Demütigungen und Übergriffe: Musikhochschulen zeigen sich über Vorwürfe betroffen

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HANNOVER. Eine studentische Initiative hat Hunderte Fälle mutmaßlicher Übergriffe an Musikhochschulen zusammengetragen. «Es geht um Beleidigungen und Demütigungen, um schwarze Pädagogik und um sexuelle Übergriffe», so schreibt der «Spiegel». Die Rektorenkonferenz der Hochschulen berät nun über Konsequenzen.

Nutzen Dozent*innen ihre Machtstellung aus? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Es geht um Demütigungen und Übergriffe: Die Rektorenkonferenz der deutschen Musikhochschulen (RKM) hat betroffen auf die Umfrageergebnisse einer studentischen Initiative gegen Machtmissbrauch reagiert. «Die geschilderten Fälle zeigen Missstände und Handlungsbedarfe auf, die von der RKM ernst genommen und diskutiert werden», teilte die Rektorenkonferenz am Donnerstag mit. Der Vorstand und die Hochschulleitungen seien dazu in einem engen Austausch. Außerdem bemühe sich der Vorstand, mit der studentischen Initiative in einen direkten Dialog zu kommen.

Eine Arbeitsgruppe Antidiskriminierung sei damit beauftragt worden, Handlungsempfehlungen für die Musikhochschulen zu erarbeiten, teilte die RKM weiter mit. Eine Abstimmung über koordinierte Maßnahmen sei für Mai geplant.

Mehrere Medien hatten in den vergangenen Wochen über die Umfrage der Initiative gegen Machtmissbrauch berichtet. Demnach wurden mehrere Hundert Fälle von Beleidigungen, Herabwürdigungen und Übergriffen zusammengetragen. «Uns erreichten Beschreibungen von Studierenden, deren Lehrende sie vor anderen anschreien, rassistische Sprüche machen bis zu unpassenden Berührungen», sagte eine Betroffene im Februar der «taz». Sie sprach von einem «Angstklima», weil die Karriere stark von der Lehrperson abhänge.

Der Ton zu vieler Dozenten ist den Schilderungen zufolge übergriffig, beleidigend, oft sexistisch, wie der «Spiegel» aktuell berichtet. «Du spielst gerade so, als würdest du in den Puff gehen, dir drei Frauen aussuchen und dann nicht wissen, was du mit ihnen anfangen sollst», soll eine Professorin in Ostdeutschland als Feedback auf ein Instrumentenvorspiel gesagt haben. Von «öffentlichen Demütigungen» vor den Klassen berichten andere. Da sei etwa gefragt worden: «Wie kann man so jung und so langweilig sein?» Eine Stunde sei mit dem Satz beendet worden: «Eigentlich ist die Aufnahmeprüfung da, um Leute wie dich aus dem Studium zu halten.» News4teachers / mit Material der dpa

„Asymmetrische Beziehungen“: Hochschulen wollen Machtmissbrauch in der Wissenschaft bekämpfen

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unverzagte
1 Monat zuvor

Dank der „me too“ Bewegung brechen immer mehr Betroffene ihr Schweigen und das Ende der Fahnenstange ist nicht wohl nich lange nicht in Sicht. Auch im Bildungsbereich findet sexuelle Belästigung im Kontext mit Machtmissbrauch offenbar selbstverständlich statt:

Unmittelbar vor meiner Verbeamtung auf Lebenszeit, fragte mich mein damaliger kurz vor der Pensionierung stehende Schulleiter, ob wir zu zweit essen gehen. Er stand direkt vor mir und starrte auf meinen Busen. Ich fand das extrem unangenehm und hab die Einladung dementsprechend ignoriert. Einer Kollegin aus älterer Generation erzählte ich von dem „Angebot“ und sie reagierte verständnislos: “ Na, dann schläfst Du halt einmal mit ihm und bist dafür lebenslänglich versorgt.“ Eine vermeintliche Logik, die mich schockierte.
Ob der Schulleiter ausschließlich meine Leistungen als Lehrerin mit „ausreichend und besser“ oder die gekränkte Eitelkeit des Verschmähten zu dieser erstaunlichen Note kam, entzieht sich meiner Kenntnis.

Im Nachhinein befürchte ich, dass dies keine Ausnahmeerfahrung ist. Überall wo es berufliche Machtgefälle gibt, lauern weiterhin Missbrauchssituationen primär von Mädchen und Frauen. Zukünftig erhoffe ich mir durch konsequente Veröffentlichung ein stetiges Aufbrechen von diesen tradierten, verkrusteten Machtstrukturen, um diese nicht nur sichtbar sondern langfristig auch verhindern zu können.

