KIEL. Der Rassismus-Eklat um ein Partyvideo auf Sylt sorgt bundesweit für Aufsehen. Zu sehen sind feiernde junge Menschen, die rassistische Parolen grölen. Immer mehr solche Fälle werden bekannt – auch im Elite-Internat Louisenlund, wo eine Schülerfeier aus dem Ruder lief, wie das schleswig-holsteinischen Bildungsministeriums am Montag mitteilte. Das zuständige Kommissariat hat nach Informationen des Hamburger Abendblatts die Ermittlungen aufgenommen. Es besteht der Verdacht auf Volksverhetzung.
Bei einer Feier am vergangenen Donnerstag sollen minderjährige Schülerinnen und Schüler des renommierten Internats Louisenlund zur Melodie des mehr als 20 Jahre alten Party-Hits „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino rassistische Parolen gesungen haben. Daraufhin hätten die Lehrkräfte die Feier abgebrochen und Schülerinnen und Schüler ins Bett geschickt, berichtet das schleswig-holsteinische Bildungsministerium.
Eigenen Angaben zufolge hat das Ministerium eine Überprüfung durch die Schulaufsicht veranlasst. Ebenso ermittelt laut Hamburger Abendblatt die Kieler Bezirkskriminalinspektion. „Sollten Parolen wie ‚Deutschland den Deutschen – Ausländer raus‘ gefallen sein, könnte hier eine Volksverhetzung vorliegen.“
Schüler vom Schulbetrieb suspendiert
Wie mehrere Medien vermelden, ist das Internat der Schulaufsicht laut Bildungsministerium „als Schule ‚mit einer ausgeprägten Demokratiekultur bekannt, in der Schülerinnen und Schüler verschiedener Nationen zusammenleben‘“. In einem internen Schreiben an das Kollegium von Louisenlund, das dem Abendblatt vorliegt, berichtet eine Mitarbeiterin allerdings: „Enttäuschend ist, dass sich scheinbar wirklich viele Schüler dem Gesang angeschlossen haben und der Rest nichts dagegen gesagt oder getan hat.“
In einem Anflug großer „Dummheit“ hätten die Schülerinnen und Schüler das auf Sylt entstandene Video nachahmen wollen, sagt der Leiter des Internats, Peter Rösner. Die mögliche Tragweite sei ihnen nicht bewusst gewesen. Rösner zufolge sollen sie für eine Woche vom Schulbetrieb suspendiert werden. „In dieser Woche werden sie sich ehrenamtlich für eine sozial tätige Organisation engagieren“, zitiert ihn das Hamburger Abendblatt.
Bildungsministerin fürchtet weitere Fälle – die gibt es schon
„Allen Schülerinnen und Schülern muss klar sein, dass es kein Scherz ist, solche Parolen zu singen“, sagte Bildungsministerin Karin Prien (CDU). Jugendlicher Überschwang oder auch Alkohol seien keine Rechtfertigung für rassistische Gesänge. Prien befürchte weitere Nachahmungen: „Jugendliche haben schon immer bewusst gesellschaftliche Tabus gebrochen.“ Es sei daher Aufgabe, mit den jungen Menschen ins Gespräch zu kommen, um ihnen zu verdeutlichen, welche Tragweite solche Gesänge haben.
Im Vorfeld der Schülerparty hatte bereits ein rassistischer Vorfall an Pfingsten in einem Nobel-Lokal auf Sylt bundesweit Empörung ausgelöst. In dem kurzen Video, das in sozialen Medien verbreitet wurde, grölen junge Menschen zu dem Lied von Gigi D’Agostino rassistische Parolen. Der Staatsschutz ermittelt.
Und es werden immer mehr ähnliche Fälle aus ganz Deutschland bekannt. In Niedersachsen sollen noch danach bei einer mehrtägigen Veranstaltung in Altendorf nördlich von Wolfsburg mehrere Personen rassistische Parolen zu dem Lied gesungen haben, wie die Polizei mitteilte. Der Staatsschutz ermittelt dort ebenfalls und sucht Zeugen des Vorfalls aus der Nacht zum Sonntag. Davor war bereits ein ähnlicher Vorfall auf dem Schützenfest in Löningen (Landkreis Cloppenburg) bekanntgeworden, der sich Pfingsten ereignet hatte.
Auf dem Partyumzug Schlagermove in Hamburg sollen am Samstagabend Feierende zu «L’Amour Toujours» rassistische Parolen gerufen haben, wie die Polizei am Montag mitteilte. Einige Teilnehmer sollen den Hitlergruß gezeigt haben. Das Landeskriminalamt für Staatsschutzdelikte hat die Ermittlungen übernommen.
In Sachsen-Anhalt ermitteln mehrere Polizeidienststellen. Wie das Polizeirevier im Burgenlandkreis am Montag mitteilte, soll beim traditionellen Fest Leißlinger Eierbetteln bei Weißenfels in einem Festzelt zu dem 20 Jahre alten Partyhit «Ausländer raus» und «Deutschland den Deutschen» gegrölt worden sein. Es liefen Ermittlungen wegen Volksverhetzung, teilte eine Polizeisprecherin mit. Weitere Vorfälle gab es nach Angaben der Polizei in Magdeburg und Halle. News4teachers / mit Material der dpa
