BERLIN. Der Chef-Virologe der Berliner Charité, Prof. Christian Drosten, hat davor gewarnt, dass Antigen-Schnelltests in den ersten Tagen einer Infektion wohl noch weniger zuverlässig sind als gedacht. Zwischen 40 Prozent und 60 Prozent der Infektionen würden deshalb bei Schnelltests übersehen, erklärt er in der neuen Folge seines Podcasts im NDR. In Schulen sei der Einsatz von Antigen-Schnelltests trotzdem sinnvoll – wenn die die Schülerinnen und Schüler mindestens zweimal in der Woche getestet werden.
„Ich finde es ganz besonders wichtig, dass überhaupt eine Testung vorgeschrieben wird. Das ist ein wirksames Werkzeug“, sagte Drosten. „Wir brauchen diese Schnelltests unbedingt.“ Allerdings sei es wichtig, um die Schwäche zu wissen: Sie können eine Infektion in der bereits hochansteckenden Phase zu Beginn einer Infektion offenbar oft nicht nachweisen. Dies hätten die praktischen Erfahrungen in den Diagnose-Laboren gezeigt. „Die Schnelltests schlagen erst am Tag eins nach Symptom-Beginn an, da ist man aber schon drei Tage lang infektiös“, sagt Drosten. „Wenn man davon ausgeht, dass eine infizierte Person in der Regel acht Tage lang ansteckend ist, heißt das: An fünf von acht Tagen entdecke ich mit dem Antigentest eine Infektion, an drei Tagen werde ich sie übersehen.“
„Es ist nicht so simpel, wie es in der Politik dargestellt wird”
Deshalb sei es gefährlich, sich bei Einlasskontrollen auf das Ergebnis eines Schnelltests zu verlassen – etwa beim Theater- oder Konzert-Besuch. Wenn ein Schnelltest eine Infektion „übersieht“, werde die betroffene Person herumlaufen in der Annahme, dass sie nicht ansteckend sei – und könne so andere infizieren. „Es ist nicht so simpel, wie es in der Politik dargestellt wird – nach dem Motto: Jetzt kann alles öffnen, weil wir ja die Schnelltests haben.“ Wichtig sei es zudem, auf das positive Ergebnis eines Schnelltests unverzüglich zu reagieren und Isolationsmaßnahmen für die Betroffenen sofort anzugehen, ohne erst das Ergebnis eines folgenden PCR-Tests abzuwarten.
Drosten betonte aber auch: In Schulen sei der Einsatz von Antigen-Schnelltests trotzdem sinnvoll – unter der Voraussetzung, dass die Schülerinnen und Schüler mindestens zweimal in der Woche getestet würden. „Selbst wenn bei einer Testung nicht alle Infektionen entdeckt werden, bei der nächsten Testung nach zwei oder drei Tagen werden die Infektionen dann nachgewiesen. In Clustern ist solch ein geringer zeitverzögerter Effekt kein Problem“, meinte der Virologe. Dann ließen sich Infektionen in einem Cluster aufspüren, um schnell mit Quarantäne-Maßnahmen reagieren zu können.
Die von der Bundesregierung geplante Neufassung des Infektionsschutzgesetzes sieht vor, dass an Schulen Präsenzunterricht nur gestattet ist, wenn jeder Schüler zwei Mal pro Woche getestet wird. News4teachers
Hier geht es zum Coronavirus-Update von NDR Info.
Drei Gründe, warum die Hoffnung auf Schnelltests unter Schülern trügerisch ist
