DÜSSELDORF. Erst seit wenigen Tagen sind die Schulen in NRW wieder für alle Jahrgänge offen. Doch vielerorts wachsen die Sorgen. Der Druck auf das Land steigt. Einige Städte möchten die Schulen schnell wieder schließen. Zumindest in Ausnahmefällen soll das jetzt doch möglich sein. Knickt Yvonne Gebauer (FDP) damit ein? Wohl nicht – die Ankündigung wirkt eher wie ein Spiel auf Zeit. Denn die Schulministerin behält sich das letzte Wort vor, ohne dafür Kriterien zu benennen.
Nach wachsendem Druck aus einigen Städten und Kreisen schließt das Land Schulschließungen in Ausnahmefällen als letzten Schritt nicht aus. Es gelte aber ein geordnetes Verfahren einzuhalten, wenn Kommunen weitere Maßnahmen zur Pandemie-Bekämpfung ergreifen wollten, die auch Schulen umfassten, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag. Gebe es «gute Gründe», Schulen wieder zu schließen, könne ein solcher Antrag vom Land auch positiv beschieden werden. Die Kommunen müssten aber ein Gesamtkonzept vorlegen. Sie verwies auf einen Erlass des Landes vom Vorabend, in dem Schließungen als «ultima ratio» bezeichnet werden.
«Schulschließungen können eingebettet in ein Gesamtkonzept einen Beitrag zum Infektionsschutz vor Ort darstellen»
Dortmund und Duisburg wollen ihre Schulen sofort dichtmachen, waren aber bisher am Veto des Landes gescheitert. Am Donnerstag hatte auch Wuppertal wegen steigender Infektionszahlen eine Schließung aller Schulen in der Stadt gefordert. Auf Präsenzunterricht solle bis zu den Osterferien in gut einer Woche verzichtet werden. Der Kreis Düren will für die weiterführenden Schulen wieder ganz auf Distanzunterricht umstellen. Erst am Montag waren alle Jahrgänge wieder im Wechselmodus und in halber Klassenstärke in die Schulen zurückgekehrt.
In dem Erlass des Landes deutete sich nun ein Einlenken an. Darin heißt es: «Schulschließungen können eingebettet in ein Gesamtkonzept einen Beitrag zum Infektionsschutz vor Ort darstellen.» Sie dürften aber «nur das letzte und nicht das erste und alleinige Mittel der Wahl sein.»
Gebauer stellte zudem klar: Es müsse über einige Tage hinweg eine Wocheninzidenz von über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen geben. Erst dann sei ein Antrag auf «Schließung einzelner Schulen oder tatsächlich aller Schulen» möglich. Nach Angaben des Landeszentrums für Gesundheit lagen am Donnerstag inzwischen 19 kreisfreie Städte und Kreise über der Schwelle von 100 – also mehr als ein Drittel in NRW.
Am Freitag kommender Woche beginnen in NRW bereits die Osterferien.
«Schulschließungen alleine auf Zuruf oder per Twitter kann und wird es nicht geben»
Laut Ministerin sind Schulen trotz der steigenden Zahlen «nach wie vor keine Hotspots». In NRW sei keine einzige Schule geschlossen. Aktuell gebe es 1281 Schüler mit bestätigten Corona-Infektionen. Mitte November seien es mehr als 5000 positiv getestete Schüler gewesen. Von rund 2,5 Millionen Schülern in NRW besuchten aktuell 45,5 Prozent einen Präsenzunterricht. Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Wechselunterricht in halbierter Klassenstärke zeigten Wirkung.
«Schulschließungen alleine auf Zuruf oder per Twitter kann und wird es nicht geben», betonte Gebauer in Richtung Dortmund. Dort hatte Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) am Dienstag öffentlich angekündigt, dass er alle Schulen am Mittwoch schließen wolle. Ein Sprecher der Stadt Dortmund sagte am Donnerstag, es werde derzeit ein erneuter Vorstoß erarbeitet, um die Schulen «spätestens» Montag schließen zu dürfen.
Eltern-, Lehrer- und Schülerverbände kritisieren das Festhalten an der Schulrückkehr als zu riskant, auch mit Blick auf die besonders ansteckende Virusmutation B.1.1.7. Die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Maike Finnern, forderte von der Landesregierung mehr Spielraum für Schulen und Kommunen bei Maßnahmen vor Ort. Sie müssten auch über Schulschließungen entscheiden können, hieß es in einem Brief an Gebauer und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU).
GEW: Selbsttests für Schüler sind nicht mehr als ein Placebo
Auch die Kritik an Selbsttests für Schüler hielt an. Sie seien «nicht mehr als ein Placebo», meinte die GEW. Es könne auch nicht Aufgabe der Lehrkräfte sein, Testungen zu beaufsichtigen und sicherzustellen. Gebauer sagte, am Dienstag seien die ersten 300.000 Stück – von geplanten 1,8 Millionen bis zu den Osterferien – an weiterführenden Schulen ausgeliefert worden. Das Testen sei eine große Herausforderung für Lehrer, die Überwachung nicht «originäre Tätigkeit» von Lehrern, das Ganze aber der Situation geschuldet. In Nordrhein-Westfalen gibt es 2,5 Millionen Schüler.
Zugesagt worden waren ursprünglich zwei Tests pro Schüler in der Woche. Den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz hatte Gebauer bereits einkassiert: Für die Schüler – und auch nur für Schüler der weiterführenden Schulen – ist bis zum Beginn der Osterferien am 29. März jetzt nur ein einziger Corona-Selbsttest pro Kopf vorgesehen. News4teachers / mit Material der dpa
Streit zwischen Landesregierung und Städten um offene Kitas und Schulen eskaliert

