Studie zur Kinderarmut: Investitionen in junge Menschen (einschließlich in deren Bildung) rechnen sich für Staat und Gesellschaft

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BERLIN. Kinderarmut zu bekämpfen, braucht eine Menge Geld. Allerdings, das zeigt eine aktuelle Studie, ist es auf Dauer für Staat und Gesellschaft deutlich teurer, die Folgekosten zu tragen, als das Problem engagiert anzugehen. Investitionen in junge Menschen – wozu neben einer auskömmlich finanzierten Kindergrundsicherung auch eine vernünftige Ressourcenausstattung des Bildungssystems gehört –, würden sich auszahlen.

Es macht mehr Sinn, Wachstum früh zu fördern – als sich hinterher über schlechte Erträge zu wundern. Foto: Shutterstock

„In Armut lebenden Kindern fehlt es an Dingen, die für andere Kinder selbstverständlich sind: von Kleidung über gesunde Ernährung bis hin zu Medienzugang und Schulausstattung. Auch die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ist häufig stark eingeschränkt. Gesundheitliche Benachteiligungen und ein schlechterer Bildungszugang prägen ihre Situation“ – so heißt es einleitend in einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag der Diakonie.

Auch in der Bildung macht sich Kinderarmut bemerkbar. „Beispiele sind etwa der weniger regelhaft verlaufende Schulstart armer Kinder, ihre niedrigere Versetzungsquote, eine schlechtere durchschnittliche Benotung oder seltenere Gymnasialempfehlungen. Auch haben Kinder aus Haushalten mit SGB II-Bezug deutlich seltener Zugang zu Ressourcen, die schulischen Erfolg erleichtern. So haben ca. 13 Prozent der Kinder in Haushalten mit SGB II-Bezug keinen geeigneten Lernort zu Hause – verglichen mit 0,7 Prozent in Familien mit gesichertem Einkommen. Knapp einem Viertel der Kinder in Haushalten im SGB II-Bezug fehlt ein Computer mit Internetanschluss“, so heißt es in der Untersuchung.

„In der Diskussion über die Kindergrundsicherung dürfen nicht nur die kurzfristigen Sparzwänge im Bundeshaushalt eine Rolle spielen“

Kinderarmut hat der Studie zufolge einen hohen Preis auch für Staat und Gesellschaft. Demnach haben armutsbetroffene Kinder ein höheres Risiko, gesundheitliche Probleme zu bekommen und arbeitsunfähig zu werden als Kinder aus ökonomisch starken Familien. Allein die direkten und indirekten Kosten im Zusammenhang mit Adipositas, deren Risiko mit Kinderarmut steigt, liegen bei jährlich mehr als 60 Milliarden Euro, so haben die Studienautorinnen und -autoren untersucht. Damit sorge Kinderarmut langfristig für höhere öffentliche Ausgaben für Gesundheitsversorgung sowie höhere Auszahlungen in den Sozialversicherungssystemen.

„In der Diskussion über die Kindergrundsicherung dürfen nicht nur die kurzfristigen Sparzwänge im Bundeshaushalt eine Rolle spielen“, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie bei der Präsentation des Gutachtens. „Wir müssen auch über die mittel- und langfristigen Belastungen für Staat und Steuerzahler sprechen, die sich zwangsläufig ergeben, wenn wir nicht frühzeitig in alle Kinder investieren.“ Denn gesunde und gut ausgebildete Kinder hätten deutlich bessere Chancen, sich ein selbstständiges Leben mit höheren Einkommen und einer geringen Abhängigkeit von staatlichen Hilfen aufzubauen.

So heißt es in der Studie: „Durch gezielte Investitionen in die Gesundheitsversorgung, Bildung und soziale Unterstützung von Kindern können langfristige Vorteile erzielt werden. Gesunde und gut ausgebildete Kinder haben deutlich bessere Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben mit höherem Einkommen und einer geringeren Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung.“

Mit der Kindergrundsicherung will Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) Leistungen für Familien zusammenfassen und diese zugleich erhöhen. Die FDP sieht Leistungsverbesserungen kritisch. Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte der „F.A.Z.“: „Eine fünfköpfige Familie, die Bürgergeld bezieht, erhält heute schätzungsweise 36.000 bis 38.000 Euro im Jahr vom Steuerzahler.“ Es helfe wenig, ihnen nun hohe zusätzliche Transfers zu zahlen, seien es 1000 oder gar 3000 Euro im Jahr.

