„Man muss den Stein erst mal ins Rollen bringen“: Warum sich der Unterricht an einer Privatschule leichter digitalisieren lässt

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HAMM. Läuft die Digitalisierung an Privatschulen besser? Und falls ja: Woran liegt das? Darüber sprachen wir mit Stephanie Soller und Oliver Schinkel. Die stellvertretende Schulleiterin und der Medienkoordinator am Gymnasium Schloss Heessen im nordrhein-westfälischen Hamm sind inzwischen ein pandemie- und sturmerprobtes Team, wenn es um flexiblen digitalen Unterricht geht. Ihre Schule hat sich allerdings auch schon relativ früh auf den Weg zur Digitalität machen können. Und das hat nicht nur mit der Technikaffinität des Medienkoordinators zu tun.

Stellvertretende Schulleiterin Stephanie Soller Foto: Privatschule Schloss Heessen

„Es könnte so einfach sein“, sagt Oliver Schinkel. Wenn er über Schule und Digitalisierung spricht, ist der Mathe- und Informatik-Lehrer in seinem Element. Denn Schinkel ist als Quereinsteiger aus der IT-Branche an das idyllisch gelegene Gymnasium in Hamm gekommen und weiß, wovon er redet. „Die Digitalisierung ist in der Schule noch nicht gelebt. Und ich glaube das wird auch noch 10 Jahre dauern, bis die Lehrerausbilder selbst als Lehrkräfte die Digitalisierung miterlebt haben. Aber man muss jetzt loslegen“, sagt der Vater zweier schulpflichtiger Kinder.

Unterrichtsausfall? Muss nicht sein!

Er könne beispielsweise nicht verstehen, weshalb für seine Tochter der Unterricht an der weiterführenden (öffentlichen) Schule während des Orkans im Februar in Nordrhein-Westfalen einfach ausgefallen sei. „Die Schulen haben in der Pandemie digitale Tools ausprobiert, jetzt müssen sie sie auch nutzen und vor allem nutzen dürfen“, sagt der IT-ler, der sich ganz bewusst für einen Arbeitsplatz an einer Privatschule entschieden hat.

Ein Job als städtischer Medienkoordinator hätte ihn auch gereizt, erzählt er. Allerdings sei er dann für mehrere Schulen zuständig gewesen und hätte nicht so gezielt in einer einzelnen Schule wirken können. „Die Frage für mich damals war: Wo kann ich mehr machen? Da kann ich an einer staatlichen Schule nicht so einfach meinen Bereich aufbauen und gestalten. Da muss ich schauen, welche Aufgaben und Positionen gerade offen sind. Für mich war aber ganz klar, dass ich das, was ich mir im IT-Bereich erarbeitet habe, an die Kids weitergeben möchte.“

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Dass Schinkel am Gymnasium Schloss Heessen vor fast sechs Jahren den Digitalisierungsprozess gemeinsam mit der Schulleitung anstoßen konnte, sei vor allem auch den kurzen Entscheidungswegen an der Schule zu verdanken. Als Lehrkraft habe man an einer Schule in freier Trägerschaft eher Einfluss auf Entscheidungen, denn man sei direkt mit dem Schulträger im Kontakt.

Kurze Wege – schnelle Ergebnisse

Und auch die Eltern spielen eine größere Rolle bei Entscheidungen: „Wir wären als Privatschule beispielsweise die letzten im Fördertopf gewesen, die den Glasfaseranschluss zur Verfügung gestellt bekommen hätten. Dass wäre erst 2021 vorgesehen gewesen. Also viel zu spät für uns. Wir haben dann mit dem Förderverein zusammen entscheiden, es selbst in die Hand zu nehmen und den Anschluss legen zu lassen. Da haben wir als Privatschule wirklich viele Vorteile, Vorhaben schnell umzusetzen.“

