„Wir bieten unsere Expertise an, wie Lernen in einem freien Setting funktioniert“: Montessori Deutschland ist Teil der Initiative #NeustartBildungJetzt

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BERLIN. Gefordert sind Politik und Zivilgesellschaft: Die dringend benötigte Transformation des deutschen Bildungssystems lässt sich nur mit vereinten Kräften angehen. Aus dieser Überzeugung heraus hat die Initiative #NeustartBildungJetzt – der auch Montessori Deutschland angehört – konkrete Ideen für einen kontinuierlichen und integrativen Austausch vorgelegt: das Format „Bildungsdialog für Deutschland“. Mit der Initiative zur breiten Beteiligung aller Akteure im Bildungswesen, insbesondere aus der Bildungspraxis, soll ein Paradigmenwechsel eingeleitet werden. Jörg Boysen, Vorsitzender von Montessori Deutschland, erklärt, warum der aus seiner Sicht nötig ist.

Dr. Jörg Boysen, Bundesvorsitzender von Montessori Deutschland. Foto: Montessori Deutschland / Sabine Kristan FOTOGRAFIE

„Wer ein weißes Blatt Papier vor sich hätte und ein Schulsystem konzipieren sollte, würde das kaum so machen, wie unser System aussieht, das ja im Grunde seit 200 Jahren besteht: ein Abbild der Ständegesellschaft – mit einem Gymnasium für den Adel, einer Realschule fürs Bürgertum und einer Hauptschule für die Arbeiterschaft. Daraus ist im Lauf der Zeit ein Wildwuchs entstanden, den man niemandem mehr erklären kann. Ich glaube, es gibt in Deutschland mittlerweile 18 Schulformen. Wer mit Schulkindern von Nordrhein-Westfalen nach Bayern umziehen muss, hat ein echtes Problem“, sagt Jörg Boysen.

Montessori Deutschland Logo

„Dazu kommt, dass das System auf Druck aufbaut: Notendruck, Selektionsdruck, Druck, nicht sitzenzubleiben. Wie soll sich da denn Lernfreude entwickeln? Schlimmer noch: Die Zahl der Kinder mit psychischen Auffälligkeiten steigt und steigt. Dazu kommt, dass das Regelschulsystem mit seinen starren Strukturen, mit seiner Sortierung nach Alterskohorten wenig Raum fürs soziales und kollaboratives Lernen bietet.“ Die Ergebnisse, so Boysen, lassen sich an den Ergebnissen der jüngsten Bildungsstudien wie PISA, IGLU oder dem IQB-Bildungstrend ablesen.

Wie sich das Regelschulsystem konkret umsteuern lässt, dazu bedarf es einer umfassenden gesamtgesellschaftlichen Diskussion – und die will die Initiative #NeustartBildungJetzt nun anschieben. Sie hat heute ein Konzept für einen „Bildungsdialog für Deutschland“ vorgestellt. Ziel des Papiers ist es, neue Wege aufzuzeigen, um im Schulterschluss zwischen Politik und Zivilgesellschaft an einer Lösung der massiven Herausforderungen im deutschen Bildungssystem zu arbeiten.

Mit 94 Organisationen – darunter Bildungs-, Wohlfahrts-, Eltern- und Fachkräfteverbände, Gewerkschaften, Stiftungen und Bildungsinitiativen (eben auch Montessori Deutschland) – weist die Initiative eine breite gesellschaftliche Unterstützung für das Konzept auf. Entsprechend bemerkenswert ist die Geschlossenheit des Bündnisses: Organisationen mit teilweise sehr unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und Interessen haben sich über gemeinsame Ziele verständigt und Seite an Seite für den notwendigen Neustart in der Bildung zusammengearbeitet.

Der „Bildungsdialog für Deutschland“ knüpft unmittelbar an den Appell für einen Nationalen Bildungsgipfel aus dem März 2023 an, den das damals noch aus 54 Organisationen bestehende Bündnis an die Politik gerichtet hatte. „Mit dem ‚Bildungsdialog für Deutschland‘ legen wir nun eine konkrete und innovative Idee vor, wie sich die verschiedenen Akteure in unserem Bildungswesen an einen Tisch bringen lassen. Denn die Gestaltungsaufgaben sind so groß und so sehr miteinander verwoben, dass sie sich nicht unabhängig voneinander oder von einzelnen Akteuren allein lösen lassen. Mit dem Konzept reichen wir aus der Zivilgesellschaft heraus der Politik die Hand, um gemeinsam an einer besseren Bildung in unserem Land zu arbeiten“, erklären die Initiator:innen von #NeustartBildungJetzt.