Wie viel die Kindergrundsicherung nun kosten wird, bleibt Streitthema in der Ampel-Koalition. Für das Jahr 2025, in dem sie starten soll, sind momentan nur zwei Milliarden Euro vorgemerkt. Paus hatte jedoch zu Beginn 12 Milliarden pro Jahr gefordert und zuletzt von maximal sieben Milliarden Euro jährlichen Kosten für die Kindergrundsicherung ausgegangen.

„Es wäre ein Fehler, die Ausgaben für die Kindergrundsicherung auf zwei Milliarden Euro zu drücken, wie es derzeit im Bundeshaushalt vorgesehen ist“

Für die Diakonie ist keine der Summen ausreichend: Notwendig wären nach ihren Angaben mindestens 20 Milliarden Euro. „Das ist ein Bruchteil der Summe, die Staat und Steuerzahler heute schon schultern müssen, wenn Kinderarmut nicht energischer bekämpft, sondern stattdessen lieber die enormen Folgekosten in Kauf genommen werden“, sagte Diakonie-Präsident Lilie.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher, dringt ebenfalls auf eine rasche Einführung der Kindergrundsicherung. „Große Sorge bereitet mir, dass die Kindergrundsicherung aus Kostengründen scheitern könnte“, sagte Fratzscher. „Es wäre ein Fehler, die Ausgaben für die Kindergrundsicherung auf zwei Milliarden Euro zu drücken, wie es derzeit im Bundeshaushalt vorgesehen ist.“ Die besten Investitionen, die ein Staat machen könne, sei in seine Menschen.

Aktuell ist nach den Daten des Statistischen Bundesamtes knapp jedes vierte Kind von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen. Vor Beginn der Inflation war es noch etwa jedes fünfte Kind. Besonders betroffen sind Kinder von Alleinerziehenden: 2022 waren 25,5 Prozent der Alleinerziehenden bei Haushalten armutsgefährdet. Bei zwei Erwachsenen mit einem Kind waren es dagegen 8,6 Prozent.

Und das bedeutet der Studie zufolge auch im Bereich Bildung hohe Folgekosten: Der oft schlechtere Zugang zu Bildungsangeboten für armutsbetroffene Kinder führe zu niedrigeren Bildungsabschlüssen und begrenzten beruflichen Perspektiven. Das wiederum erhöhe das Risiko von Arbeitslosigkeit und bedeute langfristig gesellschaftliche Kosten in Form von ausbleibenden Steuer- und Sozialabgaben und zusätzliche Transferleistungen. „Diese Kosten belaufen sich alleine für Personen eines Jahrgangs mit unzureichender Bildung auf 1,5 Milliarden Euro jährlich“, heißt es weiter.

Hier geht es zur vollständigen Studie.

In vier Bundesländern ballt sich die Kinderarmut – Brennpunkt-Schulen dort kämpfen auf verlorenem Posten

 

 

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Marc
8 Monate zuvor

Beim DIW kommen bei mir immer Zweifel auf. Das Institut mit Fratzscher an der Spitze gilt ja allgemein schon als sehr links. Da gibt man Freunden im Geiste wie der Paus von der Spd gerne Argumente in die Hand, damit sie leichter ihre Forderungen durchsetzen kann.

Für mich bleiben aber weiter zentrale Fragen offen:
Ich habe als Lehrkraft an einer Brennpunktschule viel mit armen Kindern und deren Eltern zu tun. Ich selber komme ebenfalls aus einer Scheidungsfamilie und habe Armut erlebt.
Für mich liegt der mangelnde Bildungserfolg selten daran ob ein 50er mehr im Geldbeutel ist oder nicht. Eher liegt es an der generellen Einstellung der Eltern zu Bildung. Und dieses Verhältnis zu Bildung und diese Softskills wie Fleiß, Arbeitsverhalten, usw. verbessern sich um kein Promille wenn ich die Menschen mit immer mehr Sozialleistungen zuschütte. Bei manchen würde es sogar nur eher dazu führen, dass man sich den dickeren Mercedes leasen kann. Denn oft kommt Geld bei den Kindern auch sowieso nicht an (alles schon erlebt).

