BERLIN. Es hakt beim Digitalpakt – die Mittel fließen zu langsam ab, sodass möglicherweise die Digitalisierung der Schulen in Deutschland auf halber Strecke steckenbleibt. Vor allem ein Bereich kommt nicht in die Gänge: die IT-Administration, die Verwaltung der Technik und der Service bei Problemen also. Professionelle staatliche Strukturen sind nicht in Sicht. Dies zeigen die Antworten des Bundesbildungsministeriums auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Der Bund hat im Rahmen des sogenannten „DigitalPakts Schule“ insgesamt sechs Milliarden Euro bereitgestellt, um den Bildungsbetrieb in Deutschland zu digitalisieren – warum eigentlich? „Ziel ist, dass Lernende und Lehrende die Kompetenzen für eine zunehmend digitalisierte Lebens- und Arbeitswelt entwickeln“, so antwortet das Bundesbildungsministerium (BMBF) auf diese Frage (gestellt vom bildungspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Thomas Jarzombek, im Rahmen einer parlamentarischen Kleinen Anfrage).
Und weiter: „Digitale Kompetenzen und Fertigkeiten sind unabdingbar für einen souveränen Umgang mit Medien und Instrumenten und für ein selbstverantwortliches Leben in der digitalen Welt. Digitale Fertigkeiten und Kompetenzen ergänzen die Kulturtechniken Lesen, Schreiben und Rechnen. Aus Sicht des Bundes gilt es die Potenziale digitaler Lern- und Lehrwerkzeuge zu heben, um individuelleres und chancengerechteres Lernen zu unterstützen und individuelle Talente zu entfalten.“
“Durch die Zusatzvereinbarung ‚Administration‘ beginnt der Aufbau zeitgemäßer IT-Administrationsstrukturen und damit die Entlastung der Lehrkräfte”
Das kommt gut voran – meint jedenfalls das von der FDP-Politikerin Bettina Stark-Watzinger geführte BMBF. „Die aktuellen Fortschritte beim DigitalPakt Schule zeigen, dass digitale Werkzeuge und Infrastruktur für zeitgemäßes Lehren und Lernen zunehmend in den Schulen ankommen. Durch die Zusatzvereinbarung ‚Administration‘ beginnt zusätzlich der Aufbau zeitgemäßer IT-Administrationsstrukturen und damit die Entlastung der Lehrkräfte. Insofern schließt der DigitalPakt technisch bedingte Lücken und unterstützt nachhaltige Grundstrukturen in den Ländern und an den Schulen“, so heißt es.
Die dazu veröffentlichten Zahlen zeichnen allerdings ein anderes Bild. Während die Zusatzvereinbarung „Sofortausstattungsprogramm (Mobile Endgeräte für Schülerinnen und Schüler)“ tatsächlich schnell umgesetzt wurde – die dafür bereitgestellten 500 Millionen Euro waren zum Jahresende 2021 bereits abgeflossen –, lief es beim zusätzlichen Posten „Leihgeräte für Lehrkräfte“ zunächst zögerlicher an. Bis zum 31. Dezember waren erst rund 300 der bereitgestellten 500 Millionen Euro bewilligt und ausgezahlt, war der Topf dann doch ein halbes Jahr später weitgehend ausgeschöpft (mit 483 Millionen Euro). Die zusätzlichen Tablets und Laptops aus den Sonderprogrammen für Schüler und Lehrer seien fast vollständig in den Schulen angekommen, meldete Stark-Watzinger Anfang September. „Auch die Verbesserung der IT-Administration und damit eine Entlastung der Lehrkräfte nimmt langsam Form an. Als Bund werden wir die Länder und Kommunen weiter dabei unterstützen, dass das Geld schneller in den Schulen ankommt.“