Zusammenarbeit von Bildungspraxis, Wissenschaft und Zivilgesellschaft mit der Politik

Der Grundgedanke des Konzepts ist Kooperation – sowohl zwischen den unterschiedlichen politischen Ebenen und Ressorts, als auch zwischen Politik und Zivilgesellschaft. Die hinter dem „Bildungsdialog für Deutschland“ stehenden Organisationen sind bereit, ihre jeweiligen Kompetenzen und Erfahrungen aktiv in den Reformprozess einzubringen, um die Politik bestmöglich zu unterstützen und ganzheitliche Lösungen zu finden.

Diese neuartige Zusammenarbeit von Bildungspraxis, Wissenschaft und Zivilgesellschaft mit der Politik kann nach Ansicht der Initiator:innen die nötige Kraft und Dynamik entfalten, um das Bildungssystem in Gänze zukunftsfest zu machen. Im Sinne des offenen Charakters verzichtet das Konzept bewusst auf inhaltliche Reformvorschläge, sondern stellt die Gestaltung des Dialogprozesses in den Mittelpunkt. Mit Blick auf die Bildungshoheit der Länder schlagen die Verfasser:innen vor, dass die Bundesländer den Prozess initiieren – zum Beispiel im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz. Die Steuerung könnte bei den zuständigen Fachministerkonferenzen von Kultusministerkonferenz (KMK) und Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) angesiedelt sein.

„Grundsätzlich würde ich sagen: Alles ist gut, was Druck aus dem Regelsystem herausnimmt und den Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrkräften Freiräume gibt, das Lernen selbst zu organisieren. Wenn sich Kultusministerinnen und Kultusminister darüber informieren möchten, wie Lernen in einem freien Setting funktioniert, bieten wir gerne unsere Expertise an. Die bringen wir auch in den ‚Bildungsdialog für Deutschland‘ ein“, betont Montessori-Deutschland-Vorsitzender Boysen. Er unterstreicht: „Die Einladung gilt übrigens für alle Lehrkräfte, die sich für Montessori-Pädagogik interessieren und sich einen Umstieg vorstellen können: Wir vermitteln gerne Kontakte, um zu hospitieren.“

Hier gibt es weitere Informationen zur Initiative: https://neustart-bildung-jetzt.de/

Über Montessori Deutschland:

Der Montessori Bundesverband Deutschland e. V. (Montessori Deutschland) bündelt und vertritt die Interessen seiner Mitglieder, darunter die Träger von Montessori-orientierten Bildungseinrichtungen wie auch die regionalen Einrichtungsverbände und die Ausbildungsorganisationen, auf Bundesebene. Der Verband wurde am 1. April 2021 gegründet und löste den Montessori Dachverband Deutschland e.V. ab.

Ein von den Mitgliedern verabschiedeter Qualitätsrahmen (QR) setzt Standards für Montessori-Einrichtungen und Montessori-Ausbildungskurse. Mitglieder können sich dem darauf aufbauenden QR-Anerkennungsverfahren unterziehen.

Montessori Deutschland will zum einen die Freiheit der Bildung fördern sowie die Rechte von Montessori-Bildungseinrichtungen in freier und staatlicher Trägerschaft nachhaltig stärken. Er trägt darüber hinaus dazu bei, das Interesse an der Montessori-Pädagogik in der Gesellschaft zu verstärken und die Vernetzung von Montessori-Interessierten auszubauen. Inklusion, Friedens- und Umwelterziehung ­sowie die Anerkennung und der Schutz der Kinderrechte – Kernelemente der Montessori-Bildung – stehen dabei immer im Fokus der Verbandsarbeit und bestimmen die bildungspolitischen Ziele, von der frühen Kindheit über die Schule bis hin zum jungen Erwachsenen in der Berufsausbildung und in der Familie.

Von seinen Leistungen profitieren daher Kinder, Jugendliche und Familien und ebenso Pädagog:innen, Bildungseinrichtungen, Ausbildungsorganisationen.

Dies ist eine Pressemitteilung des Montessori Bundesverbands Deutschland e. V.

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