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Das einzelne Schulkind im Blick: Immer mehr Bundesländer setzen auf regelmäßige Lernstandsanalysen – reicht das?

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MAGDEBURG. Immer mehr Kultusminister*innen in Deutschland setzen darauf, den Lernstand der Grundschülerinnen und -Schüler regelmäßig digital ermitteln zu lassen. Mit Sachsen-Anhalt führt nun ein weiteres Bundesland die individuelle Lernstandsanalyse „ILeA plus“ für die Fächer Deutsch und Mathematik flächendeckend in der Primarstufe ein. Wie viele Messungen sind sinnvoll, wenn daraus keine angemessenen bildungspolitischen Konsequenzen folgen?

Der Blick auf den einzelnen Schüler wird immer genauer. Die Frage ist: Was folgt daraus? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

„ILeA plus“ steht für „Individuelle Lernstandsanalyse plus“. Es ist ein digitales Instrument, das eingesetzt wird, um in regelmäßigen Abständen den Lernstand von Schülerinnen und Schülern von Schuleintritt bis Schuljahrgang 6 zu ermitteln. Es handelt sich dabei um standardisierte Tests, die in den Fächern Deutsch und Mathematik durchgeführt werden.

Unterschiede zu zentrale Vergleichsarbeiten wie VERA und KERMIT, die die Mehrzahl der Länder normalerweise in den dritten und achten Klassen schreiben lassen: „ILeA plus“ setzt früher an – und zeigt bei regelmäßiger Anwendung Entwicklungen auf.

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„Ziel ist es, die individuellen Lernstände der Schülerinnen und Schüler zu erfassen, um darauf aufbauend die Förderung besser an die Bedürfnisse der Kinder anpassen zu können. Es handelt sich bei dem Verfahren nicht um eine Leistungserhebung, sondern um eine Erfassung von Lernausgangslagen, die das pädagogische Handeln der Lehrkräfte unterstützt. Die kontinuierliche Anwendung des Verfahrens zeigt Lernentwicklungsprozesse auf und ermöglicht langfristig wirksame Fördermaßnahmen für die Lernenden“, so heißt es beim Bildungsministerium Sachsen-Anhalt.

Ausgewählte Grundschulen dort hatten das Verfahren erprobt – aus Sicht des Ministerums mit Erfolg. „Die flächendeckende Einführung von ‚ILeA plus‘ in Sachsen-Anhalts Grundschulen ist ein entscheidender Schritt für eine individuelle und gezielte Förderung unserer Schülerinnen und Schüler“, meint Bildungsministerin Eva Feußner (CDU). „Durch kontinuierliche Lernstandsanalysen bieten wir nicht nur Einblicke in ihre Entwicklung, sondern ermöglichen auch langfristig wirksame Maßnahmen zur Unterstützung ihres Lernens. Unser Ziel ist es, jedem Kind bestmögliche Bildungschancen zu bieten.“

Auf Grundlage gewonnener Referenzwerte verknüpfe „ILeA plus“ automatisch Diagnoseergebnisse mit individuellen Förderhinweisen, die für das erfolgreiche Weiterlernen bedeutsam seien.

„Dabei ist es Lehrkräften möglich, kurz- bis langfristige individuelle Maßnahmen abzuleiten, zu planen und umzusetzen“

„Im Ergebnis bietet das Verfahren den Lehrkräften eine übersichtliche Gruppenauswertung sowie detaillierte Einzelauswertungen mit konkreten individuellen Förderempfehlungen sowie verlinkten Materialien als Angebot. Die Auswertungen und Empfehlungen stehen den Lehrkräften für jedes Kind unmittelbar nach der Durchführung zur Verfügung. Die Ergebnisse können sofort analysiert, interpretiert und für die weitere pädagogische Arbeit aufbereitet werden. Dabei ist es Lehrkräften möglich, kurz- bis langfristige individuelle Maßnahmen abzuleiten, zu planen und umzusetzen“, so heißt es beim Bildungsministerium.

Das macht „ILeA plus“ im ersten Schulbesuchsjahr der Schuleingangsphase der Grundschule sowie im dritten Schuljahrgang der Grundschule verpflichtend. Für Schülerinnen und Schüler im zweiten und dritten Schulbesuchsjahr der Schuleingangsphase sowie für Schülerinnen und Schüler im vierten Schuljahrgang kann das Verfahren freiwillig genutzt werden. ILeA plus beinhaltet auch Aufgabenpakete für die Schuljahrgänge 5 und 6 und wird auch deshalb auch den weiterführenden Schulen zur Verfügung gestellt.

Das digitale Diagnoseinstrument ist eine Weiterentwicklung der bereits seit 2005 in Heftform vorliegenden Lernstandsanalyse ILeA. Die hatte ursprünglich das Land Brandenburg entwickeln lassen. „ILeA plus“ wurde für die Fächer Deutsch und Mathematik von der Universität Leipzig, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Deutsch) sowie der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe und der Universität Bielefeld (Mathematik) in Zusammenarbeit mit dem Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg entwickelt (2016/17), erprobt (2017/18) und normiert (2018/19).

Mittlerweile hat sich „ILeA plus“ zu einem Brandenburger Exportschlager entwickelt: Im vergangenen Jahr hatte zum Beispiel Rheinland-Pfalz angekündigt, das Verfahren für die Stufen eins bis sechs landesweit verfügbar zu machen. Auch in anderen Bundesländern, Baden-Württemberg etwa, steht das Instrument den Schulen zur Verfügung.

In Berlin und Brandenburg wurde ILeA plus bereits während der Corona-Krise im Herbst 2021 flächendeckend eingesetzt, um mögliche Lernrückstände sichtbar zu machen. „Im Vergleich zum Schuljahr 2020/21 wird ein größerer Unterstützungsbedarf insbesondere zur Stärkung der sprachlichen und mathematischen Kompetenz deutlich“, hieß es seinerzeit in der Auswertung des Bildungsministeriums von Brandenburg – was die Ergebnisse der späteren Schülerleistungsvergleiche PISA, IGLU und IQB-Bildungstrend ein Stück weit vorwegnahm.

Deren katastrophalen Ergebnisse waren also dank „ILeA plus“ durchaus vorauszusehen. Bildungspolitische Konsequenzen erwuchsen daraus aber damals – zunächst – nicht. News4teachers

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