Dafür sei, so heißt es in der Antwort der Kleinen Anfrage, „der Austausch über mögliche Beschleunigungen durch das BMBF auf Fachebene der Länder und Kommunen angestoßen“ worden. Heißt konkret? „Das BMBF initiierte im Frühjahr 2022 ein Vernetzungsangebot zum Thema Aufbau von professionellen und zukunftsfähigen IT-Administrationsstrukturen an Schulen. Im ersten vom BMBF am 30. März 2022 gestalteten Workshop tauschten sich dazu Expertinnen und Experten der Schulträger intensiv anhand von Best-Practice-Beispielen aus. Für die unmittelbaren Akteure im DigitalPakt hat das BMBF mit der ersten Statuskonferenz zum DigitalPakt im Juni 2022 ein weiteres Format etabliert. Mit 1.200 Teilnehmenden haben die Fachebene aus den Landesministerien, Schulträger und Schulen das Format gut angenommen und positiv bewertet. Der Wille und die Bereitschaft, voneinander zu lernen, sind bei allen Beteiligten vorhanden. Das BMBF hat die Planung der Statuskonferenz 2023 zusammen mit den Ländern bereits begonnen.“
Dass die Verbesserung der IT-Administration damit „Form“ annimmt, wie Stark-Watzinger behauptet, lässt sich anhand der Zahlen allerdings kaum belegen. Hier tut sich fast nichts: Von den eigens dafür in einem Sondertopf bereitgestellten 500 Millionen Euro sind bislang (Stichtag 30. Juni) erst 116 Millionen Euro beantragt und bewilligt – und für existierende Projekte lediglich 18 Millionen Euro ausgezahlt worden. Das sind, bei rund 30.000 Schulen in Deutschland, umgerechnet gerade mal 600 Euro pro Einrichtung.
Auch beim größten Paket, dem sogenannten „Basis-DigitalPakt Schule“, ist wenig Dynamik zu erkennen. Zum 31. Dezember 2021 waren von den insgesamt bereitstehenden fünf Milliarden Euro gerade mal 2,4 Milliarden Euro beantragt und bewilligt, aber nur 420 Millionen Euro abgeschlossen und bezahlt. Wohlgemerkt: nach über drei Jahren Laufzeit.
Auch unter der Leitung von Stark-Watzinger tröpfelt es mehr, als es fließt: bis zum 31. Juni 2022 waren gerade mal drei Milliarden Euro beantragt und bewilligt und lediglich 590 Millionen Euro abgeflossen, also nicht mal 15 Prozent. Dabei ist Eile geboten: Der Digitalpakt endet 2024 – und das von Ländern und Kommunen erwartete Anschlussprojekt „Digitalpakt 2.0“ steht in den Sternen.
“Außer der Schaffung von Gesprächskreisen scheint es im BMBF keine Strategie zu geben, wie digitale Bildung in der Fläche verankert werden kann”
„Die Beschleunigung des DigitalPakt Schule war im Sinne von ‚digital first‘ eine selbsterklärte Priorität der Bundesbildungsministerin“, sagt der CDU-Bildungspolitiker Jarzombek. „Die Antworten der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage zeichnen ein Bild des Stillstandes. Außer der Schaffung von Gesprächskreisen scheint es im BMBF keine Strategie oder inhaltliche Vorstellung zu geben, wie digitale Bildung in der Fläche verankert werden kann. Es ist kein Geheimnis, dass Fördermittel aus dem DigitalPakt Schule in der Regel zum Ende eines Förderprojektes abgebucht werden. Die Ministerin schmückt sich mit fremden Federn, wenn sie die aktuellen Zahlen auf das eigene Wirken zurückführt. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Von einer Beschleunigung des DigitalPaktes Schule seit Amtsantritt von Bildungsministerin Stark-Watzinger kann keine Rede sein. Dies wäre jedoch dringend erforderlich insbesondere beim Aufbau von Administrationsstrukturen.”
Verfällt das Geld insbesondere für die Administration der Schul-IT am Ende ungenutzt, weil die Mittel nicht abgerufen werden? Stark-Watzinger hat bereits Probleme eingeräumt. „Der Digitalpakt nimmt weiter an Fahrt auf, aber das Tempo stimmt noch nicht. Deshalb wollen wir den Digitalpakt weiter beschleunigen“, erklärte sie – und setzt auf Gesprächsrunden: „Erste Weichenstellungen dafür haben wir vorgenommen. Es gibt einen intensiven Austausch mit Ländern und Kommunen etwa über Best Practices und Beratungsangebote für Schulträger.“ News4teachers
