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Lehrermangel: “Die Situation wird angespannt bleiben!” GEW fordert, Lehrpläne auszudünnen

HANNOVER. Dass der Unterricht ausfällt, kommt im Schulalltag immer wieder mal vor – zuletzt allerdings immer öfter. Im vergangenen Schuljahr war die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen so schlecht wie seit Beginn der Erfassung vor 20 Jahren noch nie. Wird sich das im neuen Schuljahr, das am Donnerstag beginnt, ändern? Die GEW macht Vorschläge, wie das Problem zu lindern wäre.

Sollten die Lehrpläne beschnitten werden? Foto: Shutterstock

Skepsis ist angebracht, denn weiterhin fehlen Hunderte, wenn nicht Tausende Lehrerinnen und Lehrer. Wie das Kultusministerium mitteilte, sind von 1748 ausgeschriebenen Stellen bisher erst 1419 besetzt worden. Erfreulich sei aber, dass deutlich mehr Lehrkräfte eingestellt wurden als gleichzeitig die Schulen verlassen haben.

Landesweit gibt es rund 70.000 hauptamtliche Lehrerinnen und Lehrer an den allgemein bildenden Schulen. Nach Ansicht der Bildungsgewerkschaft GEW würden rund 7.500 weitere benötigt.

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Um dem seit Jahren anhaltenden Personalmangel kurzfristig zu begegnen, setzt die Landesregierung insbesondere auf Quereinsteiger. Bereits vor einem Jahr hatte Niedersachsen die Einstellung von Quereinsteigern erleichtert, wenn diese bestimmte Berufserfahrungen oder eine Empfehlung des Schulleiters vorlegen können. Befristete Stellen wurden auch für Bewerber mit einer Fachschulausbildung oder Meisterprüfung anstelle eines Studienabschlusses geöffnet.

Gefragt nach den Maßnahmen zur Verbesserung der Situation, verweist das Ministerium daneben auf die für 2024/25 geplante Anhebung der Gehälter von Lehrkräften, die an Grund-, Haupt- und Realschulen unterrichten. Diese soll die Arbeit an den Schulen attraktiver machen. Zudem solle zusätzliches Schulpersonal etwa für die IT oder Verwaltung die Lehrkräfte entlasten, so das Ministerium.

«Gerade vor dem Hintergrund der verschärften Personalsituation ist es wichtig zu prüfen, was notwendig ist und was Kür»

Gewerkschaftern und der Opposition reicht das nicht aus. So erwartet GEW-Landeschef Stefan Störmer, dass sich der Fachkräftemangel im kommenden Schuljahr weiter verschärfen wird: «Die Situation wird angespannt bleiben. Denn, wo es keine Lehrkräfte gibt, kann man keine gewinnen.» Weil auch vielen anderen Branchen das Fachpersonal fehle, könne man nicht davon ausgehen, die Lücke an den Schulen mit Quereinsteigern füllen zu können. «Diese finden häufig attraktivere Angebote außerhalb von Schule», sagte Störmer.

Er ist enttäuscht, dass selbst angekündigte Maßnahmen bisher nicht umgesetzt worden seien. So hätten künftige Pensionäre vor Eintritt in ihren Ruhestand vom Ministerium angeschrieben und zu einer Weiterarbeit ermutigt werden sollen. Außerdem müssten die vollen Lehrpläne überprüft werden. «Gerade vor dem Hintergrund der verschärften Personalsituation ist es wichtig zu prüfen, was notwendig ist und was Kür», sagte Störmer.

Der CDU-Bildungspolitiker Christian Fühner bezeichnete es als besorgniserregend, dass Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) seit ihrem Amtsantritt Ende letzten Jahres noch keine Maßnahmen ergriffen habe, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen. Fühner schlug vor, unter anderem die Mehrarbeit von Lehrkräften finanziell stärker zu belohnen und sie aus der Ganztagsbetreuung in den Kernunterricht zu verlegen. Im Ganztagssystem könnten dafür vermehrt pädagogische Mitarbeiter, Coaches und Vereine eingesetzt werden.

Um langfristig besser vorbereitet zu sein, will die Landesregierung auch das Lehramtsstudium überarbeiten und attraktiver machen. Dafür sei man in einem intensiven Austausch mit dem Wissenschaftsministerium, erklärte das Kultusressort.

Bisher allerdings brechen viele angehende Lehrerinnen und Lehrer das Studium oder Referendariat ab, betonte die Gewerkschaft GEW. «Wir benötigen dringend eine Ausbildungsreform. Die Landesregierung tut gut daran, hier schnell ein Konzept und einen Zeitplan vorzulegen», sagte deren Landeschef Störmer. Am kommenden Mittwoch will Ministerin Hamburg ihre Pläne für das neue Schuljahr vorstellen. Von Christopher Weckwerth, dpa

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