Teacher Andi
1 Monat zuvor
Antwortet  unverzagte

Diese sogenannten „Machtmenschen“ nutzen ihren Status aus, um ihr Ego, das eigentlich ganz erbärmlich ist, aufzupolieren, ein Zeichen von absoluter Schwäche. Zum Glück haben die Abhängigen inzwischen mehr Selbstbewusstsein als wir früher, um diesem inakzeptablen Verhalten entgegenzutreten. Ich würde huete auch ganz anders reagieren, wenn ich an frühere Erlebnisse denke.
Allerdings muss man aufpassen, dass die ganze Bewegung sich nicht ins Extreme entwickelt und jede unbedachte Äußerung ohne Hintergedanken an den Pranger gestellt wird.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Interessante, rein verhaltenspsychologisch orientierte Deutung zum Tätermotiv, die folgende Fragen offen lässt:

Wen genau meinen Sie mit „wir“ ? Sind das „die Abhängigen“ ? Wie würden Sie auf aktuellen Machtmissbrauch reagieren ?

Und wer bitte genauer soll zukünftig auf was aufpassen ? Konstruiert „man“ eventuell unbewusst im letzten Satz die klassische Täter-Opfer-Umkehr ?

Indra Rupp
1 Monat zuvor
Antwortet  unverzagte

Da Teacher Andi weiblich ist, haben Sie das falsch gedeutet.

Unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Inwiefern das Geschlecht von Teacher Andi für Sie von Bedeutung ist, dürfen Sie gern berichten.

Indra Rupp
1 Monat zuvor
Antwortet  Unverzagte

OK, Teacher Andi bestätigt empathisch Ihren Bericht und schreibt, dass es ihr auch so ergangen ist und Sie antworten als wolle hier sie hier die Täter schützen und sich als Mann als Opfer sehen.

Unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Offensichtlich liegen unterschiedliche Deutungen vor.
Der Kommentar von T. A. bleibt für mich, unabhängig vom Geschlecht der Person, auch nach wiederholtem Lesen eine sehr fragwürdige „Bestätigung“.
Entsprechende Antworten von T. A. stehen noch aus und könnten evtl. weiterführend sein.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Indra Rupp

„Metoo“ inkludiert alle Betroffenen, selbstverständlich auch Jungen und Männer.

Kritiken an der Bewegung ansich wären durchaus diskutabel. Schade, dass Machtmissbrauch selbst im Bildungsbereich auf so übersichtliches Interesse stößt.

unverzagte
25 Tage zuvor
Antwortet  unverzagte

Erneut zum offiziell illegalem, gesellschaftlich aber weiterhin schweigend toleriertem Machtmissbrauch: Ein „Unternehmer des Jahres“ im Kulturbereich einer Millionenstadt ließ sich um die Jahrtausendwende regelmäßig sehr junge Männer zu Prostitutionszwecken präsentieren. Einer dieser blassen Jüngelchen kam „danach“ zu mir an die Bar und forderte ein Glas Sekt, was ihm versprochen worden sei. Bis dato wusste ich nichts von diesen Vorgängen, d.h. der junge Mann zog gleichermaßen empört und enttäuscht seiner Wege.
Dies wird in anderen Großstädten in allen Bereichen (sic) ähnlich ablaufen. Dieser Unternehmer steht stellvertetend für weltweit Milliarden von Machtmissbrauchern, die ganz selbstverständlich Ihr Machtmonopol ausnutzen, indem sie die Ihnen Untergebenen benutzen. Eventuell „finanziell angemessene“ Entlohnungen sind hier vollkommen zweitrangig, da lebenslange Verletzung der Menschenwürde ausschlaggebend bleibt.

Indra Rupp
1 Monat zuvor

Ja, das gilt auch für Schauspielschulen und Ballettschulen und sonstigen Hochleistungssport.
Überall dort, wo es um Hochleistung geht, glauben die Lehrer, dass dieser 50er Jahre Stil angemessen ist und Pädagogik nur für allgemeine Schulen gelte. Und wenn es um Künstlerisches geht, wird eine Art Narrenfreiheit angenommen, da die Schüler sich ja später auch behaupten können müssen und hart im Nehmen sein müssen. Im Theater ist nix mit Pädagogik und Empathie, da muss sich jeder selber helfen und wer weich ist, geht unter. Begabung zählt und die mit großer Begabung haben idR auch psychische Probleme,schlechte Kindheit, ect. Dadurch kommt ja gerade der Tiefgang zur Charakterdarstellung und Interpretation. Cholerischer, Kaffeetassen durch die Gegend werfender Regisseur, von allen verachtet, aber extra aus Köln engagiert, weil sooo gut! Mit dem probt man dann den ganzen Tag in einem fensterlosen Bunker des Theaters, Meter unter der Erde. Ich hab mich da als 17jährige Hospitantin auch bis zum heulen anschnauzen lassen und weil ich geheult hatte, danach auch kein Stück mehr zum hospitieren bekommen.
Das ist wohl ein blinder Fleck im Land, da gelten andere Gesetze. Das Uni Professoren, die es nicht mehr mit Kindern zu tun haben, sich da mitunter auch ausnehmen, kann man sich gut vorstellen, zumal Studenten ja eine akademische Laufbahn anstreben, später relativ wohlhabend sein werden und somit ebenfalls „hart“ sein müssen.
Das ist doch was ganz anderes als Berufsschulen mit mitunter einer Klientel, die man überhaupt erstmal bei der Stange halten muss, damit wir später genug Handwerker im Land haben.