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Schleswig-Holstein will künftig RKI-Empfehlung für Schulen befolgen – ab Klasse sieben

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KIEL. Der Lockdown in Schleswig-Holsteins Schulen geht weiter: Statt Präsenzunterricht ist bis Ende Januar «Lernen auf Distanz» angesagt – ausgenommen sind Abschlussjahrgänge. Und für die Jahrgangsstufen eins bis sechs wird eine Notbetreuung angeboten. Wie geht es danach weiter? Bildungsministerin Prien kündigte an, künftig ab einem Inzidenzwert von 50 Wechselunterricht vorzusehen – für ältere Schüler jedenfalls. Die GEW begrüßt das, der Philologenverband allerdings nicht.

Will unter einen Inzidenzwert von 50 kommen: Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien. Foto: Frank Peter / Staatskanzlei Schleswig-Holstein

Wegen der Corona-Bekämpfung werden die meisten Schüler in Schleswig-Holstein nach den Weihnachferien bis Ende Januar nicht in den Schulen unterrichtet. «Die Lage ist ernst», sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU) am Mittwoch in Kiel mit Blick auf die Pandemie-Lage. «Das Schiff “Schule” steckt in schwerer See.» Am Donnerstag und Freitag gibt es, wie bereits im November beschlossen, nach den Ferien zwei sogenannte Distanzlern-Übungstage. Von Montag (11.1.) an sollen die Schüler Unterricht per Videochats oder Lernmanagementsystem erhalten, der Präsenzunterricht in den Schulen ist ausgesetzt. Das gilt auch für die Berufsschulen.

Eine Ausnahme sind die Abschlussjahrgänge. Sie sollen ab Montag Lern- und Vorbereitungsangebote in den Schulen erhalten. «Die Angebote finden in Kleingruppen mit Abstand und Hygienekonzept statt und es gilt natürlich weiterhin die Maskenpflicht», betonte Prien. Wie schon im Frühjahr werde es auch eine Notbetreuung für Schüler der Jahrgangsstufen eins bis sechs geben. Die Schüler sollen dann in Kohorten in ihrer Schule betreut werden.

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Prien: “Wir streben diese niedrige Inzidenz insbesondere an, damit die Schulen wieder im Präsenzunterricht öffnen können”

Die Ministerin betonte, es könnte schon vor Ende Januar schrittweise zur Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts kommen. Voraussetzung sei, dass in Schleswig-Holstein die Zahl der Neuinfektionen dauerhaft deutlich unter der Grenze von 50 pro 100 000 Einwohner pro Woche liegt. Was «dauerhaft» und «deutlich» konkret bedeute, darauf wollte Prien sich nicht festlegen. Mitte Januar werde die Lage mit Experten bewertet und dann entschieden. Es müsse auch einschätzbar sein, wie gefährlich die Coronavirus-Mutationen aus England für Deutschland sind.

Für die Zeit nach dem Lockdown habe das Bildungsministerium zudem den Corona-Reaktionsplan überarbeitet, sagte die Ministerin. «Zukünftig werden wir in Landkreisen, in denen die Inzidenz über 50 pro 100.000 Einwohner steigt, automatisch für die Schülerinnen und Schüler ab Jahrgangsstufe sieben in den Wechselunterricht gehen, und selbstverständlich werden wir auch weiterhin eine inzidenzabhängige Maskenpflicht in unseren Schulen haben.» Das entspricht – zumindest teilweise – den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts. Das empfiehlt ab einem Inzidentwert von 50 den Wechelunterricht, um die Abstandsregel in den Klassenräumen einführen zu können – allerdings für alle Jahrgangsstufen. Darüber hinaus empfiehlt das RKI dann eine generelle Maskenpflicht im Unterricht.

Das Aussetzen des Präsenzunterrichtes hat laut Prien ein vorrangiges Ziel: «Möglichst schnell und dauerhaft unter eine landesweite Inzidenz von 50 zu kommen (…) Wir streben diese niedrige Inzidenz insbesondere an, damit die Schulen wieder im Präsenzunterricht öffnen können.» Ende Januar solle abhängig vom Infektionsgeschehen, den Inzidenzwerten und der Entwicklung der Mutationen des Virus sowie der Beschlusslage von Bund und Ländern gesehen werden, «ob und unter welchen Bedingungen wir die Schulen im Februar wieder schrittweise für den Präsenzunterricht öffnen können».

Prien warnte vor falschen Erwartungen an die Digitalisierung. Schule sei darauf ausgerichtet, dass Kinder und Jugendliche persönlich zusammenkommen. Die Vielzahl der eingeleiteten Maßnahmen solle vor allem den Auswirkungen der Pandemie entgegensteuern: «Seit März 2020 haben wir mit unzähligen Maßnahmen versucht, die Schäden in Grenzen zu halten, die die Pandemie unserem Bildungssystem zufügt.»

