HANNOVER. Das erste Bundesland zieht Konsequenzen aus dem Corona-Chaos für den Schulbetrieb nach den Weihnachtsferien: In Niedersachsen soll dann Wechselunterricht stattfinden. Ab Klasse 5 greift dieses sogenannte Szenario B, außer für Abiturienten. Grundschüler werden weiterhin in vollen Klassen, aber immerhin mit Maske unterrichtet. Der Plan gilt bis Halbjahresende am 31. Januar. Anschließend sollen womöglich neue Schwellenwerte greifen. Folgt Niedersachsen dann auch als erstes Bundesland den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts für die Schulen?
Schon wieder ein Wechsel für Schüler, Lehrkräfte und Eltern, was den Unterricht in Niedersachsen in Corona-Zeiten angeht: Nach den Weihnachtsferien soll der Schulbetrieb am 11. Januar unter Einschränkungen wieder starten, kündigte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) am Dienstag an. Die Jahrgänge 5 bis 12 sollen im Szenario B in geteilten Klassen unterrichtet werden, für angehende Abiturienten der 13. Klasse bleibt es beim Präsenzunterricht, allerdings mit einer Maskenpflicht auch im Unterricht.
Die Grundschulen bleiben im Präsenzbetrieb, jedoch mit einer Maskenpflicht für alle Kinder im Unterricht. Bei Infektionsfällen wechseln auch die betroffenen Grundschulen für 14 Tage ins Szenario B. Diese Regelung gilt bis zum Halbjahresende am 31. Januar.
«Wir erhöhen damit präventiv die Schutzvorkehrungen im Schulbereich und ziehen drei Wochen Sicherheitspuffer ein», sagte Minister Tonne. «Wir geben damit zudem Verlässlichkeit und Planbarkeit bis zum Ende des Schulhalbjahres.» Die Leitlinie bleibe: «So viel Bildung wie möglich, so viel Gesundheitsschutz wie nötig.»
Richtet sich Niedersachsen bald doch nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts?
Für das zweite Halbjahr soll dann wieder nach dem bisherigen Plan – abhängig von den Inzidenzzahlen – entweder mit vollen Klassen oder im Szenario B unterrichtet werden. Möglicherweise werden die Inzidenzwerte, ab denen unterschiedliche Szenarien greifen, noch verändert. Auch das reine Distanzlernen, das Szenario C, soll an einen Inzidenzwert gekoppelt werden. Tonne: „Wir prüfen, das Szenario C – das reine Distanzlernen – auszudefinieren und mit einem Inzidenzwert zu versehen. Und wir schauen zudem, ob wir auch bei den anderen festgelegten Inzidenzwerten Änderungen vornehmen werden. So oder so gilt auch für das kommende Schulhalbjahr, dass wir mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf informieren werden.“
In Niedersachsen gilt seit dem 1. Dezember ein Inzidenzwert von 200 Neuansteckungen auf 100.000 Einwohner in einer Woche als Grenze, ab der Wechselunterricht für Schüler ab der 7. Klasse in einer betroffenen Stadt oder einem betroffenen Landkreis eingeführt werden soll. Die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) hat Niedersachsen – wie alle anderen Bundesländer auch – bislang verworfen. Das RKI sieht ab einem Inzidenzwert von 50 grundsätzlich die Einführung der Abstandsregel im Klassenraum (in der Konsequenz: Wechselunterricht mit kleineren Lerngruppen) und eine Maskenpflicht im Unterricht für alle Jahrgänge vor.
Opposition und GEW kritisieren chaotische Schulpolitik – “Flut an Informationsschreiben und Weisungen”
Die Ankündigung zu den Einschränkungen des Schulbetriebs nach dem Jahreswechsel erreichte Schüler, Eltern und Lehrer nur wenige Tage, nachdem es mehrfach Ansagen vom Land sowie vom Bund zum Unterricht an den verbleibenden Tagen bis Weihnachten gegeben hatte.
Wie das Kultusministerium in Hannover klarstellte, bleibt es bei dem für Niedersachsen festgelegten Ablauf: In dieser Woche findet noch bis Freitag Unterricht statt, wobei es keine Präsenzpflicht mehr gibt und Schüler und Eltern sich für das Distanzlernen entscheiden können. Kinder, die noch in die Schule kommen, auch weil die Eltern kurzfristig keine Betreuung organisieren konnten, werden dort unterrichtet. Am Montag und Dienstag kommender Woche – ursprünglich die letzten beiden Schultage vor den Ferien, gibt es in den Schulen noch eine Notbetreuung, aber keinen Unterricht mehr.
Die Grünen kritisierten die Schulpolitik der Landesregierung in der Corona-Krise. In letztlich chaotischer Weise habe die Landesregierung in den vergangenen Wochen permanent immer neue Regeln erlassen und damit Schulen, Schülerschaft und Eltern völlig verunsichert, erklärten Landesvorstand und Fraktion am Dienstag. Nötig seien endlich eine Langfrist-Strategie und ein Stufenplan für Lockerungen. Der FDP-Abgeordnete Björn Försterling sprach von einem Scheitern der bisherigen Strategie des Kultusministers. Das im Wesentlichen auf das regelmäßige Lüften der Klassenräume gestützte Konzept reiche nicht aus, es müssten Luftreiniger für Klassenräume beschafft und digitale Angebote für Lehrkräfte und Schüler ausgebaut werden.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) begrüßte die Pläne des Ministers für den Unterricht bis Halbjahresende, Verlässlichkeit sei bitter nötig. «Unterschiedliche Aussagen aus Berlin und Hannover sowie die Flut an Informationsschreiben und Weisungen haben die Schulbeschäftigten und Eltern entnervt und über Gebühr belastet», sagte GEW-Landeschefin Laura Pooth. «Das muss 2021 dringend abgestellt werden.» News4teachers / mit Material der dpa