Doch längst nicht alle Lehrkräfte am Gymnasium Heessen zeigten sich anfangs begeistert über den eingeschlagenen Weg hin zur digitalen Schule, erzählt Stephanie Soller. Es sei zwar wichtig, dass die Schulleitung den Weg vorgibt. Man müsse aber auch Ressourcen zum Beispiel für die Fortbildung im Umgang mit neuen digitalen Werkzeugen zur Verfügung stellen, so die stellvertretende Schulleiterin. „Damit steht und fällt der Erfolg von Digitalisierung. Doch dazu brauchen die Kollegen und Kolleginnen natürlich auch Zeit. Und die müssen wir uns neben dem regulären Unterricht nehmen. Da geht es uns genauso wie den Kolleg*innen an öffentlichen Schulen.“ Manchmal müsse auch Unterricht ausfallen, weil gerade eine Schulung angesetzt ist. „Aber dafür haben die Eltern Verständnis, denn sie erleben eben auch, dass bei uns an einem Sturmtag ad hoc online weiter unterrichtet wird. Sie sehen, dass es etwas bringt, wenn wir uns weiterbilden“, so Soller.

Weiterbildung bringt Momentum

„Was wirklich bei uns gut geklappt hat, ist, die Kolleginnen und Kollegen – wie man es ja auch bei den Schüler*innen so schön sagt – dort abzuholen, wo sie gerade standen, was ihre technischen Kenntnisse angeht“, ergänzt die Lehrerin. „Wir haben die Corona-Phase gut genutzt im allerersten Lockdown, um online Schulungen auf unterschiedlichen Niveaus anzubieten. Wir haben uns gegenseitig unterstützt, zunächst im Tandem, dann in kleinen Teams.“ Es sei schön zu sehen, wie sogar Kollegen und Kolleginnen, die kurz vor der Rente stehen, sich inzwischen mit den digitalen Möglichkeiten angefreundet hätten und sie wie selbstverständlich nutzten.

„Ich glaube, man muss den Stein erst einmal ins Rollen bringen und ins praktische Arbeiten kommen, um den Unterricht mit digitalen Mitteln zu gestalten“, meint Oliver Schinkel. „Ich habe anfangs Kolleg*innen gesucht, die die Technik im Schneeballsystem an den Mann und die Frau bringen. Daraus hat sich die sogenannte Power User Group gegründet, die kleine Mikro-Fortbildungen organisiert. Das waren erst einmal ein paar wenige Leute, die Spaß an der Technik haben. Inzwischen sind aber auch Lehrkräfte dabei, die anfangs überhaupt keine Ahnung von IT hatten und jetzt superfit sind, weil sie sehen, dass Technik gar nicht so schwer ist, wenn man erst einmal die Chance hat, sie auszuprobieren.“

Lehrkräfte und Kinder: Experten für die Gestaltung des Lernens

Inzwischen sei die IT in den Hintergrund getreten, so Schinkel weiter. Die Schule sei gut aufgestellt, verfüge über ein sicheres, stabiles Netzwerk für Verwaltung und Pädagogik, digitale Tafeln in jedem Klassenzimmer, genügend Endgeräte für Lehrkräfte und Schülerschaft. „Jetzt geht es um die Gestaltung des Lehrens und Lernens. Und dafür sind die Lehrkräfte und auch die Kinder die Fachleute“, ist er überzeugt.

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„Wir müssen sehen, dass wir der Schülerwirklichkeit näherkommen und unseren Unterricht umgestalten“, pflichtet Stephanie Soller ihrem Kollegen bei. „Es geht gar nicht darum, dass alles besser ist, weil es digital ist. Es ist am Ende wahrscheinlich der gleiche Gegenstand, den ich unterrichte. Aber die Darstellungsform ist eine andere. Sie spricht die Kinder anders an und damit kann ich sie besser erreichen.“ Und um Letzteres geht es auf Schloss Heessen vornehmlich. Die Technik soll als Mittel zum Zweck den pädagogischen Zielen dienen, in deren Mittelpunkt die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler stehen.

