DÜSSELDORF. Im Netz hat sich unter dem Namen „Wir zählen“ ein Projekt formiert, das Kita- und Schul-„Verweigerungen“ in anonymisierter Form auflistet: Schüler, die krank gemeldet werden, Lehrer und Erzieher, die sich dem Dienst vor Ort entziehen. „Präsenz in Schulen und Kitas trotz hoher Inzidenzen? Ohne uns!“, so heißt es auf der Homepage der Initiative. Bundesweit fast 2.000 Fälle aus den vergangenen 14 Tagen sind dort verzeichnet.
Kinder, Jugendliche, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher, Eltern sowie Familien seien bei hohen Corona-Inzidenzwerten einem großen Infektionsrisiko in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen ausgesetzt. Weil der Staat sie nicht ausreichend schütze, übernähmen Betroffene nun selbst „Verantwortung für den Infektionsschutz und verweigern die Präsenz“. Bedeutet: Schüler kommen nicht zur Schule, Kinder nicht in die Kita – Lehrkräfte und Erzieher melden sich vom Dienst ab.
„Da politische Entscheider Schulen und Kitas weiterhin geöffnet halten und in einigen Bundesländern sogar die Präsenzpflicht aufrechterhalten, fühlen sich viele genötigt, ihre Kinder bzw. sich selbst krank zu melden“, so heißt es. Die Initiative will nach eigenem Bekunden diese „unsichtbare Abstimmung mit den Füßen“ sichtbar machen. „Denn: Die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zählt! Die Gesundheit von Lehrer*innen und Erzieher*innen zählt! Die Gesundheit von Eltern und Familien zählt!“
„Mangels Konzept und Strategie setzen die Kultusminister*innen auf offene Schulen“
Aktuell (30. April 15.30 Uhr) 1862 Fälle von „Verweigerung“ werden aufgelistet. Dabei handelt es sich nach Angaben der Betreiber um Fälle aus den vergangenen zwei Wochen. Immerhin 94 Lehrkräfte und 34 Erzieherinnen und Erzieher sind dabei. Die meisten Fälle betreffen Schüler. Was treibt die Initiatoren an? „Die Pandemie dauert nun bereits seit über einem Jahr an. Noch immer hat die Politik keine funktionierenden Pandemie-Konzepte für Schulen und Kitas vorgelegt“, so heißt es auf der Seite. „Mangels Konzept und Strategie setzen die Kultusminister*innen auf offene Schulen“ – und dies, obwohl Kinder und Jugendliche sich ebenso häufig ansteckten wie Erwachsene und bis zu 15 Prozent aller infizierten Kinder und Jugendlichen unter Langzeitfolgen, dem sogenannten Long-Covid, leiden würden.
„Kinder und Jugendliche in der derzeitigen Lage in die Schulen zu zwingen ist unverantwortlich. Diese Entscheidung wird Leben kosten und viel Leid verursachen. Niemand von uns wird sich den Kindern gegenüber darauf berufen können, das sei nicht bekannt gewesen“, so erklärt eine am Projekt beteiligte Mutter aus Bonn.
Kritisiert wird konkret, dass Schulen und Kitas nicht pandemiegerecht ausgestattet seien. „Selbst nach einem Jahr Pandemie fehlen weiterhin Luftreiniger mit HEPA-Filter, FFP2-Masken für Kinder und sinnvolle Testkonzepte.“ Lehrerinnen und Lehrer der weiterführenden Schulen seien größtenteils nicht geimpft, Impfstoffe für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren noch nicht verfügbar. Die Schnelltests, die den Kultusministern zufolge für mehr Sicherheit an Schulen sorgen sollen, würden 40 bis 60 Prozent der Infektionen nicht erkennen und Ansteckungen in Schulen nicht verhindern. „Gemeinsame Selbsttestungen im Klassenzimmer vergrößern sogar die Gefahr einer Infektion“, so heißt es.
„Es muss endlich sichtbar werden, wie viele Menschen nicht bereit sind, den kompromisslosen Weg der Politik mitzugehen“
„Wir zählen Fälle von Präsenzverweigerung und Quarantäne, um der Politik aufzuzeigen, dass diese Rechnung nicht aufgeht! Es muss endlich sichtbar werden, wie viele Menschen nicht bereit sind, den kompromisslosen Weg der Politik mitzugehen“, erklärten die Initiatoren. Und: „Wir möchten zudem verunsicherten Schüler*innen, Eltern, Lehrer*innen und Erzieher*innen zeigen, dass sie mit ihren Sorgen nicht alleine sind. Wir sind Viele!“ News4teachers
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