Fakten sind Hate
8 Monate zuvor
Antwortet  Marc

Ich habe einen ähnlichen Background wie Sie und arbeite ebenfalls an einer Brennpunktschule (Gesamtamtschule).
Ich habe durchaus bemerkt, dass die Kinder aus reichen Familien einen deutlichen Bildungsvorsprung hatten. Alleine die ganzen Sprachreisen, der Klavierunterricht und Ausflüge (Museum, Theater,…) machten in der Schulzeit – überspitzt formuliert- ein bis zwei Noten besser aus. Sicherlich ist das Abitur ein Bildungserfolg, aber nur wenn man sich nach unten vergleicht. Selbst bei gleichem Abischnitt merkt man den Vorteil der reicheren.

Teacher Andi
8 Monate zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Bildungsaffinität ist nicht unbedingt eine Sache des Geldbeutels, sondern, wie Marc bereits erwähnte, von der Einstellung der Eltern abhängig und ihren Umgang mit Geld, bzw. ihre Erziehungs- und Überzeugungsarbeit ihren Kindern gegenüber. Ich denke auch nicht, dass das Geld 1:1 bei den Kindern ankommt, wenn man es den Eltern in die Hand drückt. Zielführender wären da unkomplizierte Bildungspakete, Betreuung und kostenloses Mittagessen. Manche Kinder müssen leider aus dem Einfluss der Eltern herausgenommen werden. Und da werden die zusätzlichen Investitionen versickern und keinen Effekt zeigen. Die Politik geht immer vom Idealfall Eltern/Schüler aus und blendet die Realität völlig aus. Wir müssen endlich sorgsamer und vernünftiger mit den Steuergeldern umgehen und sicherstellen, dass sie auch wirklich ankommen. Alles andere kann man mittlerweile nicht mehr vermitteln. Zu viel Gelder wurden schon verschwendet. Der Steuerzahler wird dazu erst gar nicht gefragt.

Daddy Cool
8 Monate zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Tausche „geich“ gegen „bildungsnah“ und „arm“ gegen „bildungsfern“, dann passt das schon eher. Viele hochwertige auserschulische Angebote kosten nicht unbedingt viel Geld. Die Eltern müssen sich nur bewegen.

Daddy Cool
8 Monate zuvor
Antwortet  Daddy Cool

Konnte zeitnah meine Tippfehler leider nicht korrigieren. Das war offenbar systembedingt nicht möglich (Lt. Meldung hatte ich wohl zu schnell getippt…). Es muss zum einen „reich“ und zum anderen „außerschulische“ heißen

Maya
8 Monate zuvor
Antwortet  Fakten sind Hate

Wie sieht nun Ihre Lösung aus?

PT NRW
8 Monate zuvor
Antwortet  Marc

Schade, dass Sie so viel Zuspruch erhalten.
Dass viele Eltern Leistungen (wie die angedachte Kindergrundsicherung) nicht an die Kinder „weitergegeben“ ist meines Erachtens ein Vorurteil. Studien haben hier anderes Bild ergeben (u.a. 2018 Studie der Berthelsmann-Stiftung):

https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2018/november/gegen-armut-geld-fuer-familien-kommt-bei-kindern-an/)

Gerne können wir aber auch bei kostenloser Kinderbetreuung, kostenloses Essen in Kitas und Schulen sowie Finanzierung aller Lernmittel durch den Staat anfangen…. Überall ist Luft nach oben.

Teacher Andi
8 Monate zuvor
Antwortet  PT NRW

Wie die Ergebnisse dieser Untersuchung zustande kamen, geht aus dem Bericht nicht hervor und ich bin da etwas skeptisch, da die Berthelsmann Stiftung als relativ staatsnah gilt.
Es behauptet jas keiner, dass alle Eltern zuusätzliches Geld nicht für ihre Kinder verwenden, aber ein großer Teil wird es doch tun, das kann man nicht abstreiten. Und deshalb sollte die Art der Zuwendung anders gehandhabt werden, das ist man dem Steuerzahler, der das finanzieren muss, schon schuldig.