Kommunikation und Medienkompetenz haben daher einen hohen Stellenwert in der Schulfamilie. Kleine Schulungen und spontane Trainingseinheiten sorgen dafür, dass allen Beteiligten die Verhaltensregeln im Umgang mit digitalen Medien und dem Internet bewusst bleiben. Dazu gehört auch der Umgang mit den eigenen Endgeräten wie Smartphones oder Tablet, die die Schülerinnen und Schüler ab der 5. Klasse im Unterricht benutzen dürfen. Für ein soziales und sicheres digitales Miteinander hat die Schule außerdem einen Digitalkodex gemeinsam mit Eltern und Kindern erarbeitet, dem alle zustimmen müssen.

Französisch-Lehrerin Stephanie Soller im Unterricht: Am Gymnasium Schloss Heessen lernen die Schüler*innen in kleinen Gruppen und mit ihren eigenen Endgeräten. Interaktive Whiteboards und Apps für Kommunikation und Online-Lernen machen das Lehren und Lernen inzwischen noch flexibler. Foto: Privatschule Schloss Heessen

„Ohne Beziehung nutzt auch die Technik nichts“

„Das Lernen über die Beziehungsebene und die gute Kommunikation miteinander sind Faktoren, die uns als Schule für Eltern interessant machen“, erzählt Stephanie Soller. „Auch hier helfen uns digitale Möglichkeiten. Eltern und Schüler haben bei uns ihre eigenen E-Mail-Adressen und die werden auch rege genutzt. Aber natürlich kommunizieren wir auch über persönliche Telefonate und Rückmeldungen. Gerade in der Phase der 7. und 8. Klasse, wenn Schüler zuhause vielleicht nicht mehr so viel erzählen, ist den Eltern der frühzeitige Kontakt und die Zusammenarbeit sehr wichtig.

„Die Technik unterstützt uns einfach in vielen Bereichen. Bis hin zu pragmatischen Dingen wie Hybridunterricht im Quarantäne-Fall. Die Schüler melden sich dann inzwischen auf Eigeninitiative beispielsweise im Chat und fragen, ob sie online teilnehmen können“, sagt Oliver Schinkel. Generell sei das Lernen deutlich selbstständiger geworden. Die Kinder recherchieren inzwischen eigenständig im Internet oder treffen sich in online in Teams zur Gruppenarbeit. „Ich freue mich, dass das flexible Lernen funktioniert“, so der Lehrer. „Natürlich erwarte ich, dass die Kinder in meinem Unterricht da sind. Aber wenn ein Schüler oder eine Schülerin keinen Unterricht machen will, weil zum Beispiel gerade andere Dinge im Kopf los sind, dann werde ich das Kind nicht abholen. Und dann sind es aber oft die gleichen Kinder, die mir um 16 Uhr eine Nachricht schreiben, und doch noch die Aufgaben erledigt haben.“

Unsere Fachschaften testen gerade Tools von Schulbuchverlagen, um noch individueller fördern zu können“, ergänzt Stephanie Soller. „Über allem steht aber immer die Frage: An welcher Stelle ist welches Medium zielführend? In meinem Französischunterricht habe ich die Schüler*innen letztens zu Beispiel einen klassischen Brief auf Briefbögen mit der Hand schreiben lassen. Ich denke, es ist die Vielfalt, die es ausmacht. Manchmal ist der analoge Weg einfach effektiver. Das muss man auch immer abwägen.“

Wichtig sei vor allem eins, da sind sich die stellvertretende Schulleiterin und der Medienkoordinator einig: Materielle Dinge wie eine gute IT und Endgeräte sind lediglich Hilfsmittel fürs Lehren und Lernen. Denn gut lernen lässt sich nur, wenn die Beziehungsebene und das soziale Miteinander stimmen. Sonja Mankowsky / Agentur für Bildungsjournalismus

Die Schule

Das Gymnasium Schloss Heessen mit Internatsbetrieb liegt mitten in Nordrhein-Westfalen am Stadtrand von Hamm im Naturschutzgebiet „Lippeauen“. In den kleinen Klassen des staatlich anerkannten Privatgymnasiums mit sozioökologischem Schwerpunkt lernen etwa 10 bis 15 Schülerinnen und Schüler.

