DÜSSELDORF. Im Mai will SPD-Landeschef Kutschaty NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ablösen. Bereits jetzt legt sich der Oppositionsführer fest: Er will schnell für faire Lehrergehälter sorgen. „A13 für alle“ hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) bereits vor vier Jahren in Aussicht gestellt. Passiert ist diesbezüglich allerdings: nichts, in Nordrhein-Westfalen jedenfalls nicht.
Im Falle einer Regierungsübernahme nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Mai will SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty schnell für eine gerechtere Lehrerbesoldung sorgen. Ab dem 2023 beginnenden Schuljahr solle die Eingangsbesoldung A 13 unter einer SPD-geführten Landesregierung für alle greifen, sagte der Chef der Landespartei- und Landtagsfraktion in Düsseldorf.
“Das ist notwendig, aber auch finanzierbar. Deswegen muss das Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte auch gleich sein”
«Ich halte das für ein Gebot der Gerechtigkeit», sagte der frühere NRW-Justizminister. «Das ist notwendig, aber auch finanzierbar», betonte Kutschaty. «Ich kann heute keinem mehr erklären, dass ein Lehrer an einem Gymnasium mehr verdienen muss als an den anderen Schulen.» Erst recht, nachdem die Ausbildung angeglichen worden sei. «Deswegen muss das Einstiegsgehalt für alle Lehrkräfte auch gleich sein.» Der Oppositionsführer, der bereits signalisiert hatte, dass für ihn in NRW nicht nur eine Koalition aus SPD und Grünen, sondern auch eine Ampel mit der FDP vorstellbar wäre, sagte: «Für uns ist das ganz wichtig, dass das in einen Koalitionsvertrag rein kommt.»
Bisher werden in NRW Lehrkräfte an Grund-, Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen (Sek. I) schlechter bezahlt als Lehrer der gymnasialen Oberstufe, die mit A13 monatlich rund 500 Euro brutto mehr verdienen. Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hatte bereits 2017 angekündigt: Ungerechtigkeiten in der Lehrerbesoldung sollen in NRW beseitigt werden. Die schwarz-gelbe Landesregierung werde besoldungsrechtliche Konsequenzen aus der schon 2009 reformierten Lehrerausbildung ziehen. Seitdem haben Lehramtsanwärter für alle Schulformen eine gleich lange Ausbildung. Doch was ist seit Gebauers Ankündigung passiert? Nichts – jedenfalls nicht auf Seiten der Landesregierung.
Auf Seiten der betroffenen Grundschullehrkräfte schon: Fast 36.000 haben gegen Ende des Jahres 2019 eine Petition des VBE unterzeichnet, in der „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gefordert wird. „Die Lösung der Ungerechtigkeit in der Besoldungsfrage ist nicht im Ansatz zu erkennen, es sind nicht einmal kleinste Schritte zu erahnen“, so hieß es beim Verband. Auch die GEW machte mobil – ohne Erfolg.
“Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Landesregierung ist noch nicht abgeschlossen” – bis heute nicht
2019 hakten die Grünen in NRW mit einer Kleinen Anfrage bei Gebauer nach – und erhielten folgende Antwort bekommen: «Die Landesregierung hat angekündigt, die notwendigen Schritte einzuleiten, um die besoldungsrechtlichen Konsequenzen aus der Reform der Lehrkräfteausbildung zu ziehen. Der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Landesregierung ist noch nicht abgeschlossen.» Für die Grünen seinerzeit ein Unding. Gebauer löse ihr Versprechen nicht ein. Entweder habe sie «keinen Plan», kritisierte die schulpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Sigrid Beer. «Oder sie schafft es nicht, die von ihr versprochene Besoldungsanpassung beim Finanzminister durchzusetzen.»
Ein halbes Jahr später erklärte dann der FDP-Landesvorsitzende, Familienminister Joachim Stamp: «Klar ist, dass wir langfristig zu einer Veränderung kommen wollen.» Ob es noch in dieser Legislaturperiode zu der seit Jahren versprochenen gleichen Bezahlung von Lehrern an Grund- und weiterführenden Schulen kommt, ließ Stamp damals offen. Das könne er noch nicht beantworten. Mittlerweile ist die Antwort klar: Die Legislaturperiode endet mit der Landtagswahl am 15. Mai – und passiert ist nichts, in NRW jedenfalls nicht.
Die Philologen stellen sich gegen eine “unterschiedslose Einstiegsbesoldung für Gymnasialehrkräfte und Grundschullehrkräfte”
In anderen Bundesländern schon. In mittlerweile neun der 16 Bundesländer gilt A13 für alle Lehrkräfte. Zuletzt hatten Hamburg und Thüringen beschlossen, die Besoldung von Grundschullehrkräften auf das Niveau aller anderen Lehrämter anheben. Zuvor hatte Mecklenburg-Vorpommern die Besoldung entsprechend geändert. Hamburg hatte die Änderung 2020 bereits angekündigt. «„Der Bildungserfolg von Kindern wird in der ersten Lebensphase viel wirkungsvoller geprägt als in den älteren Jahren», so begründete Bildungssenator Ties Rabe (SPD) die Initiative seinerzeit. Seit Jahren setzen sich der VBE und die GEW für eine gleiche Bezahlung der Lehrämter ein – bundesweit.
Widerstand kommt vom Philologenverband. „Wir lehnen ganz klar eine unterschiedslose Einstiegsbesoldung für Gymnasialehrkräfte und Grundschullehrkräfte ab, und dafür gibt es gute, sachbezogene Gründe“, so erklärte Philologen-Chefin Susanne Lin-Klitzing bereits 2019, wie News4teachers berichtete. Sie betonte: „Die Einebnung der Unterschiede der Lehrämter durch ein- und dieselbe Eingangsbesoldung ist keine Wertschätzung ihrer jeweiligen Besonderheiten. Sie bringt keine Unterstützung da, wo Erleichterung dringend gebraucht wird, sondern nur eine Scheinlösung.“
Der Lehrkräftemangel insbesondere an Grundschulen unterstreicht allerdings den Bedarf. Das macht sich die SPD nun zu eigen. Kuschaty will allerdings noch mehr als nur eine finanzielle Gleichstellung der Lehkräfte – die Aufteilung der Bildungskosten in Deutschland gehört aus seiner Sicht grundsätzlich auf den Prüfstand. «Wir brauchen einen New Deal (zu Deutsch etwa: Neuausrichtung) in der Bildungsfinanzierung», sagte der SPD-Bundesvize. «Städte, Länder und Bund müssen zum Wohl der Kinder wieder mehr miteinander kooperieren und dürfen sich nicht gegenseitig die Verantwortung zuschieben und in Zuständigkeitsfragen verlieren.»
Bislang seien die Länder für die Lehrerbesoldung zuständig und die Kommunen für die Gebäude. Die Digital-Ausstattung, die eigentlich auch Sache der Kommunen wäre, finanziere nun aber der Bund mit Digitalisierungsmitteln. «Ob das dauerhaft geht, ist gerade noch strittig», stellte der frühere NRW-Justizminister fest. «Das muss geklärt werden.» News4teachers / mit Material der dpa
A13! GEW ruft zu Aktionen für gleiche Bezahlung der Grundschullehrkräfte auf