Bayer
8 Monate zuvor
Antwortet  PT NRW

Es wäre ein sinnvoller Anfang gemacht.
Wenn dann das Essen noch einfach aber brauchbar ist ( einfache Gerichte, Kosten für Konvektoren in frische Ware investieren, etc)
wird die Denke gefördert, Gesundheit, körperlich wie auch! psychisch untermauert.
Ganz einfaches Basiswissen.
Danke für Ihren Anstoß.

A.J. Wiedenhammer
8 Monate zuvor
Antwortet  Marc

Vollkommen ungenannt bleibt in diesem Zusammenhang immer die Möglichkeit, dass es auch sein könnte, dass die mangelnde Bildungsaffinität mancher Familie direkt etwas mit (daraus folgender) finanziellen Minderbemittelung zu tun haben könnte.
Ursache und Wirkung sind nicht immer leicht zu unterscheiden.

„im Auftrage der Diakonie“… Jo mei, direkt als unabhängig würde ich weder Auftraggeber noch Ausführende der Studie bezeichnen.

ed840
8 Monate zuvor
Antwortet  Marc

Wenn man sich die Studie genauer anschaut, sind Zweifel sicher angebracht.
Soweit ich das erfasst habe, wurden nur drei Szenarien verglichen. S1 mit gleichen Leistungen wie bisher und Bürokratieabbau, S2 mit 50,-€ zusätzlich und S3 mit 100,- € zusätzlich. Dazu wurde jeweils die Auswirkung auf die statistische Armutsgefährdungsquote betrachtet. Ob die Kinder dadurch auch gesünder ernährt würden, mehr Sport und Bewegung treiben würden, weniger Adipositas entwickeln, Sprachdefizite behoben würden, mehr Hilfe bei den Schularbeiten erfolgen würde usw. habe ich dort nicht gefunden. Das wären m.M. die eigentlich wichtigen Faktoren und Stellschrauben, die das Risiko senken könnten, dass aus armen Kindern wieder arme Erwachsene werden. Scheinbar wird vorausgesetzt, dass diese Probleme von selbst verschwinden, wenn mehr Geld auf dem Konto der Eltern eingeht.

DerechteNorden
8 Monate zuvor

Was mich am meisten stört, ist die Tatsache, dass man in diesem Land nur „mehr Geld für arme Familien“ fordern darf. Darüber wird dann diskutiert und gefeilscht.
Die Forderung, dass sämtliche Kinder vom Staat gut genug ausgestattet werden müssen, ist unerwünscht, wäre aber die einzige Möglichkeit die Chancen für sozial benachteiligte Kids zu erhöhen.
Leider ist das komplett verpönt.
Man sollte keine Gelder an Einzelne verteilen, wenn die nicht mit dem Geld so haushalten können, dass ihre Kinder etwas davon haben. Leider kann Frau Paus aber nur das einfordern, da alle immer sofort fragen „Wer soll das denn bezahlen?“, sobald es um die Ausstattung aller Kinder geht.

dickebank
8 Monate zuvor

„… Freunden im Geiste wie der Paus von der Spd …“

Hab ich da als einziger den Parteiübertritt nicht mitbekommen? Wann war der?

Dass das DIW arbeitnehmernah ist, ist nicht neu, genausowenig wie die Diakonie kirchennah ist. Die betrachtungsweise der beiden Organisationen mit Blick auf die Kindergrundsicheruung ist mit Sicherheit Interessen geleitet, ganz unwidersprochen. Nur sind die anderen Wirtschaftsinstitute, die zum Beraterkreis des Finanzministeriums gehören, ja auch nicht neutral. Dennoch kann man den Ansatz des DIW und der Diakonie nicht gänzlich von der Hand weisen. Armut nimmt Bildungschancen und die mögliche Förderung auf Antrag aus verschiedenen Töpfen macht es für betroffene Haushalte auch nicht einfacher.

