wechsel aus Präsenz- und Distanzunterricht gibt es verschiedene Ansätze – Denkverbote darf es nicht geben. Das Schulministerium muss einen Rahmen vorgeben, in dem sich Schulen und Schulträger in Abstimmung mit den örtlichen Gesundheitsämtern bewegen können. Zum Stichwort Gesundheitsschutz gehört auch, dass Lehrkräfte angesichts der vielerorts sehr ausgedünnten Personaldecke bereits jetzt am Limit sind.“ News4teachers / mit Material der dpa

Jetzt doch: NRW startet wegen Corona früher in die Weihnachtsferien

 

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