BERLIN. Ein Berufschullehrer in Berlin sorgt mit Beiträgen auf seinem Youtube-Kanal für Empörung – ihm droht nun die Kündigung. So veröffentlichte er in einem Video eine Fotomontage mit der Formulierung «Impfung macht frei». Die Nationalsozialisten hatten den zynischen Schriftzug «Arbeit macht frei» über den Eingangstoren mehrerer Konzentrationslager angebracht. Die Bildungssenatorin hat ein Disziplinarverfahren in Gang gebracht, bereits das zweite.
Sprüche wie «Impfung macht frei» seien absolut inakzeptabel, sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am Mittwoch. «Für mich ist ganz klar, dass solch eine Person nicht mit Kindern und Jugendlichen zusammenkommen darf, nicht als pädagogische Kraft im Unterricht.» Disziplinarisch werde bereits gegen den Mann vorgegangen. «Ich kann keine Details dazu sagen. Wir sind in intensiven Auswertungen», so die Senatorin. Nach RBB-Informationen ist der Lehrer vom Dienst freigestellt worden. Außerdem soll ihm ein Hausverbot für das Oberstufenzentrum erteilt worden sein, an dem er unterrichtet hatte. Ein Sprecher der Bildungsverwaltung kommentierte das nicht.
Bereits am Dienstag hatte RBB über den Fall berichtet. Danach diffamiert der IT-Lehrer auf seinem Youtube-Kanal, den er explizit als «Lehrer B.» betreibt, Deutschland als «Diktatur» und erklärt Regierungspolitiker zu «Neo-Faschisten”. In einem Video wettert er gegen die Impfaktionen an Oberstufenzentren, die die Berliner Bildungsverwaltung angekündigt hat.
«Es sind nur meine Videos, wo Leute meinen, Lehrer dürften solche Videos nicht veröffentlichen»
Der Lehrer selbst sagte auf Anfrage zu disziplinarischen Schritten gegen ihn: «Das ist eine blanke Androhung, die mein Anwalt parieren wird.» Denn gegen ihn liege nichts vor. «Es sind nur meine Videos, wo Leute meinen, Lehrer dürften solche Videos nicht veröffentlichen.» Zu der von ihm benutzten Fotomontage sagte er, er finde das nicht problematisch und betonte, die Aussage sei bei ihm mit einem dicken roten Fragezeichen versehen. Ihm sei es darum gegangen zu hinterfragen, ob Impfen frei mache.
Für den Historiker und Experten für deutsch-jüdische Geschichte Prof. Uffa Jensen, mit der der RBB gesprochen hat, ist die Fotomontage aus dem Eingangsportal von Konzentrationslagern mit der Inschrift «Impfung macht frei» eine klare Sache: «Ich halte das eindeutig für eine Art der Holocaustverharmlosung”, sagt er dem Sender nach Ansicht von einem der Youtube-Videos. Jensen sieht darin eine Gleichsetzung der heutigen Situation in der Pandemie «mit dem System der Konzentrationslager im Nationalsozialismus». Damit würden die mörderischen Unrechtstaten des Nationalsozialismus verharmlost.
«Es gibt hier weit und breit kein Virus, vor was wollen Sie sich schützen?»
Der Berufsschullehrer war bereits im letzten Spätherbst mit Youtube-Videos zur Corona-Pandemie aufgefallen, in denen er die Gefahr des Coronavirus relativiert hatte. Ihm sei angelastet worden, dass er seine Schüler – auch im Unterricht – aufhetzte, berichtet der RBB. «Maske tragen ist dumm», sagt er in einem seiner Videos an die Adresse seiner Schüler und leugnet das Virus: «Es gibt hier weit und breit kein Virus, vor was wollen Sie sich schützen?» Außerdem sei die Maske ein «modernes Hakenkreuz». Der Lehrer erhielt anschließend eine Abmahnung. Der Personalrat, so berichtet der RBB, hatte sich gegen eine fristlose Kündigung ausgesprochen.
Der Fall erinnert an einen anderen Berliner Lehrer, der aus dem Schuldienst entlassen würde: der selbst ernannte «Volkslehrer» Nikolai N. Der verurteilte Volksverhetzer und Rechtsextremist war von der Bildungsverwaltung 2018 fristlos entlassen worden; seine Klagen dagegen scheiterten vor Gericht. Seither arbeitet er vor allem als Videoblogger für seine eigenen Kanäle – seit dem vergangenen Jahr laut RBB mit hoher Reichweite in der Szene der Corona-Leugner und Querdenker. News4teachers / mit Material der dpa
Nach Kündigung aus Schuldienst: Rechtsextremer „Volkslehrer“ gibt auf
