HALLE. Schon wieder steht der Thüringer AfD-Chef – und Geschichtslehrer – Björn Höcke wegen der Verwendung einer SA-Parole vor Gericht. Beim ersten Prozess, bei dem er zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, hatte sich Höcke darauf berufen, die Losung nicht im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus gekannt zu haben (was ihm das Gericht allerdings nicht abnahm). Die Behauptung zieht jetzt nicht mehr: Höcke war bereits vor dem inkriminierten Auftritt wegen der ersten Verwendung angeklagt worden.
Der zweite Prozess gegen Thüringens AfD-Chef Björn Höcke kommt am Landgericht Halle nur schleppend in Gang. Noch bevor die Staatsanwälte die Anklage verlesen können, stellen die beiden Verteidiger des 52-Jährigen am Montag mehrere Anträge. Darin bezweifeln sie, dass das Landgericht überhaupt zuständig ist, und beklagen eine mediales «Trommelfeuer» gegen ihren Mandanten. Ein faires Verfahren sei nicht möglich, der Prozess müsse eingestellt werden. Das Gericht lehnt die Forderung nach mehreren Unterbrechungen ab. Höcke beteuert anschließend seine Unschuld.
Laut Anklage soll der AfD-Politiker am 12. Dezember 2023 bei einem Stammtisch der AfD im thüringischen Gera die Parole «Alles für Deutschland» angestimmt haben. Das ist eine verbotene Losung der Sturmabteilung (SA), der paramilitärischen Kampforganisation der Nazi-Partei NSDAP. Dabei soll er die ersten beiden Worte ausgesprochen und das Publikum mit einer Handbewegung zur Vervollständigung animiert haben.
Höcke bestreitet dafür nun im Gericht, dass er mit den Worten «Alles für…» und der Geste die Menschen zum Mitmachen auffordern wollte. Er sei vielmehr «überrascht» gewesen, dass der Spruch aus dem Publikum heraus vollendet wurde. «Ich bin auch in diesem Sachverhalt völlig unschuldig. Ich weiß, dass ich verurteilt werde. Aber das fühlt sich für mich nicht gerecht an», sagt der 52-Jährige. Er sehe allerdings auch die Strafbarkeit des Spruches nicht. Das seien «Allerweltsworte», die auch die SA verwendet habe.
Bei den Landtagswahlen in Thüringen am 1. September will der Geschichtslehrer, der für sein Abgeordnetenmandat vom Schuldienst in Hessen freigestellt ist, als AfD-Spitzenkandidat ins Rennen gehen. Seine Partei und Höcke selbst werden vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Höcke wurde wegen der Nazi-Losung im Mai schon einmal verurteilt. Das Landgericht Halle erlegte ihm eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen je 130 Euro auf. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, weil der Politiker Revision einlegte. Höcke hatte argumentiert, selbst als Geschichtslehrer (er erschien im Gerichtssaal mit einem Schulbuch für das Fach Geschichte) habe er die Parole nicht gekannt, als er sie im Mai 2021 bei der AfD-Wahlkampfveranstaltung in Merseburg in Sachsen-Anhalt aussprach.
Das Gericht sah das anders und befand, der Politiker wisse, was er sage, und teste zugleich die Grenzen aus. Die nun angeklagte Verwendung des Spruchs fiel in eine Zeit, in der das Strafverfahren wegen des ersten Falls bereits lief. Höcke soll in seiner Rede in Gera 2023 genau darauf Bezug genommen haben.
Beim ersten Prozess waren die Zuschauerplätze im Gericht voll belegt, weitere in einem zusätzlichen Zuhörraum für Journalisten. Der zweite Prozess stößt auf ein weniger großes Interesse. Diesmal bleiben etliche Plätze leer. Die Anwesenden werden Zeuge, wie zu Beginn plötzlich alle Fotografen und Kameraleute aus dem Saal geschickt werden. Herr Höcke wolle nicht fotografiert werden, heißt es zur Begründung. Erst später dürfen die Fotografen doch ihre Kameras zücken und Bilder machen.
Im Falle einer Verurteilung im nun gestarteten zweiten Gerichtsverfahren droht Höcke eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Für Höcke ist dieser Prozess auch noch nicht der letzte. Das Landgericht Mühlhausen in Thüringen hat eine Anklage gegen den Politiker wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung zugelassen. Konkret geht es um einen Post von Höcke bei Telegram aus dem Jahr 2022, in dem es um eine Gewalttat in Ludwigshafen und das angebliche Verhalten vieler Einwanderer geht. Verhandlungstermine stehen noch nicht fest. News4teachers / mit Material der dpa / Titelfoto: Shutterstock / knipsdesign
Höcke verurteilt: 13.000 Euro Geldstrafe – beamtenrechtliche Konsequenzen absehbar