Problematisch in der derzeitigen Situation ist es für die Aufstockerhaushalte und vor allem für die Haushalte, die knapp über der bemessungsgrenze liegen.

Grundsätzlich ist es besser präventiv zu handeln als im Nachgang in den Reparaturmodus schalten zu müssen. Die Verkehrsinfrastruktur sowie die Gebäudeunterhaltung durch die öffentliche Hand sollten als warnendes Beispiel ausreichend sein.

Bayer
8 Monate zuvor
Antwortet  dickebank

Ganz richtig, die Haushalte die “ knapp über der Bemessungsgrenze liegen “ kommen immer schwerer rum und das wirkt sich eindeutig auf die Versorgung/ Gesundheit der Kinder aus.
Nur, wie kann IMn “ präventiv gehandelt “ werden?
Die untere Mittelklasse nimmt z.B. oft lieber noch 3 Jobs dazu an, um nicht als bedürftig zu gelten oder das Häusle zu verlieren.
Das wirkt sich freilich auch auf die Kinder aus: wenig Zeit für sie, Unzufriedenheit, Gereiztheit werden übertragen……..wandern mit in die Schule….

dickebank
8 Monate zuvor
Antwortet  Bayer

Sache der Tarifparteien – aka von den im Vergleich zu Europa niedrigsten Stundenlöhnen kann keiner angemessen leben. Der Preis für den Exportüberschuss zahlen die Arbeitnehmer.

Georg
8 Monate zuvor

Investitionen lohnen sich im Allgemeinen, wenn der Ertrag höher ist als die Kosten. Als Kosten muss man natürlich alle Folgekosten berücksichtigen, also auch alle eventuell anfallenden Kosten für Bürgergeld, Haftstrafen, ausgefallene Sozialversicherungsbeiträge usw..

Richtig, nur ein Bruchteil dieser Kinder wird später im Leben im Gefängnis landen.

Karl Heinz
8 Monate zuvor

Die Erkenntnis, dass vor allem mangelnde Bildung hinterher zu viel kostet, ist ja keineswegs neu.

Nun wissen wir aber seit Bourdieu und neuerdings el-Eafaalani, dass die Kraft des (Klassen-)Habitus ungleich größer ist, als ein paar Stunden Schule.
Insofern sollte man m.E. durchaus schauen, dass Bildung an sich allen zugute kommt – mein freie Lehrmittel, ausreichend Personal inkl. Sozialarbeit im Freizeitbereich, Förderung von Vereins-Mitgliedschaften usw. statt reine Subventionierung der Familien.

Gleichzeitig sollte man aber auch die Rechnung der schlechteren beruflichen Chancen samt ausbleibenden Steuern hinterfragen.
Eine Reservearmee wird es immer bleiben.
Man schaue sich nur China aktuell an – unzählige Akademiker, die keine Jobs mehr finden, weil sie derzeit nicht gebraucht werden…

Uwe
8 Monate zuvor

Wie sehr uns der Neoliberalismus verdorben und wie weit wir schon in Richtung Abgrund gekommen sind zeigt diese Studie und auch die Reaktionen auf die Studie von den (hoffentlich nicht) Kolleg*innen hier. Das Kinderarmut in einer reichen Gesellschaft wie Deutschland ganz einfach moralisch falsch ist und deswegen schnellstmöglich beendet werden muss, selbst wenn das für die Wirtschaft neutral , ja sogar wenn es schlecht für die Wirtschaft wäre, so argumentiert keiner mehr. Dem ist aber so.

Marc
8 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Ahja, wahnsinn wie oft man von Kollegen politisch linker Schlagseite entweder direkt aus dem Dienst gewünscht wird, oder gleich nicht geignet für den Dienst erklärt wird, weil man eine andere Meinung vertritt. Hauptsache korrekt gegendert…..

Wenn Sie das Leistungsprinzip verteufeln, frage ich mich eher, ob Sie ihre Auslesefunktion noch wahrnehmen. Und ich frage mich ebenfalls, ob Sie noch zu unserer im Gesetz verankerten Wirtschaftsordnung, der sozialen Marktwirtschaft stehen.

