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Lehrermangel – Gros der Schulleitungen meint, dass angemessene Förderung von Schülern nicht mehr möglich ist

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STUTTGART. Den Schulen mangelt es an Lehrkräften. Einer bundesweiten Umfrage unter Schulleitungen zufolge stellt fehlendes Personal die größte Herausforderung für die Schulen dar. Schülern kann oft nicht die benötigte Unterstützung beim Lernen geboten werden. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.

Es gelingt nach Ansicht der Schulleitung immer schlechter, einzelne Kinder im Unterricht zu fördern – Lehrkräfte fehlen. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Das größte Problem an Deutschlands Schulen ist aus Sicht der Schulleiter der Mangel an pädagogischem Personal. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Forsa-Befragung im Auftrag der Robert Bosch Stiftung, die am Mittwoch in Stuttgart veröffentlicht wurde. Besonders angespannt ist die Situation demnach an Schulen in sozialen Brennpunkten. Auch deutliche Lernrückstände bei Schülerinnen und Schülern werden angezeigt. Die Bildungsgewerkschaft GEW rief angesichts der Ergebnisse der Umfrage die «Alarmstufe dunkelrot» aus und forderte schnelle und nachhaltige Hilfen für die Schulen.

Laut Deutschem Schulbarometer, für das erstmals seit 2019 ausschließlich Schulleitungen statt Lehrkräfte befragt wurden, halten zwei Drittel (67 Prozent) der Befragten den Personalmangel für die größte Herausforderung an ihrer Schule. Mit 80 Prozent wird er demnach besonders häufig an Schulen in sozial schwieriger Lage genannt.

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«Für den Lehrkräftemangel gibt es keine schnelle und vor allem keine einfache Lösung», sagte Dagmar Wolf von der Robert Bosch Stiftung. Weniger bürokratischer Aufwand könne die aktuelle Personalnot an den Schulen aber zumindest lindern, erklärte sie. So könne beispielsweise die Anstellung von Unterstützungsfachkräften in der Verwaltung, von pädagogischen Assistenzkräften oder ausländischen Lehrkräften für Erleichterung sorgen.

«Der eklatante Lehr- und Fachkräftemangel ist die Achillesferse des Schulsystems. Er gefährdet mittlerweile die Bildungsanstrengungen in Deutschland insgesamt»

Alarm schlagen auch die Bildungsgewerkschaft GEW und der Verband Bildung und Erziehung (VBE). «Der eklatante Lehr- und Fachkräftemangel ist die Achillesferse des Schulsystems. Er bremst nicht nur nahezu jedes schulpolitische Reformvorhaben aus, sondern gefährdet mittlerweile die Bildungsanstrengungen in Deutschland insgesamt», sagte GEW-Vorstandsmitglied Anja Bensinger-Stolze. «Schulleitungen und Kollegien brauchen endlich wieder Rahmenbedingungen, um ihre Arbeit professionell tun zu können», forderte sie. Es gelte, dem Teufelskreis aus Überlastung durch Lehrkräftemangel und Lehrkräftemangel durch Überlastung zu entkommen. Das werde jedoch nur gelingen, wenn die Politik bereit sei, insgesamt mehr Ressourcen ins System zu stecken.

Kurzfristig könnten etwa die schnellere Anerkennung ausländischer Lehramtsabschlüsse sowie die Qualifikation von Quer- und Seiteneinsteigern Entlastung bringen. Darüber hinaus müssten die Kultusministerkonferenz (KMK) und die Länder umgehend eine Strategie entwickeln, kontinuierlich eine ausreichende Zahl Lehrkräfte auszubilden und einzustellen.

«Lehrkräftemangel ist für uns in der Schule nicht nur eine Zahl, es ist eine reale Bedrohung für die pädagogische Qualität unseres Angebots», teilte der VBE-Bundesvorsitzende Gerhard Brand mit. «Vor allem, wenn noch lauter darüber nachgedacht wird, das Lehramtsstudium zu verkürzen und die Lehrbefähigung schon mit dem Bachelor erreicht wird.» Das sei ein Irrweg, warnte er mit Blick auf eine entsprechende Initiative des Landes Brandenburg (News4teachers berichtete).

Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ria Schröder, forderte angesichts der Umfrageergebnisse ein Bürokratieentlastungsgesetz für Schulen. «Die Kultusminister sollten prüfen, an welchen Stellen unnötige Vorgaben wegfallen können. Schulen und Schulleitungen brauchen mehr Freiheit und weniger Bürokratie», erklärte sie.

