Website-Icon News4teachers

Macht das Internet uns dumm? Wie die Informationsflut unsere Aufmerksamkeit beeinträchtigt

Anzeige

KÖLN. Der selbstverständliche permanente Zugang zum Internet überfordert Jugendliche. Unkonzentriert und mit nur sehr kurzen Aufmerksamkeitsspannen, können sie Informationen nur schwer verarbeiten. Das glauben viele. Eine Kölner Studie beleuchtet Zusammenhänge.

Wenn wir über Google leicht auf Informationen zugreifen können, ist die Wahrscheinlichkeit geringer, dass wir uns an sie erinnern. So lautet zusammengefasst das Kernergebnis einer aktuellen Studie von Esther Kang, vom Kölner Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS).

Was nach kognitiver Minderleistung aussieht, kann eine neue Art der Informationsverarbeitung darstellen. Foto: Shutterstock

Im Mittelpunkt der Studie stand die Frage, wie sich die leichte Verfügbarkeit von Informationen im Internet auf das Wissensmanagement von Menschen auswirkt. Es habe sich gezeigt, dass Menschen, die Zugriff auf leicht zugängliche und über Suchmaschinen wie Google abrufbare Informationen haben, weniger geneigt sind, detaillierte Informationen zu verarbeiten, da sie die Informationen bei Bedarf leicht finden können.

Anzeige

“Wenn Menschen wissen, dass sie leichten Zugang zu Informationen haben, erinnern sie sich eher daran, wie sie darauf zugreifen können, zum Beispiel an den Suchbegriff, als an die Detailinformationen”, fasst Kang zusammen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass Menschen “kognitive Versager” sind, so die Wirtschaftswissenschaftlerin, mit einer angeborenen Tendenz, die Menge an Informationen, die sie in ihrem Kopf behalten müssen, zu minimieren und die Mühe zu vermeiden, die es kostet, sich an Details zu erinnern.

Gerade Personen mit einer hohen Arbeitsgedächtniskapazität erinnerten sich weniger wahrscheinlich an Details, dafür aber eher daran, wie sie auf die Informationen zugreifen können (wie eben ein Schlüsselwort für eine Suchmaschinenabfrage). Überdies sorgen sie auch eher für einen leichten Zugang zu Informationen, indem sie sich beispielsweise bei Informationsquellen anmelden. Kognitive Unzulänglichkeiten könnten somit möglicherweise vielfach nicht auf mangelnde kognitive Fähigkeiten der Nutzer zurückzuführen sein, sondern auf die Zugänglichkeit von Online-Informationen und die effiziente Nutzung von Aufmerksamkeitsressourcen.

Neben der theoretischen Perspektive sieht Esther Kang in ihrer Studie auch praktische Implikationen. “Eine verbreitete Sichtweise der Online-Kommunikation ist, dass ein größerer Zugang zu Informationen zu einem größeren Lerneffekt führt. Die Studienergebnisse mahnen jedoch zur Vorsicht, da ein einfacher Zugang zu Informationen nicht garantiert, dass sich bei den Nutzern ein Lerneffekt einstellt, oder dass sie den Informationen Aufmerksamkeit schenken”, stellt Kang fest. Angesicht der Herangehensweise von Menschen beim individuellen Wissensmanagement in digitalen Kontexten sollten Kommunikatoren mithin die Häufigkeit der „Benachrichtigungen“ an die Kapazitäten der User bzw. Zielgruppen anpassen.

Könnten etwa Medienanbieter künftig stärker den Wert von Abonnements für die Schonung der Aufmerksamkeitsressourcen herausstellen, werde es für Werbetreibende allgemein noch wichtiger, Werbebotschaften so einfach wie möglich gestalten, damit sie leicht zugänglich sind. (zab)

Was macht die IT mit der gymnasialen Bildung? Philologen: Digitalisierung der Schulen darf kein Selbstzweck sein

Anzeige
Die mobile Version verlassen