Der Unterricht im Klassenverband diene nicht nur dazu, Wissen zu vermitteln, betonte die CDU-Politikerin. «Er ist ein sozialer Raum, ein Lernraum und für manche Kinder und Jugendliche auch ein Schutzraum. Selbst das beste Lernmanagementsystem, selbst die perfekte Videokonferenz, können das Erlebnis gemeinsamen Lernens im Klassenraum nicht ersetzen».

Am Ende dieser Phase wolle man daher die Erfahrungen im Lernen auf Distanz auch wissenschaftlich auswerten. Laut Prien sind inzwischen 80 Prozent der Schulen in Schleswig-Holstein ans Glasfasernetz angeschlossen und haben schnelles Internet.

“Insgesamt hatten wir bisher ein nahezu reguläres Schuljahr durchführen können”

Die Ministerin geht davon aus, dass alle Abschlüsse gemacht werden können. In Schleswig-Holstein sei das Schuljahr früh gestartet und es habe insbesondere im Spätsommer bei sehr niedrigen Inzidenzen kaum Unterrichtsausfälle gegeben. «Insgesamt hatten wir bisher ein nahezu reguläres Schuljahr durchführen können, anders als im Süden der Republik», sagte Prien. Seit den Wochen vor Weihnachten habe sich die Lage aber zugespitzt.

Der Philologenverband kritisierte, dass nach dem 1. Februar bei Überschreiten des Corona-Inzidenzwertes von 50 wöchentlicher Wechselunterricht stattfinden soll. «Dies bedeutet für die Kolleginnen und Kollegen kompletter Präsenzunterricht bis in den frühen Nachmittag und danach noch einmal mehrere Stunden Distanzunterricht mit der zweiten Hälfte der Klasse inklusive individueller Lehrer-Schüler-Kommunikation über Digitalgeräte», sagte der Verbandsvorsitzende Jens Finger. Das sei in dieser Form nicht zumutbar. Finger verwies auf «die verhängnisvollen Auswirkungen längerer Schulschließungen insbesondere für Kinder aus bildungsfernen Schichten und für junge Menschen mit Migrationshintergrund».

«Endlich soll es in den Schulen auch eine Orientierung an Inzidenzwerten für die Umstellung auf Wechselunterricht geben»

Beifall dagegen kommt von der GEW. «Endlich soll es in den Schulen auch eine Orientierung an Inzidenzwerten für die Umstellung auf Wechselunterricht geben», lobte Landeschefin Astrid Henke. Das ist laut Henke «nicht nur sinnvoll, sondern auch überfällig». Lehrkräfte, Lernende und deren Eltern erhielten dadurch Verlässlichkeit und Sicherheit. «Schulen brauchen einen klaren Stufenplan, ab welchen Inzidenzwerten, welche Maßnahmen greifen sollen.» Die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts böten hierfür eine gute Basis. «Auch für Kitas ist ein Reaktionsplan erforderlich, der klar macht, wann wieder auf Notbetrieb umgestellt werden muss», forderte Henke.

Nach Beendigung des zunächst bis Ende Januar beschlossenen Lockdowns tritt die GEW dafür ein, auch die Grundschulen zunächst im Wechselunterricht beginnen zu lassen. Anders als von Ministerin Prien geplant, sei dieses bei Inzidenzwerten über 50 auch für die Klassen eins bis sechs nötig: «Schließlich macht die Pandemie keinen Bogen um Grundschulen und 5. und 6. Klassen.» Entscheidend sei, die Zahl der Schüler in den Klassen zu halbieren. In halbierten Klassen könnten Abstände dann besser eingehalten und damit die Infektionsrisiken gesenkt werden. Beim Wechselunterricht bleibe der Kontakt zu allen Schüler erhalten, was besonders wichtig sei.

Henke sprach sich dafür aus, Schülern, die zu Hause keine Möglichkeit zum Online-Lernen haben, in den Schulen Arbeitsmöglichkeiten bereitzustellen. Es fehle vielerorts an stabilem und schnellem Internet. Laut Prien haben inzwischen 80 Prozent der Schulen in Schleswig-Holstein Glasfaseranschlüsse. Bei den beiden Distanzlern-Übungstagen der Schulen am Donnerstag und Freitag wird sich nach Einschätzung Henkes zeigen, «ob die neuen Portale den Praxistest wenigstens einigermaßen bestehen». News4teachers / mit Material der dpa

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