Laut Umfrage haben durchschnittlich ein Drittel der Schüler aktuell deutliche Lernrückstände – an Brennpunktschulen doppelt so viele

Das Schulbarometer zeigt zudem, dass mehr als drei Viertel (78 Prozent) der Schulleitungen meinen, einigen Schülerinnen und Schülern nicht die benötigte adäquate Unterstützung beim Lernen bieten zu können. Laut der Umfrage haben durchschnittlich 35 Prozent der Schüler aktuell deutliche Lernrückstände, an Schulen in sozial schwieriger Lage sind es mit geschätzten 65 Prozent fast doppelt so viele.

Weit abgeschlagen hinter dem Personalmangel gaben die befragten Schulleitungen die schleppend vorankommende Digitalisierung sowie eine schlechte technische Ausstattung (22 Prozent) als Probleme an, gefolgt von zu viel Bürokratie (21 Prozent) und der hohen eigenen Arbeitsbelastung (20 Prozent). Die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen beschäftigen der Umfrage zufolge nur noch jede zehnte Schule.

Weitere Ergebnisse:

  • Eine positive Wirksamkeit der CoronaAufholprogramme sieht nur ein Drittel aller Schulleitungen (32 Prozent). An Gymnasien fällt das Urteil am positivsten aus (42 Prozent). Insbesondere Schulen in sozial schwieriger Lage und solche mit dem höchsten Anteil an Schülern mit Lernrückständen wurden von den Förderprogrammen nicht erreicht (nur 23 Prozent und 25 Prozent sehen eine positive Wirksamkeit).
  • Im Durchschnittlich gibt es an 69 Prozent der Schulen Angebote der Schulsozialarbeit. 35 Prozent der Schulen bestätigen, Unterstützung durch Schulpsychologen zu erhalten. Jedoch sagt die Hälfte der Schulleitungen, die ein jeweiliges Angebot an ihrer Schule haben, dass dennoch der Bedarf nicht ausreichend gedeckt wird.
  • 48 Prozent der Schulleitungen meinen, dass die traditionelle Prüfungskultur und Benotungspraxis eine starke psychische Belastung für die Schülerinnen und Schüler ist. In Ostdeutschland (36 Prozent) und in Berufsschulen (34 Prozent) ist die Zustimmung niedriger.
  • 57 Prozent der Schulleitungen sehen Bedarf an Fortbildungen zum Umgang mit psychosozial belasteten Kindern. Fast die Hälfte (45 Prozent) wünscht sich zu diesem Thema eine Supervision bzw. ein Coaching. Fortbildungen zum Umgang mit Kindern und Jugendlichen mit Fluchterfahrung erachten 39 Prozent aller Schulleitungen als notwendig.
  • Mehr als die Hälfte der Schulleitungen (59 Prozent) geht nicht davon aus, dass eine ausreichende Förderung in Deutsch für Neuzugewanderte an ihrer Schule gewährleistet werden kann. Insbesondere an Grundschulen ist die Lage dramatisch: Drei Viertel der Grundschulen (71 Prozent) können keine ausreichende Förderung zusichern. Zudem wird erkennbar: Ukrainische und insbesondere neu zugewanderte Schülerinnen und Schülern aus anderen Ländern als der Ukraine werden häufiger in Schulen in sozial schwieriger Lage beschult.

Trotz der zwei Milliarden Euro schweren Unterstützung aus dem Bund-Länder-Paket «Aufholen nach Corona» benötige die große Mehrheit der Schulleitungen (70 Prozent) dringend weitere Fördermittel, erläuterte Wolf. Das Ziel, insbesondere sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu unterstützen, sei weit verfehlt worden, weil alle Schulen über einen begrenzten Zeitraum Fördermittel nach dem sogenannten Gießkannenprinzip erhalten hätten. Es brauche hingegen eine langfristige und passgenaue Unterstützung der Schulen, forderte Wolf.

Auch die Zuwanderung von Schülerinnen und Schülern stellt die Schulen vor große Herausforderungen. Im Schnitt sieben Kinder und Jugendliche aus der Ukraine haben sie seit März 2022 nach Schätzungen der befragten Schulleitungen aufgenommen. Durchschnittlich fünf waren es demnach aus anderen Ländern. Rund die Hälfte der Schulen sieht laut Schulbarometer aktuell keine Kapazitäten mehr für die Aufnahme weiterer Schülerinnen und Schüler. Mit 45 Prozent gaben insbesondere Schulen an sozial benachteiligten Standorten an, bereits über ihrer Kapazitätsgrenze zu arbeiten. Laut Schulbarometer haben sie überdurchschnittlich häufig neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler aufgenommen. News4teachers / mit Material der dpa

Hier lässt sich das vollständige Schulbarometer herunterladen.

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