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Wegen Lehrermangels: Erstes Bildungsministerium will jetzt die Unterrichtsstunden kürzen

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MAGDEBURG. Das Problem betrifft alle Bundesländer: Viele Lehrerstellen können mangels Bewerbern aktuell nicht besetzt werden, die Unterrichtsversorgung sinkt. Das Bildungsministerium Sachsen-Anhalt will dem Lehrkräftemangel nun mit “Modellprojekten” begegnen – und zum Beispiel dabei schlicht die Unterrichtsstunden verkürzen.

Zu wenig Lehrkräfte? Einfach den Unterricht verkürzen – schon gibt’s genug. Foto: Shutterstock

Die schwarz-rot-gelbe Koalition in Sachsen-Anhalt will Schulen bei der Unterrichtsgestaltung durch Modellversuche “mehr Freiheiten” ermöglichen. So soll es beispielsweise erlaubt werden, von der klassischen 45-Minuten-Unterrichtsstunde abzuweichen. Entsprechende Pläne wurden am Donnerstag im Landtag vorgestellt. Damit ist nun das Bildungsministerium am Zug. Die Ansätze sollen an ausgewählten Schulen getestet und nach dem Schuljahr 2022/2023 ausgewertet werden.

Aktuell unterrichten Lehrerinnen und Lehrer an weiterführenden Schulen in Sachsen-Anhalt 25 Wochenstunden. Bei einer Unterrichtsverkürzung auf je 40 Minuten könnte nach den Überlegungen der Koalition durch die eingesparte Zeit Raum für drei weitere Schulstunden entstehen. Diese könnten dann für Klassenleiterstunden oder Vertretungsstunden genutzt werden.

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“Der Unterricht wird für die Schülerinnen und Schüler pädagogisch und lernpsychologisch sinnvoll rhythmisiert”

So hat angeblich die Lessing-Gemeinschaftsschule in Salzwedel nach Angaben der Koalition gute Erfahrungen mit einem 80+10-Minuten-Unterrichtsmodell gemacht, «welches den Unterricht für die Schülerinnen und Schüler pädagogisch und lernpsychologisch sinnvoll rhythmisiert und den Einsatz der Lehrkräfte vor Ort effizient und passgenau festlegt».

Man müsse «neue Wege gehen», sagte CDU-Bildungspolitiker Carsten Borchert in der Debatte. Dies sei ein Antrag «aus dem Herzen unserer Bildung, aus den Schulen selbst». Auch Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) zeigte sich offen, entscheidende Voraussetzung sei dafür die «Akzeptanz vor Ort».

Die Koalitionspartner lobten den Vorstoß. SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sprach von einer Stärkung der Eigenverantwortung und Gestaltungsmöglichkeiten der Schulen. Es ginge um eine «generelle Öffnungsoption, die ganz unterschiedliche Modelle möglich macht». Der FDP-Bildungsexperte Jörg Bernstein sagte, die Änderungen sollten «in keinster Weise» zu Mehrarbeit für die Lehrer führen. Entsprechende Befürchtungen hatte die Gewerkschaft GEW im Vorfeld geäußert.

Die oppositionelle Linke teilt diese Bedenken. «Sie binden uns hier einen dicken Bären auf», sagte Bildungspolitiker Thomas Lippmann in Richtung der Koalition und warnte vor Mehrarbeit für Lehrer. Es ginge um ein «Stopfen von Löchern in der Lehrkräfteversorgung». Der Antrag sei «Murks». Die AfD kritisierte, dass das Grundsatzproblem des Lehrermangels mit dem Vorstoß nicht gelöst werde. Susan Sziborra-Seidlitz (Grüne) sprach von einem «schwachen Versuch, den ständigen Unterrichtsausfall zu verhindern».

In Sachsen-Anhalt wird derzeit in keiner der Schulformen eine vollständige Unterrichtsversorgung erreicht, im Schnitt lag diese zuletzt bei 94 Prozent. Damit ist die Koalition deutlich von ihrem Ziel einer 103-prozentigen Unterrichtsversorgung entfernt. In der jüngsten großen Lehrer-Ausschreibungsrunde von Mitte Dezember bis Ende Januar meldeten sich nur 414 Bewerber auf 916 Stellen für allgemeinbildende und Berufsschulen. News4teachers / mit Material der dpa

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