MÜNSTER. Ein erster orangefarbener Fleck auf der sonst roten NRW-Karte des Robert-Koch-Instituts: Münster hat am Sonntag erstmals seit Ende Oktober mit 41,5 wieder eine Sieben-Tage-Inzidenz unter dem Grenzwert von 50 ausgewiesen. Anfang des Monats lag der Wert noch bei über 100. Wirken also die Schutzmaßnahmen, die die Stadt im und um den Schulbetrieb herum ergriffen hat? Münster hat mobile Luftfilter für Klassenräume angeschafft, den Schulbusverkehr entzerrt und eine generelle Maskenpflicht für Lehrer auf dem Schulgelände erlassen. Letzteres musste allerdings nach einem Gerichtsbeschluss schon wieder aufgehoben werden.
„Die ungebrochenen Infektionsvorfälle an den Schulen führen uns zu der Verschärfung der Schutzmaßnahmen. Sie dienen der Gesundheit aller Beteiligten in den Schulen“, so hatte der Münsteraner Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer die Verschärfung begründet. Ab dem 23. November galt in Münster für Lehrkräfte und weiteres Schulpersonal auf dem gesamten Schulgelände eine Maskenpflicht, also auch im Unterricht. Die landesweit geltenden Ausnahmen – immer dann, wenn ein Abstand von 1,50 Metern eingehalten werden kann – wurden aufgehoben.
Oberbürgermeister: Die Stadt geht mit ihren Schutzmaßnahmen an Schulen über die Vorgaben des Landes hinaus
Die niedrigen Infektionszahlen seien mit Schutzmaßnahmen erreicht worden, die über die Vorgaben des Landes hinaus gegangen seien, sagte Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU). Daher sei die Entscheidung des Gerichts nur schwer nachvollziehbar. Lewe kündigte an, in Berufung gehen zu wollen – und forderte seinerseits das Schulministerium auf, die Regelung für landesweit alle Schulen zu übernehmen. Allerdings kann die generelle Maskenpflicht für Lehrkräfte sowie die gleichzeitig vom Münsteraner Krisenstab herausgegebene Empfehlung an die Kollegien der Grundschulen im Stadtgebiet, ihre Schüler auch im Unterricht zum Tragen einer Alltagsmaske anzuhalten, allein kaum ursächlich für das gesunkene Niveau an Neuansteckungen in der Stadt sein. Dafür war die Maßnahme wohl noch nicht lang genug in Kraft.
Andere Schutzmaßnahmen könnten sich dagegen bereits deutlicher ausgewirkt haben. Die Stadt hatte als eine der ersten Großstädte in Deutschland mobile Luftfilteranlagen für die Schulen angeschafft. Immerhin 300 davon sind in Klassenräumen im Einsatz, vor allem dort, wo nicht ausreichend gelüftet werden kann. 640.000 Euro hat die Investition in den Gesundheitsschutz von Lehrern und Schülern gekostet.
Und die Erfahrungen sind gut, wie es hieß: Die Anlagen stießen bei den Lehrerkollegien, Eltern- und Schülerschaften auf Akzeptanz. „Die Geräuschbelästigung ist moderat, der Unterricht wird nicht behindert und wir haben mehr Nachfrage als Geräte“, berichtete Stadtdirektor Thomas Paal. Ersten Studien zufolge könnten die Geräte die Corona-Viruslast in der Atemluft signifikant senken. Gelüftet werden müsse aber weiterhin. Paal, der zugleich Schuldezernent der Stadt Münster ist, sagte: „Das bedeutet: Die Luftfilteranlagen sind ein zusätzlicher Schutz dort, wo nicht richtig gelüftet werden kann. Aber sie ersetzen nicht die sonstigen Vorgaben zur Einhaltung von Abständen, zum Tragen von Alltagsmasken und die verschärften Hygienevorschriften.“ Nur zwei Wochen nach der Entscheidung zur Beschaffung der Geräte seien die Schulen schon mit den Geräten ausgestattet worden. Paal: „Uns ging es um eine schnelle und unbürokratische Lösung.“
Der Schülertransport am Morgen wurde entzerrt – durch einen versetzten Unterrichtsbeginn
Weitere Maßnahme der Stadt gegen die Ausbreitung des Coronavirus: Um die Situation der übervollen Schulbusse am Morgen zu entschärfen, hatte Münster den Unterrichtsbeginn entzerrt. In allen Gymnasien der Innenstadt beginnt er seit dem 12. November 30 Minuten später als bisher. Acht städtische Gymnasien, eines mitsamt einer Realschule, und die Bischöfliche Marienschule machen mit. Darüber hinaus wurden zusätzliche Busse bereitgestellt. Paal: „Dieses neue Schulstart-Regime war für alle Beteiligten eine große logistische Herausforderung, weil in diesem Zusammenhang auch Betreuungspersonal und Raumverteilungspläne neu sortiert werden mussten. Ich bedanke mich bei allen, die mitgeholfen haben, die neuen Uhrzeiten für den Unterrichtsbeginn zu ermöglichen. Ich bin davon überzeugt, dass wir damit gemeinsam zur Eindämmung der Pandemie beitragen.“
Trotzdem ist die Situation auch in Münster nach wie vor fragil. An den Schulen der Stadt haben sich im November (Stand: 27.11.) etwa 50 Schüler und 7 Lehrer mit Corona infiziert. Rund 1.500 Schülerinnen und Schüler sowie rund 70 Lehrkräfte wurden in diesem Zeitraum in Quarantäne geschickt, um zu verhindern, dass möglicher Weise infizierte Personen das Virus innerhalb von Schulen weiterverbreiten. Die Berufskollegs berichten in der Tendenz von mehr Infektionsfällen als andere Schulformen. Allein am Stichtag Dienstag, 24. November, waren dem Gesundheitsamt 24 Schülerinnen und Schüler sowie fünf Lehrer, OGS-Kräfte und Schulbegleiter bekannt, die infiziert waren. Am gleichen Stichtag waren 648 Schülerinnen und Schüler sowie 37 Lehrer, OGS-Kräfte und Schulbegleiter in Quarantäne.
Die Infektionsketten an den Schulen entwickeln sich sprunghaft – das Bild kann sich täglich ändern
Stadtdirektor Paal machte allerdings deutlich, dass die Aussagekraft solcher Daten begrenzt ist: „Derartige Zahlen unterliegen mehreren Ungenauigkeiten. Zum einen ist der Aufwand der Kontaktpersonendokumentation von Schule zu Schule unterschiedlich groß, so dass eine stichtagsgenaue Erfassung kaum möglich ist. Zum anderen sind die Zahlen starken Schwankungen ausgesetzt, weil die Infektionsketten vor Ort sich teilweise sehr sprunghaft und in jedem Fall unabhängig von Stichtagen entwickeln.“ Das zeigte sich bereits gestern: Die Sieben-Tage-Inzidenz für Münster stieg dann doch wieder auf 53,6, in den roten Bereich also. News4teachers / mit Material der dpa
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