MAGDEBURG. «Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage» – dieses Label tragen mehrere Tausend Bildungseinrichtungen bundesweit. Der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestufte Landesverband der AfD Sachsen-Anhalt möchte das Programm abschaffen. Der Landtag dort lehnt das ab.
Die AfD-Landtagsfraktion ist im Landtag von Sachsen-Anhalt damit gescheitert, das Schulprogramm «Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage» abzuschaffen. Sowohl die schwarz-rot-gelbe Koalition als auch die Oppositionsfraktionen von Grünen und Linken lehnten einen entsprechenden Antrag am Donnerstag im Parlament ab. Das Programm soll die demokratische Kultur stärken und Toleranz fördern.
Die AfD hält «Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage» für einseitig, das Programm lasse die politische Neutralität vermissen, hieß es. Die anderen Fraktionen wiesen den Vorwurf zurück. Bildungsministerin Eva Feußner (CDU) sagte, politische Bildung müsse ohne Frage davor bewahrt werden, zu einem partei- oder gruppenbezogenen Instrument zu werden. Lehrkräfte seien aber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verpflichtet, so Feußner. Wenn Parteien oder Schüler die Grundprinzipien der Demokratie infrage stellten, «ist es geradezu die Pflicht einer Lehrkraft, keine neutrale Position einzunehmen und stattdessen diese Grundprinzipien zu verteidigen».
«AfD-Politikerinnen und Politiker arbeiten sich regelmäßig an dem Netzwerk ab»
Der Verfassungsschutz stuft den Landesverband der Alternative für Deutschland (AfD) als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. Die Behörde habe dafür zahlreiche muslimfeindliche, rassistische und auch antisemitische Aussagen von Funktions- und Mandatsträgern ausgewertet, so hatte Behördenleiter Jochen Hollmann dem Mitteldeutschen Rundfunk (mdr) im November mitgeteilt.
Der Verfassungsschutz habe umfangreiche Informationen gesammelt, die nicht mit Menschenwürde, Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip vereinbar seien, so Hollmann gegenüber dem Sender. «Der Landesverband vertritt nicht nur weiterhin verfassungsfeindliche Positionen, die zur Einstufung als Verdachtsfall geführt hatten, sondern hat sich vielmehr seit der Corona-Pandemie derart radikalisiert, dass eine systematische Beobachtung unter Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel gerechtfertigt ist.»
Hollmann sagte, es sei deutlich geworden, dass die AfD Sachsen-Anhalt die Ausgrenzung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Religion fordere. Führende Vertreter bedienten sich einer dämonisierenden Wortwahl, indem sie Migranten beispielsweise als «Invasoren», «Eindringlinge» oder «kulturfremde Versorgungsmigranten» diffamierten.
Bundesweit tragen rund 3.500 Schulen das Schild «Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage» an der Tür. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert gibt es die Initiative des Berliner Vereins Aktion Courage, seit sich als erste Schule das Dortmunder Immanuel-Kant-Gymnasium vor 26 Jahren dem Netzwerk angeschlossen hatte. Auf freiwilliger Basis beschäftigen sich diese Schulen regelmäßig mit dem Thema Rassismus und verpflichten sich zu mindestens einer passenden Aktion im Jahr.
Nicht nur das Netzwerk, sondern auch die teilnehmenden Schulen selbst wurden dafür immer wieder angegriffen. Die Attacken kommen auch aus AfD-Fraktionen, wie eine Studie der Fachhochschule Dortmund im Auftrag der Aktion Courage bereits 2021 ermittelt hat (News4teachers berichtete).
«AfD-Politikerinnen und Politiker arbeiten sich regelmäßig an dem Netzwerk ab», sagte
Studienleiter Prof. Dierk Borstel. Ziel der Partei sei die Verächtlichmachung durch permanentes negatives Markieren der Courage-Schulen in der Öffentlichkeit zum Beispiel als «links indoktriniert», sowie die Zerschlagung der finanziellen Grundlage des Netzwerks.
Auch gegen Repräsentantinnen und Repräsentanten des Netzwerks werde in den Parlamenten, aber auch auf Social-Media-Kanälen persönlich diffamierend vorgegangen. Dabei bediene sich die AfD einer Vielfalt von Mitteln, etwa Kleiner Anfragen in diversen Landtagen und im Bundestag, Pressemitteilungen, Reden in Landtagen, Briefen an die Bundeskoordination der Initiative sowie an Partnerinnen und Partner des Netzwerks, ebenso aber auch Briefen an die teilnehmenden Schulen selbst.
Insgesamt beschränkten sich die Angriffe auf Mitgliedsschulen allerdings keineswegs auf politisches Framing und parlamentarische Arbeit. «Es werden an Schulen die Schilder von Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage mit Hakenkreuzen besprüht, Schülerinnen und Schüler aus Aktiven-Gruppen auf dem Schulweg bedroht und in Parlamenten wird beantragt, die Finanzierung unserer Arbeit einzustellen», erklärte damals Sanem Kleff, Leiterin der Initiative, die laut der Studie wie auch andere Mitglieder der Bundeskoordination wiederholt persönlicher Diffamierung ausgesetzt sei. News4teachers / mit Material der dpa
Pressefreiheit – In eigener Sache: AfD-Fraktionschef fordert von News4teachers Schadenersatz