Die Schule finanziert sich aus staatlicher Förderung und sogenannten Erziehungsbeiträgen für bestimmte Angebote wie die Ganztagsversorgung oder die individuelle Förderung. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich auf Stipendien zu bewerben. Voraussetzung sind zum Beispiel besondere Leistungen oder soziales Engagement. Auch das Jugendamt finanziert unter bestimmten Voraussetzungen Schulplätze.

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Johann Friedrich
1 Jahr zuvor

„Weiterbildung bringt Momentum“ – Marketingsprech aus dem Lehrbuch, auch das Foto zeigt eindrücklich die Diversität an hessischen Schulen, der Klassenteiler entspricht dem Landesdurchschnitt.

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Johann Friedrich

Hamm ist in NRW, nicht Hessen.

Mary-Ellen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

@Walter:

„Schloss Heessen“ in Hamm/ NRW.
Steht auch so im Artikel.
Man spricht es mit Doppel-E aus.
Komme ursprünglich aus Hamm.
🙂

Walter
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mary-Ellen

@ Mary-Ellen
Ich dachte noch so bei mir, ich hätte es mit
„Hamm ist in NRW, nicht Hessen“
wie kommentiert bereits verstanden.

Danke sehr für den Hinweis, der bei @ Johann Friedrich zu „hessischen Schulen“ mit ohne „EE“ besser platziert wäre, oder?

Mary-Ellen
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

@Walter:

Womit Sie völlig recht haben!
Den Post von @Johann Friedrich hatte ich glatt überlesen.
Somit schiebe ich meinen kleinen Kommentar eine Etage höher.
Sorry und danke! 🙂

Johann Friedrich
1 Jahr zuvor
Antwortet  Walter

Da möchte ich mich in aller Form entschuldigen, dass ich die Bundesländer verwechselte. Ganz klar mein Fehler, vielen Dank für den Hinweis.
Was bleibt ist meine Verwunderung über die Werbesprache und das Fehlen von jeglicher Sensibiltät bezüglich Bildungsgerechtigkeit, zumal doch Privatschulen zu großen Teilen auch vom Staat finanziert werden, ein Staat, der „seine“ Lehrerinnen und Lehrer mit ganz anderen Klassengrößen arbeiten lässt.

Palim
1 Jahr zuvor

Wo doch Woche der Privatschulen ist und dort alles so unkompliziert läuft:

Wo ist eigentlich der Bericht über die Privatschulen, die die Coronatestungen an private Anbieter gegeben haben, statt die Testungen selbst in den Schulen vorzunehmen?

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Nee, das waren staatliche Ersatzschulen in Trägerschaft der Wölki-Diözese im Erzbistum Köln.

Es wundern sich ausschließlich die Kölner warum deren Stadtverwaltung die Domspitzen aus dem städtischen Logo nimmt. Ich sehe das analog zu den Kuttenverboten von auffälligen Motorradclubs oder als Zeichen von Reuls Bekämpfung der Bandenkriminalität.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  dickebank

Sind das keine Privatschulen oder ist es eine Frage der Definition?
https://www.schulministerium.nrw/privatschulen

dickebank
1 Jahr zuvor
Antwortet  Palim

Staatliche Ersatzschule >>> steht unter staatlicher Aufsicht, vergibt alle der Schulform entsprechenden Bildungsabschlüsse, wird im Gegenzug zu mindestens 90% aus staatlichen Mitteln finanziert. Häufig haben Ersatzschulen kirchliche Schulträger. Lehrkräfte an Ersatzschulen tragen die gleichen Amtsbezeichnungen wie an staatlichen Schulen allerdings mit dem Zusatz i.E. (im Ersatzschuldienst).

Ergänzungsschulen bedürfen der staatlichen Zulassung. Absolventen der Ergänzungsschulen müssen, um an Schulabschlüsse zu gelangen, als Externe vor staatlichen Prüfungskommissionen ihre Abschlussprüfungen ablegen.

Ob eine Schule eine Privatschule ist, hängt nicht davon ab, ob sie staatliche Mittel erhält, sondern hängt lediglich davon ab, wer Schulträger ist. Alle nicht-staatlichen oder nicht-kommunalen Schulträger sind automatisch private Schulträger.