Am Ende ist wie bereits gesagt die Frage, ob immer mehr Transferleistungen tatsächlich Verhaltensänderungen bei den Eltern erwirken. Ich glaube es nicht. Denn die Armut ist häufig kein blöder Zufall, sondern Resultat des eigenen Elternverhaltens.

Mo3
8 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

Kinderarmut sollte sicher bekämpft werden, aber ist es letztendlich nicht auch eine statistische Zahl und wenn man mehr Geld gibt, ist die Kinderarmut rein statistisch besiegt und damit das Problem für alle behoben? So einfach kann es doch nicht sein?

ed840
8 Monate zuvor
Antwortet  Mo3

Kinderarmut ist m.M. keine statistische Zahl. Die Kinderarmutsgefährdungsquote wäre diese statistische Zahl. Diese Quote lässt sich mit mehr Geld aufs Konto der Eltern ganz gut senken, wie z.B. die DIW-Studie zeigt. Wie stark sich das dann auf die Kinderarmut und deren Nebenwirkungen auswirkt, wurde m.W. beim DIW nicht untersucht.

A.J. Wiedenhammer
8 Monate zuvor
Antwortet  Uwe

„(hoffentlich nicht) Kolleg*innen “

Nach dem wievielten (?), ähnlich lautendem Kommentar gebe ich hiermit diesen Wunsch gleichlautend an den Absender zurück.

R.Wadel
8 Monate zuvor

Es erschließt sich mir nicht, wieso Geld für mehr Konsum eine Investition sein soll. Marode Schulen einerseits und mehr Geld für private Ausgaben andererseits passt nicht.

Indra Rupp
8 Monate zuvor
Antwortet  R.Wadel

Wie naiv! Das Geld würde nicht für Konsum ausgegeben (das können auch nur Akademiker denken), sondern bei Edeka, Aldi, Netto und Co landen.

Teacher Andi
8 Monate zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Oder vielleicht in den Nagelstudios?
Verzeihung, aber nach dieser seltsamen Antwort musste ich einfach zynisch werden.
Was denken Sie denn, was Konsum ist?

realo3
8 Monate zuvor
Antwortet  R.Wadel

Natürlich ist Geld für Konsum eine wirtschaftsfördernde Investition. Ich wundere mich immer wieder über die Unwissenheit in Wirtschaftsfragen.
Überlegen Sie einfach mal, wie viele steuerpflichtige Arbeitsplätze an der Herstellung von Konsumgütern hängen, die nicht nur Luxus sind, sondern fürs tägliche Leben gebraucht werden. Sollen die Beschäftigten dort lieber arbeitslos werden und von Sozialhilfe statt Lohnarbeit leben? Und wo soll dann das Geld für die vielen Sozialleistungen herkommen, wenn nicht von den Steuer- und anderen Abgaben der Beschäftigten – auch auch im Konsumbereich?
Sozialistische Staaten wie die Ex-DDR scheitern oft an ihrer mangelnden Wirtschaftsleistung. Ihnen geht finanziell die Puste aus. Dabei müssten sie nach Ihrer Vorstellung doch blühen und gedeihen, weil die Leute dort nur auf niedrigem Niveau konsumieren.

Ich gebe Ihnen allerdings insofern recht, dass Staatshilfen für reine Konsumanreize gewaltige Schattenseiten haben, weil dafür oft unnötig viel Steuergeld verpulvert wird und der Staat obendrein noch Schulden aufnehmen muss, weil das Geld für immer mehr Wohltaten nicht mehr reicht. Nicht umsonst wurde vor einigen Jahren die sogenannte „Schuldenbremse“ ins Grundgesetz aufgenommen, die das rasante Wachstum unserer Schuldenberge begrenzen sollte. Durch die Bildung von Schattenhaushalten und anderen finanzpolitischen Tricks ist die Schuldenbremse heutzutage aber kaum mehr als ein Papiertiger.
Wenn dann bei immer neuen Forderungen ein „reiches Deutschland“ behauptet wird, könnte ich platzen vor Ärger. Schon heute ist klar, dass unsere nachfolgenden Generationen ihre liebe Not haben werden, die aufgetürmten Schulden zurückzuzahlen.
Geld für mehr „Gerechtigkeit“ wird auf allen erdenklichen und oft auch spitzfindigen Gebieten gefordert, doch diese reale Generationen-Ungerechtigkeit wird höchstens am Rande erwähnt.
Warum sagt man lieber „reiches Deutschland“ als „verschuldetes Deutschland“ oder „arme Zukunft Deutschlands“?

