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Intensivmediziner: „Kaum vorstellbar, dass wir das Schuljahr vernünftig beenden“

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MÜNCHEN. „Der Sommer wird von der dritten Welle überschattet werden, die wird kommen“ – sagt Florian Hoffmann, Intensivmediziner am Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München und Geschäftsführer der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), wo er der Sektion “Pädiatrische Intensiv- und Notfallmedizin” vorsteht. Im Interview mit t-online.de erklärt der Arzt und Verbandsvertreter, welche Gefahr die heutigen Kita- und Schulöffnungen mit sich bringen – und was jetzt dringend passieren muss, damit das Infektionsgeschehen nicht völlig entgleitet.

Intensivmediziner blicken mit Sorge auf die Öffnungen der Bildungseinrichtungen. Foto: Shutterstock

Er habe, so sagt Hoffmann mit Blick auf die Kita- und Schulöffnungen, „aus infektiologischer Sicht schon Bauchschmerzen, weil wir überhaupt nicht wissen, wie sich das Infektionsgeschehen dadurch verändern wird. Auch weil die Verteilung der Varianten, vor allem der Variante B.1.1.7. aus Großbritannien, noch nicht klar ist in Deutschland. Daher kann die Öffnung der Schulen nur unter maximal großen Sicherheitsvorkehrungen stattfinden.“

“Wir brauchen sichere Bedingungen in den Schulen. Aber mir ist völlig unklar, wie das laufen soll“

Heißt konkret: „Mit der Hälfte der Klassenstärke, mit Schutzmaßnahmen, die eingehalten werden müssen, und optimalerweise mit regelmäßiger Testung. Wir brauchen sichere Bedingungen. Aber mir ist völlig unklar, wie das laufen soll.“ In einigen Bundesländern, darunter Thüringen mit den bundesweit höchsten Inzidenzwerten, gelten in Klassenräumen weder Abstandsregeln noch Maskenpflicht – und von regelmäßiger Testung kann bislang auch keine Rede sein.

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Hätte man deshalb mit den Kita- und Schulöffnungen warten sollen? „Aus Sicht der Intensivmedizin: absolut ja.“ Dass vielerorts stimmige Schutzkonzepte fehlen, zeige, dass das Schulproblem „noch nicht wirklich als solches erkannt ist. Und dass da sehr viel versäumt wurde. (…) Es gibt keine Raumlüftungen, darüber reden wir jetzt ein Jahr. Es gibt keine Testungen. Und die Schüler sind sicher die Gruppe, die mittlerweile mit am meisten unter der Pandemie leidet.“

Er würde sich wünschen, so Hoffmann, dass Schulen mit den Tests ausgestattet werden, wenn es sie dann gibt, und dass sie die Schüler regelmäßig testen. „Das würde eine enorme Sicherheit reinbringen, selbst wenn die Tests nicht hundertprozentig zuverlässig sind. Ich glaube, nur so wird es funktionieren. Und dann werden wir sehen, wie lange.“

“Kinder tragen, auch wenn sie oft asymptomatisch erkranken oder nur mild, die Infektionen in die Familien”

Weiter betont der Verbandsgeschäftsführer: „Wenn ich mir die Kalkulationen anschaue, kann ich mir kaum vorstellen, dass wir dieses Schuljahr vernünftig beenden werden. Denn der Sommer wird von der dritten Welle überschattet werden, die wird kommen. Weil Kinder trotzdem, auch wenn sie oft asymptomatisch erkranken oder nur mild, die Infektionen in die Familien tragen und dann Erwachsene anstecken, die Großeltern und so weiter. Ich befürchte, dass die Schulen dann wieder zumachen werden. Auch weil viele Lehrer, die über 50, 55, 60 sind, nicht zur Arbeit kommen werden. Sie sagen zurecht, warum soll ich als Risikopopulation mich dem Risiko aussetzen, wenn ich nicht geimpft bin. Ich verstehe nicht, warum Lehrer nicht in der Impfkategorie eins sind. Das zeigt, dass unsere Priorität nicht auf der Bildung liegt, und das ist dramatisch.“

Hier geht es zum vollständigen Interview mit Florian Hoffmann auf t-online.de.

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