Ländler
8 Monate zuvor

Geld und gute Bildung, von der die Zukunft unseres Landes abhängt, haben nur bedingt etwas miteinander zu tun. Es kommt auch immer darauf an, wofür die Eltern das Geld ausgeben und wie wichtig ihnen dabei die schulische Bildung ihrer Kinder ist.
Es gibt aber noch einen zweiten Aspekt, der ebenso wichtig ist, und zwar die Ausbildungs- bzw. Berufsinteressen. Hier hat es große Verschiebungen gegeben, die wenig erfreulich sind.

Wolfgang Herles, einstmals bekanntes und anerkanntes Gesicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, hat es so ausgedrückt:

„Wovon haben wir mehr als genug und wovon bekommen wir einfach nicht genug? Fassen wir das mal kurz zusammen:
Es fehlen unter anderem Altenpfleger, Lehrer, Heizungsbauer, Elektriker, Staatsanwälte, Chemielaboranten, Monteure, Krankenschwestern, Kindergärtner, Metallbauer, Kellner, Köche, Richter, Industriemechaniker, Soldaten, Busfahrer, Softwareentwickler, Betonfacharbeiter, Hilfskräfte, Lehrlinge.
Es gibt hingegen zu viele Studenten, Staatssekretäre, Genderwissenschaftler:innen, Politolog:innen, Kommunikationswissenschaftler:innen, Sensibilitäts-Expert:innen, öffentlich-rechtliche Redakteur:innen, Gleichstellungsbeauftragte, Abgeordnete…“

Teacher Andi
8 Monate zuvor
Antwortet  Ländler

Zu viele Vorstände, Aufsichtsräte, Immobilienmakler, Versicherungsmanager, Vermögensberater Börsenmakler nicht zu vergessen. Alles „Berufe“, die kein Mensch braucht. Dazu kommen die überbezahlten Fußballer der BuLi, wobei die Bezahlung dieses „Berufs“ bereits in den untersten Ligen anfängt. Es ist keine Wertschöpfung für die Gesellschaft mehr da. Und wenn einer krank wird, schreit er nach dem Krankenpfleger.

gehtsnoch
8 Monate zuvor

Die FDP hält es im aktuellen Budgetpoker für mindestens diskussionswürdig, so Lindner: „…in die Sprachförderung, Integration, Beschäftigungsfähigkeit der Eltern zu investieren und die Kitas und Schulen für die Kinder so auszustatten, dass sie vielleicht das aufholen können, was die Eltern nicht leisten können“ (aus RP-Online-Bericht)

Da wären die wenigen Milliarden für die angedachte Kindergrundsicherung sicher das weitaus kleinere Übel, wenn Standardausstattungen dann für Kita und Schule bundesweit nur mal auf „Stand der Technik!“ nachgerüstet würden.

SissyS
7 Monate zuvor

Die Diskussionen drehen sich hier ja im Kreis. Selbstverständlich ist es mit Geld möglich, mit den Kindern in die Oper zu gehen oder in fremde Länder zu jeten. Eine Lösung, den Bildungsrückstand benachteiligter Kinder zu verkleinern, wäre wenn kommunal auf städtische, kostenlose Angebote hingewiesen würde. Zielgruppengenaue Werbung in sozialen Medien wären eine sinnvolle Investition. Kinderschokolade & Co können es doch auch! Viele Museen und Kinderworkshops sind kostenfrei oder werden unterstützt. Es gibt Sommerfeste der Parteien mit Hüpfburg und Bastelaktionen oder Theater. Nur müssen diese Dinge sichtbar für die Zielgruppe werden.